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Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel

Im Wandel der Zeiten - Das Kartenspiel - Foto von Pegasus

Spielen ist großartig. Wie fast nirgendwo sonst lernt man viel Neues kennen und kann Dinge ausprobieren, die man nicht für möglich gehalten hätte. Oder wo sonst kann man einen Zugüberfall im Wilden Westen erleben? Oder eine Eisenbahngesellschaft aufbauen und betreiben? Oder eine Fluglinie? Oder bei einem (Test-) Flug ins Weltall oder bei einer Seeschlacht in einem U-Boot dabeisein? Oder auch nur einen Kurztrip mit einem fliegenden Teppich unternehmen?

Andererseits stellt man nach einer gewissen Zeit durchaus auch fest, dass sich gewisse Dinge wiederholen oder einander zumindest ähneln können. Das können vertraute Titel und Abläufe aus gewissermaßen verwandten Spielen sein. Oder eben auch Elemente, die sonst von früheren, meist bekannten und erfolgreichen Werken übernommen wurden. Und so erleben wir auch bei Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel (unmöglich diese Titel-Bandwürmer; da gefällt mir die Variante mit den Eigennamen wesentlich besser …) eine Art Reise quer durch einige der wichtigsten Spieletrends und -neuheiten der jüngsten Vergangenheit: Dominion ist beispielsweise ziemlich präsent (gleich wie auch andere Spiele mit Deckbauelementen aller Art), ebenso die Entwicklung des Aufbaus mit immer stärker werdenden Spielkarten à la 7 Wonders und Machi Koro oder das Rumtüfteln am geschicktesten Einsatz der eigenen Ressourcen wie bei Die Burgen von Burgund – Das Kartenspiel. Und ja, bei all diesen prominenten Vorbildern und Spielpaten konnte ja eigentlich nicht viel schief gehen, selbst wenn das für sich alleine bekanntlich noch keine Garantie für ein tolles Spiel sein muss.

Wie funktioniert Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel?

Aber möglicherweise sind diese Überlegungen gar nicht nötig, um Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel von Jesse Li (Pegasus Spiele) verstehen und schätzen zu lernen. Es hat jedenfalls ein genügend eigenständiges Profil und auch das spielerische Potenzial, um für sich allein seinen Platz im Kreis der anspruchsvollen Kartenspiele erkämpfen und bewahren zu können. Und die Ausgangslage und der Auftrag der Spieler ist wahrlich monumental. Wie beim bereits länger bekannten Brettspiel Im Wandel der Zeiten soll eine für einmal nicht näher bezeichnete Zivilisation von den Anfängen aller Entwicklungen bis in die Neuzeit geführt und ausgebaut werden. Dabei werden Erfindungen gemacht und Kriege geführt, es gibt Handel aller Art und auch Weltwunder, bevor am Schluss dann der Spieler mit den meisten Erfolgen in Form von Gewinnpunkten siegt. Dies alles geschieht relativ rasant, dauert das Ganze im Unterschied zum Grundspiel doch nicht mehrere Stunden, sondern nur rund 60 intensive Minuten. Letzteres allerdings nur wenn das Spiel bereits bekannt ist und die Regeln beherrscht werden. Diese haben es nämlich durchaus in sich.

Kern des Geschehens im Spiel ist eine pyramidenförmige Auslage von 25 Spielkarten in der Tischmitte. Diese zählen zu einer von insgesamt fünf Epochen. Die Karten zeigen auf der Rückseite eine für das Zeitalter jeweils typische Ressource in der Spannweite von Lasttieren über Kohle bis hin zum Weltall (das als Joker für zwei beliebige andere Ressourcen dient), auf der Vorderseite dagegen eine der wesentlichen Technologien und Errungenschaften dieser Epoche. Außerdem erhalten alle Spieler ein identisches Startkartenset mit je dreimal Nahrung und zweimal Eisen sowie Basis-Technologien wie Landwirtschaft, Bergbau oder Tauschhandel. Daraus soll im Verlauf des Spiels die Entwicklung bis hin zu Computer, Atom-U-Booten und Satelliten vollzogen werden.

Jede Runde wird eine ausgewählte Handkarte als Ressource in die persönliche Auslage gelegt und gleich anschließend eine zweite Karte mit der Technologieseite nach oben, die dann auch sofort als solche genutzt werden darf und zusätzliche Ressourcen oder sonstige Vorteile verschafft wie beispielsweise die bereits erwähnten Angriffe auf die Gegner und deren Ressourcen. Anschließend darf, wenn gewünscht und möglich, eine der Technologiekarten aus der pyramidenförmigen Auslage in der Tischmitte gekauft und bei sich abgelegt, jedoch nicht gleich auch sofort genutzt werden. Die für den Kauf benötigten Ressourcen werden dabei einfach auf die Technologieseite gedreht und stehen so vorläufig nicht mehr für weitere Aus- und Aufgaben zur Verfügng.

(Erst) wenn ein Spieler nur noch maximal eine einzige Handkarte hat, darf er sämtliche (Technologie-, die Ressourcen bleiben liegen) Karten aus seiner Auslage auf die Hand nehmen, ebenso die zuvor erworbenen neuen Technologiekarten aus der Pyramide. Anschließend ist er wieder bereit für weitere Züge, mit denen immer neue und wertvollere Karten aus der Pyramide erworben werden können, für immer hochwertigere Ressourcen und Technologien. Das Ganze dauert, bis die letzte der höchsten Technologiekarten oder sämtliche Weltwunder, von denen neben jedem Zeitalter eines ausliegt, weg sind.

Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel: Einfach zu verstehen, aber schwer zu meistern

Dies alles ist relativ rasch verstanden, aber durchaus trickreich und nicht ganz einfach zu beherrschen. Besonders die Handhabung der Ressourcen und Technologien und deren optimaler Einsatz bedarf einiger Gedankenarbeit. Ausserdem gibt es wunderbare Zwickmühlen. Höherwertige Karten sind nämlich sowohl als Technologie als auch als Ressource wertvoll und stark, können aber stets nur als eine davon genutzt und eingesetzt werden, bis sie wieder auf die Hand kommen und neu eingesetzt werden dürfen. Da gilt es, gut zu überlegen und zu planen. Was ist im Moment wertvoller? Und wie lassen sich allenfalls Kombinationen von Handkarten bilden, die in den Folgerunden möglichst optimal eingesetzt werden können? Steht nämlich eine für einen Kauf benötigte Ressource nicht zur Verfügung, kann sie möglicherweise aus mehreren minderwertigeren „zusammengetauscht“ werden. Aber auch dafür bedarf es einer passenden und allenfalls ziemlich großen Auslage, was einige Planung abverlangt, da ja pro Spielzug grundsätzlich je nur eine einzige Ressource ausgespielt und abgelegt werden darf.

Und genau das alles führt dann eben zur bereits erwähnten Komplexität, andererseits aber auch zum offensichtlichen Reiz des Spiels. Es gilt, die eigenen Handkarten und die diversen Auslagen der Spieler und auch den Aufbau der Pyramide zu analysieren und anschliessend die richtigen Schlüsse für die nächsten Spielzüge daraus zu ziehen. Außerdem findet ein ziemlicher Wettlauf statt, bei dem man nicht ins Hintertreffen geraten sollte. Schnappen einem die Gegner nämlich zu viele der für die Entwicklung der eigenen Zivilisation und deren Ressourcen und Technologien benötigten Karten weg, ist dieser Rückstand später kaum wieder aufzuholen.

Auf der anderen Seite liegt darin auch ein gewisses Frustrationspotential, wenn der kluge Zug eben nicht immer gelingt und die Konkurrenz in der Zwischenzeit stets stärker und schneller wird und bereits über höherwertige Technologien und Ressourcen verfügt, die mir selber noch fehlen. Vielleicht wird das aber in einer nächsten Partie schon wesentlich besser laufen, indem ich dort das eigene Spiel rasch ins Rollen bringen und die Gegner zum Schwitzen bringen kann, sodass plötzlich ich selber die kraftvollen Schritte und Entwicklungssprünge vollziehe, während die Konkurrenten ihre Zeit immer noch mit schwächeren Karten und Aktionen verplempern müssen.

Der Wiederspielreiz ist jedenfalls enorm, selbst und gerade wenn zuvor eine Partie eher unglücklich verlaufen ist. Und wenn einmal mit zunehmender Spielerfahrung die Herausforderungen im Spiel kleiner zu werden beginnen, können mit einem zusätzlichen Kartenset, das erfreulicherweise bereits in der Schachtel mitgeliefert wurde, die Anforderungen nochmals recht erheblich erhöht werden.

Das alles ist wirklich eindrücklich und wunderbar gemacht und sehr zu empfehlen. Allerdings gibt es durchaus Leute, die nach einer ersten Partie nichts mehr vom Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel wissen wollen und freiwillig auf die Lernkurve verzichten, die das Spiel mit sich bringt (andererseits aber auch voraussetzt). Und das ist schade, denn sie verpassen ein wirklich tolles Spiel!blank

Spielanleitung zu Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel

Infos zu Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel

  • Titel: Im Wandel der Zeiten - Das Kartenspiel
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Jesse Li
  • Spieleranzahl (von bis): 2-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 45-60
  • Jahrgang: 2016

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