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Bora Bora

Bora Bora von Alea Spiele

Götter, Gaben und Gebiete

Es hätte so schön sein können. Ein Blick auf Bora Bora (alea Spiele)  lässt augenblicklich Südseestimmung aufkommen. Mit Gedanken an endlose Sandstrände und viel Sonne, die Palmen wiegen sich im Wind, der Wellengang des Meeres beruhigt die gestressten Gemüter und der Drink im eisgekühlten Glas schmeckt fruchtig und erfrischt. Doch Nein, nichts da; wenn der Zeremonienmeister Stefan Feld heißt, ist kein Platz für Müßiggang und Zerstreuung. Stattdessen plagt der Züchtiger und Bestrafer seiner Spieler diese regelmäßig mit Ratten oder Feuer oder anderen Schicksalsschlägen aller Art und sorgt für viel Heulen und Zähneknirschen am Stubentisch. Und so ein Ruf will offenbar gepflegt und verteidigt sein.

Zwar kommt es dann doch nicht ganz so dramatisch wie befürchtet. Dennoch ist bei Bora Bora keine Zeit für Dolce far niente oder dergleichen. Im Gegenteil, es gibt haufenweise zu tun, die Spieler sollen reisen und Güter tauschen und Hütten errichten, Personal muss angeheurt und Tempeldienst geleistet werden, es geht um Macht und Ansehen und das Erfüllen von Aufgaben, außerdem sind Muscheln zu sammeln für den Kauf von Schmuck. Wer die Gunst der Götter beeinflussen will, benötigt zudem Opfergaben. Und wenn sonst nichts mehr geht, wird nicht einfach gepasst, sondern steht Fischfang auf dem Programm. Für einmal ist es aber schon so, dass die Nöte und Schwierigkeiten weniger aus Katastrophen resultieren als aus der Vielfalt der Möglichkeiten, die kaum zu bewältigen scheint und nicht nur entscheidschwache Spieler vor arge Probleme stellen kann.

Und diese Üppigkeit beginnt bereits beim Aufbau des Spiels. Unzählige Plättchen und Hölzchen und Karten gilt es irgendwo auszulegen oder zu stapeln, das Sortieren und Büscheln nimmt kaum ein Ende. Dabei ist Bora Bora im Kern ein Worker-Placement-Spiel, bei dem zur Abwechslung einmal Würfel eingesetzt werden. Ablageorte sind spezielle Plättchen, die die eigentlichen Aktionen möglich machen, eben das Reisen und Tauschen und alles andere. Speziell ist allerdings, dass hohe Zahlen wie erwartet wertvoll sind und gute Erträge oder große Auswahlmöglichkeiten eintragen, jedoch nur eingeschränkt verwendet werden können. Jeder Würfel auf einem der Aktionsplättchen muss nämlich kleiner sein als die bereits dort abgelegten, weshalb eine frühe Eins dort die Aktion für die ganze nachfolgende Runde sperrt – Gemeinheiten können auch ganz im Verborgenen lauern! Immerhin wird das alles leicht gemildert durch Götterkarten. Diese können jederzeit (mit einer Opfergabe zusammen) eingesetzt werden, um beispielsweise eine Aktion trotz zu hoher Würfelzahl noch ausführen zu können oder aber in einem größeren Ausmaß als dies eigentlich der eigenen Zahl entsprechen würde.

Reisen ermöglichen dabei die Ausbreitung der Spieler auf dem Spielplan und das Platzieren einer Hütte am neuen Standort (übrigens ungewohnt gratis), was einen Baustoff oder eine Opfergabe einträgt. Die Hütten werden vom Tableau des jeweiligen Spielers genommen und schaffen Platz für spezielle Männer- und Frauenplättchen, die als eine separate Aktion abgewählt und dort abgelegt werden können. Diese weisen persönliche Eigenschaften auf und tragen einmalig Machtpunkte bzw. Muscheln ein, wenn sie (beim Händler) aktiviert werden. Die Baustoffe vom Hüttenbau kommen dagegen auf den Zeremonienplatz des Spielers, wo immer zwei nebeneinander liegende in einer weiteren Aktion in ein Bauplättchen umgewandelt werden dürfen. Beim Händler gibt es zusätzliche Baustoffe, Machtpunkte und Muscheln sowie Siegpunkte, Opfergaben oder auch Götterkarten im Tausch mit Würfelpunkten. Im Tempel dagegen werden kleine Priesterfiguren eingesetzt, die am Rundenende Siegpunkte abwerfen. Alles ist dabei gut aufeinander abgestimmt und schafft mit seiner Vielfalt jede Menge Raum für kleine taktische Entscheidungen zum Verfolgen der eigenen Strategie oder zum Behindern der Gegner.

Wer das alles auf Anhieb im Griff hat, darf sich wirklich etwas darauf einbilden. Dabei ist der Ablauf des Geschehens eigentlich durchaus anschaulich und gut nachvollziehbar, wenn erst einmal alle Einzel- und ihre Besonderheiten verstanden sind. Und trotzdem raucht der Kopf, wenn es darum geht, jeweils die beste und lukrativste Aktionsmöglichkeit auszusuchen, wobei jeder Würfeleinsatz wegen dem Zwang zur tieferen Zahl die Ausgangslage für den nachfolgenden Spieler verändert. Allzu „gute“ und hohe Würfe sind so gar nicht immer erwünscht, was schon für sich alleine ein Erlebnis der ziemlich besonderen Art ist bei genau einem solchen Brettspiel

Sind alle Würfel eingesetzt und die damit verbundenen Aktionen ausgeführt, kann genau eine der Eigenschaften der eigenen Männer- und Frauenplättchen genutzt werden. Anschließend wird zum Abschluss der laufenden die Spielerreihenfolge für die nächste Runde bestimmt (aufgrund der Machtpunkte, die mit dem Aktivieren von Männerplättchen oder direkt beim Händler erworben wurden). Muscheln dienen dem Erwerb von Schmuck, der Siegpunkte einträgt. Und dann schauen die Spieler noch, ob sie eines ihrer drei Aufgabenplättchen, die zu Beginn ausgeteilt wurden, erfüllen können. Dazu sind Plättchen oder Karten oder Standorte auf dem Spielplan nötig, die hoffentlich bis dahin erworben oder erreicht werden konnten. Zuletzt gibt es neue Aufgabenplättchen zum Aussuchen; die Auslage der Männer- und Frauenplättchen wird erneuert und alle werfen ihre drei Aktionswürfel zum Start der nächsten Spielrunde.

Nach total sechs Spielrunden folgt die Schlusswertung, in der eventuell noch weitere Aufgabenplättchen der Spieler erfüllt werden können. Außerdem gibt es Bonuspunkte für unterschiedlichste Erfolge und Spielkonstellationen, beispielsweise wenn sämtliche Aufgaben erfüllt oder in jeder Runde Schmuckstücke erworben oder alle Hütten verteilt oder der eigene Zeremonienplatz komplett überdeckt oder alle Felder des Tableaus mit beliebigen Personenplättchen belegt wurden (Auflistung nicht ganz vollständig …).

Bora Bora ist in jeder Hinsicht als Brettspiel ein Schwergewicht und eine echte Herausforderung für alle. Wer allerdings die Einstiegshürde einmal überwunden und das Regelwerk verstande hat, wird belohnt mit einem vielfältigen Geschehen, das zum Ausprobieren unterschiedlichster Strategien einlädt. Man kann sich zwar durchaus fragen, ob das Ganze nicht fast schon überbefrachtet, kaum zu überblicken und verglichen mit einer kleinen Auswahl anderer Hochkaräter, die zuletzt von mir vorgestellt wurden, etwas weniger intuitiv und elegant zu spielen sei. Das ist Geschmackssache. Die Beschäftigung mit Bora Bora führt jedenfalls zu einer ziemlich steilen Lernkurve und verschafft so mit jeder Partie zusätzlichen Genuss. Und mit seiner Vielfalt reizt das Spiel sowieso immer wieder aufs Neue. Und sei es nur um zu merken, dass selbst in der Südsee nicht nur Müsiggang und Dolce far niente herrscht!

Infos zu Bora Bora

  • Titel: Bora Bora
  • Verlag: alea Spiele
  • Autor: Stefan Feld
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 60 - 120
  • Jahrgang: 2012

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