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Captain Cool

Captain Cool von Reich der Spiele

Ein Bluff- und Klopp-Spiel aus der Unterwelt

Was alle schon immer wissen wollten und nie zu fragen wagten: Wenn Gangsterbosse Verstärkung für ihre Banden suchen, gehen sie in die umliegenden Kneipen, um bei den dort tobenden Schlägereien geeignete Kandidaten zu rekrutieren. So lautet jedenfalls die seltsame und reichlich aufgesetzt wirkende Hintergrundinfo von Captain Cool, einem Bluff- und Klopp-Spiel, wie der Schachteltext vollmundig ankündigt. In Tat und Wahrheit geht es allerdings mal wieder um das Einsetzen von Spielfiguren, mit denen Einfluss auf das Geschehen genommen werden soll. Dabei agieren die Spieler als Anführer von Schlägertrupps, die ihre Rabauken wirkungsvoll in Szene setzen wollen, um so Captain Cool und zwei weitere Häuptlinge von Ganoventrupps bestmöglich zu beeindrucken. Eine Art Kandidatenkür also für Unterweltbelange – erstaunlich eigentlich, dass noch keine der einschlägig bekannten Fernsehanstalten mit ihren noch viel einschlägigeren (für einmal wäre sogar der Begriff passend!) Sendegefässen bisher auf diese gloriose Idee gekommen ist! Aber das war jetzt nur so ein Gedankenblitz, der keine Rolle spielt für alles Nachfolgende.

Wichtiger ist vielmehr, dass es bei Captain Cool einiges zu planen gibt. Oder besser gesagt zu planen gäbe, wenn es denn planbar wäre. Der Ablauf des Spiels erweist sich nämlich als derart turbulentes, um nicht zu sagen chaotisches Spektaktel, dass viel Glück nötig ist, um im richtigen Moment am richtigen Ort zu stehen. Das dazu Erforderliche kann jedenfalls unmöglich im Voraus erahnt und geplant werden. Und genau das macht Captain Cool derart vielfältig oder auch zufällig und letztlich unbefriedigend, je nachdem wie man es bezeichnen will.

Der Spielplan zeigt in den vier Ecken Abbildungen einer Beiz, in denen die Kämpfe stattfinden werden. Alle bieten Platz zum Auslegen von je zwei Spielkarten. Im Zentrum finden sich stilisierte Abbildungen der drei Ganovenbosse und darum herum kreisförmig angeordnete, nummerierte Felder für zehn weitere Karten. Die Spieler erhalten je sechs Holzfiguren als Mitglieder ihres Schlägertrupps sowie sieben Aktionskarten mit Abbildungen der vier Kneipen und drei Bosse. Die eigentlichen Spielkarten von Captain Cool tragen alle eine Zahl von 1 bis 10. Acht der Karten kommen offen in die Spelunken; zehn weitere werden gleichmäßig an die Spieler ausgeteilt. Je nach Spielerzahl bleiben so einzelne Karten übrig, die offen auf das zur aufgedruckten Zahl passende Ablagefeld im Mittelkreis gelegt werden. Zuletzt wird die Zugreihenfolge der Spieler bestimmt durch zufälliges Einsetzen ihrer Spielsteine auf einer Punkteleiste am Spielbrettrand.

Dann folgen bei Captain Cool fünf Spielrunden mit je drei Etappen. Zuerst wählen die Spieler verdeckt eine ihrer Aktionskarten aus, um einen ihrer Ganoven am entsprechenden Ort des Spielbretts zu platzieren. Das Ganze wird wiederholt, bis alle sechs Figuren eingesetzt sind, wobei überall unbegrenzt viele eigene oder fremde stehen dürfen. Dann folgt eine Auswertung, die es in sich hat.

Jede der Schlägereien in den vier Beizen wird einzeln abgerechnet. Der Spieler mit den meisten Figuren darf sich eine der beiden dort abgelegten Spielkarten aussuchen, der nächstbeste erhält die zweite Karte. Herrscht Gleichstand der Figuren, gewinnt jener der beteiligten Spieler, dessen Wertungsstein auf der Punkteleiste weiter hinten steht. Bemerkenswerterweise erhält er in einem solchen Fall gleich beide Karten der Spelunke, was ganz schön einschenken kann, andererseits aber ziemlich unlogisch erscheint. Immerhin wird er dadurch besser gestellt als ein Spieler, der an einem Standort eine Figurenmehrheit besitzt, die wie gesehen bloß mit einer einzigen Karte honoriert wird. Erworbene Karten werden auf die Hand genommen und tragen sofort die ihrem Zahlenwert entsprechenden Gewinnunkte auf der Zählleiste ein, wobei auf jedem Feld nur höchstens ein Stein sein darf und gegebenenfalls das nächstfreie belegt wird. Figuren, die mit keiner Karte belohnt wurden, erhalten immerhin je zwei Punkte als Trostpreis.

Zum Abschluss jeder der fünf Spielrunden von Captain Cool werden noch die nummerierten Felder in der Brettmitte belegt. Beginnend mit dem Spitzenreiter der Punkteleiste können beziehungsweise müssen Handkarten ausgespielt werden, deren Feld gemäss der aufgedruckten Zahl noch frei ist. Dabei gibt es weitere Punkte entsprechend der Anzahl Karten, die insgesamt (unter Einschluss der gerade platzierten Karte) in einer durchgehenden Reihe liegen. Wer also auf der Zählleiste zurückliegt, kommt später dran, kann dafür aber tendenziell mehr Punkte ernten, sofern die Plätze seiner Handkarten nicht bereits belegt sind.

Weitere Punkte gibt es bei Captain Cool für Figuren, die in der Einsetzphase zu Beginn jeder Spielrunde in der Kartenmitte bei einem der drei Ganovenbosse hingestellt wurden, sofern dessen Symbol auf einer der gerade abgelegten Handkarten zu finden ist. Nicht nötig zu sagen, dass erneut die Punkte sofort gutgeschrieben werden und auch hier bei einem Gleichstand die Rangierung auf der Zählleiste über die Vergabe der Punkte entscheidet. Und dies ist auch gleich der Kern der Herausforderungen (oder eben der Beliebigkeit, siehe oben) des Spiels: Eine Planung der eigenen Züge und deren Auswirkungen ist wirklich nahezu unmöglich! Einigermaßen überblickbar ist einzig das Einsetzen der Figuren in Phase 1 jeder Runde. Hier gibt es insgesamt sechs Umgänge, in denen rasch mehr oder weniger ersichtlich wird, was die einzelnen Spieler vorhaben und wo sie ihre verbleibenden Figuren noch einsetzen könnten. Der Rest ist reiner Automatismus.

Da jede Kneipenkarte sofort zu einer Änderung der Rangierung auf der Zählleiste führt und dadurch die Möglichkeit verändert, bei einem Gleichstand der Figuren zum Zuge zu kommen und Karten oder Punkte zu erhalten (die ihrerseits wieder Auswirkungen auf die Zählleiste haben werden), wird das Ganze zu einer ziemlichen Lotterie. Möglicherweise habe jemand Glück und kann ziemlich viele Gewinnpunkte ernten. Allzu oft aber ist die Reihenfolge auf der Zählleiste vor der maßgebenden Wertung entscheidend verändert worden, so dass die Punkte anders verteilt werden als im Voraus erhofft. Daran vermögen selbst einige Profiregeln von Captain Cool nichts zu ändern, die zwar einige zusätzliche Handlungsmöglichkeiten auf dem Spielbrett eröffnen, die Vorhersehbarkeit der Züge aber nicht verbessern. So bleibt Captain Cool durchaus interessant für Leute, die gerne aus dem sprichwörtlichen Bauch heraus spielen. Alle anderen sollten besser die Finger davon lassen.

Infos zu Captain Cool

  • Titel: Captain Cool
  • Verlag: Gém Klub
  • Autor: Zoltan Aczel, Péter Árvai
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 7
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
  • Dauer in Minuten: 90
  • Jahrgang: 2010

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