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Chicago Gangsters

Chicago Gangsters von Reich der Spiele

Ein Spiel um Handel, Macht und viele Dollars!

Ein bisschen Schmiergeld hin- und hergeschoben, ab und an die Waffen spielen lassen, wenn’s denn sein muss, eine kleine Erpressung hier und da – Ganoven in den zwanziger Jahren in Chicago müssen ein ziemlich tristes Dasein geführt haben. Zumindest, wenn man dem Spielgefühl glaubt, dass Chicago Gangsters vermittelt.

Dabei klingt alles anfangs sehr viel versprechend: Immer zwei Spieler gehen in jeder Runde eine Koalition ein und kämpfen gemeinsam gegen die anderen beiden. Wow, das klingt spannend, das klingt dynamisch, das klingt nach einem geradezu subtil-psychologischen Nervenkrieg – vepufft allerdings aufgrund der äußerst simplen Mechanismen, die das Spiel sonst noch bietet. Auf einer Stadtteilkarte wird angegeben, mit welchen der drei Mittelkarten (Schmiergeld, Waffen, Erpressung)  gekämpft werden kann, Beutekarten bestimmen die lockende Belohnung, eine umkämpfte Person wird daneben gelegt, und auch das aktuelle Bündnis wird bei Karte bestimmt. Soviel zur Rundenvorbereitung.

Die beiden Spieler der ersten Partei, die Herausforderer, legen entsprechende Mittelkarten aus, zuerst verdeckt, dann wird offengelegt. Die anderen beiden Spieler, die sinnigerweise Verteidiger genannt werden, halten ebenfalls mit ihren Handkarten dagegen. Ein Vergleich zeigt, wer gewinnt und wer ein bisschen weniger gewinnt. Denn – und das ist eines der großen Mankos des Spieles – bekommt jeder eigentlich immer irgendetwas, das ihm nutzt. Sogar die so genannten "Verlierer" können einen leckeren Schluck Alkohol gewinnen, der nichts anderes als ein Siegpunkt ist. Irgendetwas nützliches springt also (fast) immer heraus. Derjenige, der in einer Koalition mehr Punkte beigesteuert hat, sucht sich zuerst ein Paket aus, der zweite muss nehmen, was übrig bleibt. Wer nach zehn bis zwölf Runden den meisten Alkohol intus – Verzeihung – errungen hat, gewinnt.

So, streng genommen war es das an Mechanismen. Sonderfunktionen in Form von Personenkarten wollen etwas Würze hereinbringen, was leider in nur sehr begrenztem Rahmen gelingt. Auch Taxifahrer, Dealer und Dieb scheinen das Gangsterleben in Chicago zu langweilig zu finden, als dass sie sich zu großartigen Taten aufschwingen würden. Ein kleines, um nicht zu sagen winziges Bluffelement trägt eher zur Steigerung der Aufmerksamkeitspflicht als zur Steigerung der Spannung bei.

Karten vom Stapel aufdecken, Handkarten spielen, zählen, Beute nehmen bestimmen in immer wiederkehrendem Rhythmus den Spielverlauf, das wird schnell zur Routine – und wer will beim Spielen schon Routine? Zumal man eigentlich recht wenig Einflussmöglichkeiten hat. Entweder habe ich Karten auf der Hand, die ich spielen kann oder eben nicht. Den Partner durch falsche Angaben durch den Kakao zu ziehen macht anfänglich vielleicht noch Spaß, funktioniert aber auch nur zeitweilig, denn die lieben Mitspieler werden schon bald damit rechnen oder extrem genervt reagieren. Was nicht sonderlich zum Spaß beiträgt. Und mal im Ernst: Weder ich noch meine Mitspieler hatten Lust, dem im Spielstand führenden Partner auch noch mit Karten zu unterstützen. Aber extra wenig Mittelkarten ausspielen, um nicht zur siegreichen Partei zu gehören, ist genau so frustrierend wie uneffektiv.

Damit neben dem Spiel zu viert auch ein Spieler mehr oder weniger teilnehmen kann, wurden einige Änderungen vorgenommen. Zu dritt werden die Werte des Alleinspielenden schlicht verdoppelt, zu fünft wird Mister X eingeführt, der alles etwas kompliziert macht, das Spiel bekommt noch mehr Ecken und Kanten.

Hier wurde der blanke Mechanismus der wechselnden Partnerschaften mit einigen Elementen aufgebauscht – ohne Eleganz, ohne Spannung, ohne rechte Einflussmöglichkeit. Mit ein wenig mehr Arbeit hätte eventuell ein gutes Spiel daraus werden können. Sprechen sich die Koalitionspartner beispielsweise im Geheimen untereinander ab und decken alle Spieler gleichzeitig ihre Karten auf, ist automatisch ein größerer Spannungsmoment gegeben. Doch in der vorliegenden Version kann Chicago Gangsters nicht überzeugen, zu sehr scheint das Konstrukt durch das Thema, zu belanglos ist der Ablauf. Was sich am einfachsten dadurch ändern lässt, ersetzt man den fiktiven Alkohol durch realen – Prost! Vielleicht haben sich ja auch die Chicagoer Gangster so ihren öden Alltag versüßt …

Infos zu Chicago Gangsters

  • Titel: Chicago Gangsters
  • Verlag: Kosmos
  • Autor: Jürgen Kiedaisch
  • Spieleranzahl (von bis): 3 - 5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 60
  • Jahrgang: 2009

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