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Chimera

Kartenspiel Chimera - Foto von Abacusspiele

Eigentlich sollte der Kritiker ja jedes zu beurteilende Spiel isoliert für sich alleine prüfen und bewerten. Querverweise auf andere Spiele sind dabei eher ungeeignet und werden einzig zu Vergleichszwecken oder zur Illustration bestimmter Ausführungen in Frage kommen können. Wenn allerdings das Spiel selber an wirklich prominenter Stelle auf ein anderes Werk verweist, kann da wohl schon mal eine Ausnahme vom Grundsatz gewagt werden. Selbst wenn der Vergleich nicht uneingeschränkt zum Vorteil des zu beurteilenden Werkes ausfällt.

In der Spielanleitung von Chimera (von Ralph H. Anderson bei Abacusspiele) wird jedenfalls schon im zweiten Satz ausdrücklich auf Tichu, ein Kultspiel sondergleichen und ein Stimmungsgarant in vielen Studenten- und anderen Runden, verwiesen. Offenbar soll so ganz bewusst und von Anfang an eine Ähnlichkeit von Chimera mit dem bekannten großen Bruder herausgestrichen werden. Nun ist dazu anzumerken, dass Tichu wirklich ein besonderes Spiel ist. Es zeugt daher von einem intakten Selbstvertrauen, sich selber ohne erkennbare Not ins sprichwörtliche Boot mit dem Überriesen zu setzen. Aber bitte, dieser Wunsch sei Chimera gewährt.

Wie funktioniert das Kartenspiel Chimera?

Tatsächlich geht es bei Chimera wie auch bei Tichu oder anderen Spielen wie Zoff im Zoo darum, möglichst rasch alle Handkarten loszuwerden. Dabei sollen in mehreren Runden möglichst viele Siegpunkte gesammelt werden. Das ist alles nichts Neues. Allerdings weist Chimera einige Besonderheiten auf. Nur sind diese nicht immer leicht zu verstehen …

Problematisch sind vor allem die zugelassenen Ausspielmöglichkeiten, aus denen jede Runde eine ausgewählt werden muss. Es gibt davon genau 14 Stück und Arten, und die müssen die Spieler in den Griff bekommen. In Frage kommen beispielsweise Paare, Drillinge und Folgen davon sowie Vierlinge. Ausserdem sind Zahlenreihen (bei uns Straßen genannt) möglich und als stärkste Kombination der Chimären-Angriff, bestehend aus zwei speziellen Einzelwerten, der Pi-Ya- und der Chimärenkarte. Dabei dürfen fast überall Einzelkarten „angehängt“ werden, jedoch nicht bei Paaren oder Folgen von Paaren, Straßen sowie Vierlingen, wogegen letztere mit gleich zwei Zusatzkarten durchaus zulässig sind. Der Griff zum Regelheft ist daher besonders zu Beginn einer Partie eine ständige Notwendigkeit, weil leider auch keine Spielhilfe mit einer Miniübersicht über die Auslegemöglichkeiten mitgeliefert wurde.

Chimera – jede Partie lichtet ein bisschen den Nebel

Daneben aber gibt es durchaus Reizvolles von Chimera zu berichten, sodass nicht von einem reinen Tichu-Klon gesprochen werden darf. Insbesondere wird Chimera stets und ausschließlich zu dritt gespielt, wobei zwei Jäger gegen die einzeln agierende Chimäre vorzugehen versuchen. Die Rollenverteilung wird dabei in einer kurzen Bietrunde zu Beginn jeder Runde ermittelt, was Raum schafft für kleine taktische Manöver aller Art. Nur muss man da die Güte und Stärke der eigenen Kartenhand einigermaßen einschätzen können. Und das gelingt erst mit zunehmender Spielerfahrung.

Die ersten Runden gleichen daher dem berühmten Tappen im Nebel. Die Chimäre beginnt und spielt eine der zulässigen Kartenvarianten aus (vgl. oben). Ausgelegtes darf gekontert werden, jedoch ausschließlich in derselben Kartenkombination, jedoch mit höheren Zahlenwerten. Selbst wer ausspielen könnte, darf allerdings passen, um beispielsweise eine starke Straße mit vielen aufeinanderfolgenden Handkarten nicht zum Bilden einer anderen Kombination auseinanderreißen zu müssen. Vierlinge (ohne Zusatzkarten) dienen als Fallen (Tichu-Kenner sprechen von Bomben) und dürfen auf jede Kombination gespielt werden. Sie können anschließend nur noch durch höherwertigere Fallen oder auch den Chimären-Angriff gekontert werden, wobei letzterer die laufende Runde sofort und endgültig abschließt.

Spielende und Wertung bei Chimera

Spielt jemand seine letzte Handkarte aus, wird die laufende Runde gewertet. War die Chimäre erfolgreich, erhält sie den Wert des eigenen Gebotes in der Bietrunde zur Rollenverteilung ganz am Anfang gutgeschrieben, ebenso je 25 Punkte für allfällige Fallen, Chimären-Angriffe oder wenn mindestens einer der Jäger keine einzige Karte ausspielen konnte. Beim Erfolg eines Jägers erhalten dagegen beide je 20 Punkte und die Chimäre erhält Minuspunkte in der Höhe ihres Gebotes. Das dauert so lange, bis jemand 400 Punkte oder mehr erreicht hat und so die ganze Partie beendet.

Wie gut ist das Kartenspiel Chimera?

Wie bei Tichu ist einige Erfahrung nötig für den geschickten Umgang mit den diversen Ablegemöglichkeiten und Spezialkarten. Anfänger haben es so gegenüber Kennern schwer, was allen wenig Spaß macht, bis sich die Stärkeverhältnisse der Mitspieler einigermaßen angeglichen haben. Dabei gibt es bei Chimera im Direktvergleich mit Tichu einige Zusatzhürden, ist es hier doch besonders wichtig, zum Rundenbeginn die Qualität der eigenen Kartenhand richtig einschätzen zu können. Lohnt sich ein Vorangehen als Chimäre oder spielt man besser den Jäger zusammen mit dem Partner und mit entsprechend begrenztem Risiko? Die Chimäre hat den Vorteil, als erste ausspielen und so gleich mal den Takt vorgeben zu können. Außerdem erhält sie drei zusätzliche Karten, die beim Austeilen ins sogenannte Versteck der Chimäre gelegt wurden und hoch willkommene Verstärkung der eigenen Hand- oder aber unerwünschte Balastkarten bringen können.

Bleibt noch die Sache mit den möglichen Kartenkombinationen, die vor allem für Spielneulinge kaum zu überblicken sind. Darf bei einem Drilling eine unerwünschte Einzelkarte als Anhang mit ausgespielt werden (Ja)? Gilt das auch für ein Paar (Nein)? Sind zwei Drillinge gleichzeitig möglich (Ja, aber nur aufeinanderfolgende, dafür nach Belieben mit je einer angehängten Einzelkarte oder auch Paaren, allerdings nicht untereinander kombiniert)? Und mehrere Paare (nur mindestens drei aufeinanderfolgende und ohne Anhänge)? Vierlinge sind alleine ausgespielt eine Falle und damit die zweitstärkste Auslegekategorie. Mit (zwei) angehängten Einzelkarten oder auch Paaren gelten Vierlinge dagegen nicht als Falle und sind entsprechend weniger wert. Außerdem sind Helden als Paare oder Drillinge oder Vierlinge höher als jede Zahlenkarte, dürfen jedoch nicht für Folgen und Reihen verwendet werden. Die Pi-Ya-Karte dagegen ist stärker als jeder Held und kann zudem als Joker in jede Reihe eingebaut werden, nicht dagegen in Paare etc., während die Chimärenkarte der stärkste Einzelwert ist, ansonsten aber nur für den Chimärenangriff sinnvolle Einsatz findet. Wirklich schade, dass dem Kartenspiel zwar ein eher überflüssiger Wertungsblock beiliegt, während Übersichtskarten mit einem Überblick über die diversen Ablegemöglichkeiten schmerzlich vermisst werden.

Insgesamt ist Chimera also eine interessante Alternative zu Tichu und Co. für drei ungefähr gleichstarke Spieler, die sich auf die Besonderheiten des Spiels einlassen wollen. Ansonsten aber droht Gefahr. Mit Chimären ist jedenfalls nicht zu spaßen, sei es als Ungeheuer selber oder auch als Jäger; das zumindest ist rasch und nach mehr oder weniger schmerzhaften Erfahrungen mit dem Spielverlauf verstanden.

Spielanleitung zu Chimera

Infos zu Chimera

  • Titel: Chimera
  • Verlag: Abacusspiele
  • Autor: Ralph H. Anderson
  • Spieleranzahl (von bis): 3
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 45
  • Jahrgang: 2015

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