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Der Club der Verschwender

Der Club der Verschwender - Foto von Axel Bungart

In seinem Spiel Der letzte Wille hat Vladimir Suchý bereits 2011 seinen Spielern aufgetragen, das sauer verdiente Geld des reichen Onkels möglichst üppig unters Volk zu bringen, um dann mit dem Spielsieg gekrönt zu werden. Nun hat er den Gedanken weitegesponnen. In Der Club der Verschwender (Czech Games Edition) müssen die Spieler aber zwar auch Geld ausgeben, aber im Mittelpunkt steht, den eigenen unerträglich öden Ruf des perfekten Gentlemans zu ruinieren. Sie wollen nicht mehr gesellschaftlich anerkannt sein, wollen bei Wahlen möglichst keine Stimmen mehr auf sich versammeln und überhaupt nur einflussreiche Leute ärgern. Vor diesem Hintergrund haben die Spieler die Möglichkeit, in zwei bis drei Kategorien ihre schlechten Manieren unter Beweis zu stellen.

Wie wird Der Club der Verschwender gespielt?

Als erste Besonderheit können die Spieler sich aus drei Spielplänen eine gewünschte Kombination zusammenstellen. Auch mit allen drei Spielplänen (Gesellschafts-, Wahl- und Besitztumsspielplan) kann man spielen, was dann in jeder Hinsicht die größte Herausforderung ist.

Ungewöhnlich ist schon die Anordnung der einzelnen Spielpläne, welche an die Schenkel des dreieckigen zentralen Hauptspielplans angelegt werden. Optisch werden so aber die Themengebiete sehr schön voneinander getrennt. Zu jedem der Spielpläne gehört ein Satz Karten. Diese Kartensätze sollte man schon in der Schachtel möglichst getrennt voneinander lagern, da das Auseinanderdividieren zu Spielbeginn selbst dann noch Zeit kostet. Eine Vielzahl an Ablagetableaus, Plättchen, Karten und natürlich den Spielsteinen vervollständigen das Material, das insgesamt von sehr guter Qualität ist. Die Grafik der Spielpläne kommt stimmungsmäßig nicht ganz an die von Der letzte Wille heran, aber sowohl diese als auch die der Karten laden durchaus zum Spielen ein.

Wie schon erwähnt, sollen die Spieler ihren guten Ruf verspielen. Dazu tönen sie (besoffen) unpopuläre Reden im Hyde Park an, verbreiten ungeniert Klatsch und Tratsch, benehmen sich beim Essen daneben oder verprassen sinnlos ihr Geld. Das ganze geschieht über Aktionskarten, die die Spieler entweder auf Tableaus vor sich ausliegen haben und jede Runde verwenden können oder über zusätzliche (einmalige) Handkarten. Alle Karten erhalten sie durch Einsatz ihrer Botenjungen in Workerplacement-Manier von den verwendeten Spielplänen. Das alles ist vom Mechanismus her schon bekannt aus Der letzte Wille. Allerdings hängt die Anzahl der Aktionen bei Club der Verschwender von den Karten ab, die man erhält, während man sie bei Der letzte Wille selber auswählt.

Ist man am Zug, aktiviert man nach Möglichkeit die Karten auf seinem Tableau und spielt dazu Karten aus der Hand aus. Dadurch ergibt sich meist eine Fülle an Möglichkeiten, die die Spieler nicht selten in ein Grübelkoma fallen lässt, aus dem sie sich nur ungern durch das Nölen der Mitspieler erwecken lassen. Günstigstenfalls kann man schon während der Einsetzphase versuchen zu planen. Ungünstigerweise nehmen einem die Mitspieler aber oft die Karten weg, die man für den Plan benötigt hätte. Dann muss man wieder umplanen. Immerhin muss man sich im kompletten Spiel mit drei Spielplänen auf zwei Wertungsleisten abwärtsbewegen und gleichzeitig sein Geld verprassen.

Das Spiel endet nach spätestens fünf Runden. Gelingt es einem Spieler vorher, einen seiner Werte zum Ende einer Runde auf Null zu bringen, endet das Spiel vorzeitig. In jedem Fall gewinnt der Spieler, dessen höchster Wert am niedrigsten ist.

Optimal verschlechtern

Unsere Partien Club der Verschwender verliefen durchaus spannend. Lange ist zwar der Weg das Ziel. Soll heißten, man ist damit beschäftigt, seine Werte in allen Spielbereichen in den Keller zu fahren. Bei zwei Spielplänen ist das noch überschaubar, bei dreien aber umso anspruchsvoller. Aber besonders zum Ende hin wird es dann auch wirklich spannend, ob man seine Wählerstimmen vielleicht tatsächlich bis auf Null reduzieren oder die Personen seiner Gesellschaftswertungstafel sogar bis in den negativen Bereich absinken lassen kann. Von Der letzte Wille light kann da keine Rede sein. Vielmehr ist man ständig damit beschäftigt, zu planen und umzuplanen, zu optimieren oder einfach für die nächste Runde vorauszudenken. Entspanntes Rumspielen ist anders. Dazu kommt noch, dass durch einen Wertungsbereich am Ende jeder Runde die Spieler in Konkurrenz zueinander treten. Das bringt einen Hauch von Interaktion in das eigene Gewurschtel. Nicht, dass das keinen Spaß machen würde. Aber es ist anspruchsvoll, und es braucht seine Zeit. Die Angaben auf der Spieleschachtel (40-90 Minuten) haben wir in keiner Konstellation annährend erreicht. Zu viert hat eine Partie auch mal über drei Stunden gedauert, was dann schlichtweg zu lang ist für das Spiel.

Der mehrfach zitierte Vergleich zwischen Club der Verschwender und Der letzte Wille ist nicht zufällig. Beide Spiele ähneln in ihren Mechanismen nicht nur einander, sie sind sogar miteinander kombinierbar. Man nimmt einfach den Hauptspielplan von Der letzte Wille und legt ihn an die Stelle eines der Spielpläne aus Club der Verschwender. In der Spielregel für die Kombination beider Spiele heißt es zwar, Club der Verschwender sei nicht so komplex wie sein Vorgänger. Das kann ich aber keinesfalls bestätigen. Vielmehr ist die Ausrichtung auf drei Teilziele, die am Ende zusammenlaufen, in meinen Augen die kompliziertere von beiden.

Besser jedes für sich – wie gut ist Der Club der Verschwender?

Die Kombination der Spielpläne beider Spiele erfordert aber auch, die mehr oder minder kleinen Unterschiede beider Regeln gleich wieder zu vergessen. Denn man spielt auf dem Spielplan von Der letzte Wille wieder mit den Regeln für diesen Plan. Für mich war das ein wenig, als würde man Schach mit Mühle kombinieren, nur weil beide auf demselben Brett gespielt werden. Bleibt man also bei den drei Spielplänen, hat man trotzdem die Wahl aus vier Kombinationen. Das sollte reichen.

Die Spielregel ist übrigens insgesamt recht gut gelungen. Für jeden Spielplan gibt es – auch optisch abgesetzt – eigene Regeln, die man getrost ignorieren kann, wenn man sie nicht braucht. Umrahmt werden diese von den allgemeingültigen Regeln. Hier wird vereinzelt etwas kompliziert ausgedrückt, was man einfacher hätte sagen können. So wird manches erst beim Spielen klarer.

Alles in allem hinterlässt Club der Verschwender – mit Abstrichen bei der Spieldauer – einen guten Eindruck. Der Einstieg ist sicher nicht ganz einfach, woran auch die per QR-Code auf der Spielregel abzurufende grobe Spieleinführung nicht wirklich etwas ändert (zumal sie nur auf Englisch ist). Oft spielt jeder vor sich hin, doch es macht Spaß, aus einem Pool an Möglichkeiten, für sich das Optimale herauszuholen. Dafür bietet der Club der Verschwender reichlich Gelegenheit, auch nach einigen Partien noch. Glück spielt hier kaum eine Rolle, und schon deswegen ist die Altersempfehlung nachvollziehbar. Außerdem ist es kein Spiel, das Gelegenheitsspieler ansprechen wird.

Wer Der letzte Wille schon hat, braucht wohl nicht noch den Club, dafür sind sich beide Spiele zu ähnlich. Doch eines von beiden darf es schon sein.

Spielregel zu Der Club der Verschwender

Infos zu Der Club der Verschwender

  • Titel: Der Club der Verschwender
  • Verlag: Czech Games Edition
  • Autor: Vladimir Suchy
  • Spieleranzahl (von bis): 2-5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14
  • Dauer in Minuten: 40-90
  • Jahrgang: 2016
  • Video:
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