Reich der Spiele

Brügge

Brügge von Hans im Glück

Manchmal ist es schon sehr erstaunlich, welchen Ausstoß an Spielen zeitgenössische Autoren realisieren können. So wurde in der Spieler-Community des Spaßes halber erwogen, das Jahr 2013 zum Jahr des Felds zu erklären.

 

Stefan Feld hat bzw. will in diesem Jahr immerhin vier Spiele auf die Spieletische bringen: Bora Bora, Rialto, das vorliegende Brügge und wahrscheinlich zur Spielemesse in Essen noch Amerigo. Dabei sind die vorgenannten Spiele keine leichtgewichtigen Kartenspiele sondern teilweise wie z. B. Bora Bora hirnverzwirbelnde Strategiespiele für Vielspieler. Das hier vorliegende Brügge vom Verlag Hans im Glück schraubt im Gegensatz dazu allerdings den Anspruch deutlich herunter. Wie weit, das soll diese Rezension klären.

Die mittelalterliche Stadt Brügge ist Schauplatz dieses Wettstreites von Kaufleuten, in deren Rollen die Spieler schlüpfen. Es gilt Häuser zu bauen, dort möglichst hochrangige Bürger der Stadt mit entsprechenden Fähigkeiten anzusiedeln, am berühmten Kanalnetz der Stadt mitzubauen, Handlanger zu beschäftigen und Katastrophen von der Stadt abzuwenden. Nebenbei kann man sich mit Geld noch zusätzlichen Einfluss im Stadtrat von Brügge sichern.

Wie funktioniert das Spiel aber im Einzelnen? Hingucker und Motor gleichzeitig sind die 165 Personenkarten mit den Portraits von unterschiedlichen Bürgern der Stadt. Dort finden sich neben Vertretern aus dem einfachen Volk wie Kutscher, Bettler, Bote oder Dieb auch gestandenen Handwerkern wie z. B. Sattler, Stuckateur oder Brunnenbauer sowie hochangesehene Persönlichkeiten wie Richter, Astronom, Ratsherr oder Bürgermeister. Der bekannte Illustrator Michael Menzel hat jeder dieser Personenkarten ein eigenes, unverwechselbares Portrait spendiert. Leider hat man im Verlauf des Brettspiels gar nicht die Zeit, sich diese eingehend zu betrachten, denn ständige Aufmerksamkeit ist gefordert.

Jede Spielrunde von Brügge wird in vier Phasen unterteilt. In der ersten Phase ziehen die Spieler von zwei Nachziehstapeln verdeckte Karten, bis sie fünf auf der Hand haben. Diese Personenkarten gibt es in fünf verschiedenen Farben und sie zeigen sie auf ihrer Rückseite eine Hausfassade. In der zweiten Phase von Brügge wird mit fünf farblich entsprechenden Würfeln gewürfelt, um dadurch sowohl die Bedrohungslage durch Katastrophen (entstehen bei Fünfen und Sechsen) als auch die Möglichkeit für des Fortkommens auf der Ansehenstabelle (durch Geldzahlung bei Einsen und Zweien) entstehen zu lassen. In der dritten Phase werden nun reihum vier der fünf Handkarten ausgespielt. Es gibt fünf Möglichkeiten, die Karte entsprechend ihrer Farbe in der einen oder anderen Art zu nutzen. So kann der Spieler die Karte gegen zwei Handlanger eintauschen, sich Geld entsprechend dem äquivalent farbigen Würfel nehmen, einen Bedrohungsmarker entfernen, ein Kanalplättchen bauen oder die Karte als Haus vor sich auslegen. Ist entsprechend viel Geld vorhanden kann bei Bedarf auch die Persönlichkeit auf eine freie Hauskarte gelegt werden. Diese Personen geben dann einen Soforteffekt oder einen dauerhaften Effekt bzw. müssen jeweils aktiviert werden. Welche dieser Möglichkeiten der Kartenablage der Spieler wählt, sollte vor allem entsprechend der eigenen Spielweise entschieden werden. So sticht natürlich zuerst die Verknüpfung bzw. Verkettung von ausliegenden Charakterkarten ins Auge, allerdings bedarf es hier einer Menge Glück, um möglichst punkteträchtige Kombinationen von Farben, Gilden und Fertigkeiten zu erhalten. Etwas weniger glücksabhängig ist die Kanalstrategie, wirft diese doch bei schneller Fertigstellung ebenfalls jede Menge Punkte ab und zudem gibt es einige Personenkarten, die hier unterstützend wirksam werden können.

Ist einer der beiden Kartennachziehstapel aufgebraucht, folgt am Ende der jeweiligen Runde von Brügge die Auszählung der Siegpunkte. Wie immer bei einem Spiel von Stefan Feld gibt es diese reichlich. So z .B. für die Platzierung in der Aufstiegstabelle, für gebaute Häuser, ausliegende Personen, deren besondere Fähigkeiten usw.. Aus diesem Grund sollte man auch während des Spiels die lieben Mitspieler gut beobachten, um erahnen zu können, wer in Führung liegt, denn während des Spiels wird nur ein Bruchteil der Siegpunkte generiert.

In der erstern Partie wirkt Brügge aufgrund der vielen Möglichkeiten von Kartenaktionen und -kombinationen stellenweise arg unübersichtlich. Dazu trägt auch bei, dass einige Personenkarten zwar mit unterschiedlichen Namen und Grafiken gekennzeichnet sind, allerdings identische Aktionen auslösen, wenn auch für unterschiedliche Spielfarben. Sein wahres Potential kann das Spiel aber erst nach ein paar Partien abrufen. Dann nämlich sind die 165 Personenkarten und deren Wirkungen den Spielern halbwegs bekannt und es kann damit begonnen werden, diese sinnvoll zu kombinieren. Durch seine Spielmechaniken, sein Thema, den recht hohen Glücksfaktor beim Kartennachziehen und die liebevolle familientaugliche grafische Ausstattung ist Brügge in der Summe mehr ein ambitioniertes Familienspiel als ein reines Vielspielerspiel. Warum es sich dennoch in der Nominierungsliste für das Kennerspiel des Jahres 2013 wiederfindet und zudem solche Perlen wie Tzolkin und Terra Mystica auf die entsprechende Empfehlungsliste verwiesen hat, weiß leider nur die Jury. Unabhängig davon ist Brügge zweifellos ein gutes und interessantes Spiel aber aufgrund seines recht hohen Glücksanteils nicht für alle Vielspielerrunden gleichermaßen geeignet.

Infos zu Brügge

  • Titel: Brügge
  • Verlag: Hans im Glück
  • Autor: Stefan Feld
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 60
  • Jahrgang: 2013

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