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Automobile

Automobile von Lookout Games

Was für ein Spiel, was für Aufgaben und Herausforderungen für die Spieler. Und was für eine Entstehungsgeschichte des Brettspiels, die von Irrungen und Wirrungen geprägt war, wie sie glücklicherweise nicht allzu oft vorkommen. Dabei war der Beginn noch völlig normal verlaufen: Gleich wie viele der Veröffentlichungen von Martin Wallace war Automobile in einer ersten Auflage im Hausverlag erschienen und innert Kürze ausverkauft, wie dies durchaus üblich ist bei Spielen des Großmeisters anspruchsvoller Wirtschaftssimulationen. Beim anschließenden Weitervertrieb über Drittpartner gab es dann allerdings Verzögerungen und Probleme, die nicht erwartet werden konnten und die gar Zweifel am weiteren Erscheinen des Spiels aufkommen liessen. Mehrere angekündigte Veröffentlichungstermine von Automobile blieben jedenfalls ungenutzt. Erst als kaum noch jemand mit einem Happy End rechnete, landeten die Rechte plötzlich bei Lookout, wo man nicht mehr zusätzlich Zeit verlor, sondern sich mit Volldampf an die Arbeit machte. Wer gerne Näheres dazu aus erster Hand erfahren möchte, wird hier fündig werden.

Wenigstens hat sich das ganze Warten auf Automobile sehr wohl gelohnt, soviel kann bereits vorweg genommen werden. Das Brettspiel führt zurück zu den Anfängen der (Massen-) Produktion von Autos. Die grosse Aera der industriellen Pionierphase. Die Spieler schlüpfen wechselweise in die Rolle der Ford und Chrysler und wie die grossen Figuren der damaligen Zeit alle hiessen. Fabriken werden erworben, es gilt die Produktion und den Vertrieb von Fahrzeugen zu organisieren, um so möglichst viel Geld zu verdienen. Alles ist bei Automobile vielfältig und eng ineinander verzahnt, ohne dass dabei der sprichwörtliche rote Faden des Geschehens je verloren ginge; ein wirklich beeindruckendes Erlebnis am Spieletisch und absolut meisterhaft.

Vier Runden dauert das Ganze, jede davon unterteilt in elf Unteraktionen, die schrittweise abgewickelt werden. Zu Beginn jeder Runde werden verdeckte Plättchen an die Spieler ausgeteilt. Sie liefern Angaben zum späteren Fahrzeugabsatz und liefern erste Anhaltspunkte für den Entscheid, was für Fabriken erworben oder geschlossen und wieviele Fahrzeuge produziert werden sollen. Wer hier auf Nummer sicher geht und nur zögerlich agiert, verschenkt mögliche Profite und gerät so rasch ins Hintertreffen. Wer dagegen überschießt und auf seinen Fahrzeugen sitzen bleibt, verpulfert so einerseits seine Investitionen in die Produktion und wird außerdem mit Verluststeinen bestraft. Da braucht es viel Gespühr und den nötigen Überblick, um die Aktionen der Gegner im Spiel richtig deuten und die passenden Schlüsse für sich zu ziehen.

Die Spieler dürfen sich dabei wirklich als Wirtschaftskapitäne fühlen und nach Belieben schalten und walten. Letztlich muss sich aber alles rechnen, um Erfolge im Spiel zu feiern. Von zentraler Bedetung ist dabei die Unterteilung der Fahrzeuge in die Mittelklasse, das Luxussegment und den Massenmarkt mit je unterschiedlichen Produktionskosten und Verkaufspreisen. Verkäufer fördern den Absatz der eigenen Fahrzeuge, ebenso gezielte Werbeaktionen und allfällige Preissenkungen. Manchmal ist es besser, zu schlechteren Konditionen als gar nicht zu verkaufen. Entscheidend dafür sind die Plättchen, die zu Beginn der Runde ausgeteilt wurden und die nun aufgedeckt werden. Ihre Angaben legen die Summe der Fahrzeuge fest, die am Ende jeder Runde verkauft werden können – ein eigentlicher Moment der Wahrheit in Bezug auf die vorangehenden Aktivitäten der Spieler.

Wichtig ist bei dem allem ein gutes Timing bei den Entscheidungen der Spieler. Blinder Aktivismus zahlt sich bei Automobile selten aus, das sture Festhalten an Bestehendem allerdings auch nicht. Beispielsweise verkaufen neue Fabriken früher und besser als ältere, weshalb diese rechtzeitig wieder geschlossen werden sollten, um weiteren Verluststeinen vorzubeugen. Sämtliche Vorgänge werden auf dem prächtigen, in seiner Üppigkeit allerdings fast schon etwas unübersichtlichen Spielbrett dargestellt. Und da die meisten der Handlungen der Spieler unmittelbaren Einfluss auf den weiteren Verlauf einer Partie haben können, droht der jederzeitige Absturz auf dem schmalen Weg zum Erfolg.

Das ganze Regelwerk des Spiels scheint im ersten Moment kaum zu überblicken, ist aber in der übersichtlichen Anleitung gut dargestellt und gar nicht allzu kompliziert. Sind die Abläufe erst einmal verstanden, gibt es kaum noch Probleme oder offene Fragen. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass Automobile leicht zu spielen sei. Im Gegenteil. Wer will, kann komplizierte Berechnungen anstellen, um das eigene Engagement zu optimieren und Risiken bestmöglich zu minimieren. Sehr gut kann das Ganze jedoch auch aus dem sprichwörtlichen Bauch heraus gespielt werden mit umso grösserer Spannung, ob bis zum Rundenende alles gut aufgehen wird. Fehlerfrei wird jedenfalls kaum jemand bleiben, doch ist die Lernkurve im Spiel beträchtlich. Und dennoch kann bei Automobile nie alles im Voraus restlos eingeplant und durchkalkuliert werden.

Automobile ist so eine echte Herausforderung selbst für ausgewiesene Spielprofis. Und wenn mal etwas schief gelaufen ist, kann das gleich in der nächsten Runde oder Partie korrigiert und besser gemacht werden – Lust auf eine Wiederholung haben jedenfalls die meisten, die diese knallharte, atmosphärische und bis zuletzt spannende Spielperle einmal entdeckt haben.

Infos zu Automobile

  • Titel: Automobile
  • Verlag: Lookout Spiele
  • Autor: Martin Wallace
  • Spieleranzahl (von bis): 3 - 5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 120
  • Jahrgang: 2010

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