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Imaginarium

Brettspiel Imaginarium - Foto von Asmodee

Kommt mit ins Imaginarium, die Fabrik der Träume. So heißt es sinngemäß in der Spielanleitung des neuen Brettspiels von Bombyx (Vertrieb durch Asmodee). Die Erwartungen sind denn – thematisch gesehen – auch entsprechend hoch. Uns erwartet aber schon rein optisch kein fantastisches, beinahe poetisch anmutendes Traumland, wie wir es aus Spielen wie Dixit oder Dreams kennen. Auf dem Spielbrett finden sich keine Träume, sondern ein Fließband mit seltsamen Maschinen, schräge Assistenten und ein hässlicher Mund (was der wohl macht?).

Steampunk, nicht Poesie, lautet hier die Devise. Durchaus interessant. Mal was anderes. Ob der Spielmechanismus ebenfalls imaginativ-kreativ besonders ist? Bei einem Spiel von Erfolgsautor Bruno Cathala (zusammen mit Florian Sirieix) sind die Erwartungen jedenfalls nicht nur bezüglich der thematischen Umsetzung hoch.

So spielt sich das Brettspiel Imaginarium

Wir starten mit klassischem Workerplacement und wählen zwischen verschiedenen (reparaturbedürftigen) Maschinen, Assistenten (beides muss mit Kohlium bezahlt werden) oder Kohlium (= Einkommen). Die Spielreihenfolge definiert sich durch die Position unserer Figuren. Je teurer die Maschine, desto weiter vorne stehen wir. Im eigentlichen Zug haben wir eine Aktionsuhr, mit der wir zwei (benachbarte!) von sechs Aktionen wählen:

  1. Wir können Maschinen reparieren – diese bringen uns später regelmäßig Rohstoffe und Kohlium. Allerdings sind die Plätze in unserer Werkstatt sehr begrenzt. Daher können wir auch:
  2. Maschinen demontieren (bringt Siegpunkte oder Rohstoffe) oder
  3. kombinieren.
  4. Oder aber wir werben Assistenten an, die uns für das weitere Spiel Vorteile bringen,
  5. handeln (nicht miteinander)
  6. oder erhalten wieder Einkommen / Kohlium.

Das alles, um die Ziele der Projektplättchen zu erfüllen – schnell sein lohnt sich, nur der Erste bekommt die volle Siegpunktzahl. Siegpunktmarker und Rohstoffe halten wir hinter unserem Sichtschirm geheim, denn: Wer zuerst 20 Siegpunkte erreicht, leitet das Spielende ein. Der Sieger steht aber erst nach einer kurzen Endwertung fest, bei der es um Mehrheiten der Rohstoffe geht.

Imaginarium: Kennerspiel mit Workerplacement und Ressourcen-Management

Im Grunde ist Imaginarium eine Mischung aus zwei altbekannten Mechanismen: Workerplacement und Optimierung durch Ressourcen-Management. Vom Schwierigkeitsgrad her ist es im Kennerspielbereich angesiedelt. Interessant wird das Ganze durch die Zugreihenfolge-Regelung und den Aktionsmechanismus mit der Uhr. Diese schränkt die Möglichkeiten dadurch, dass die beiden Zeiger nur gemeinsam verstellbar sind, aber enorm ein und trägt dazu bei, dass Imaginarium als Kennerspiel überschaubar bleibt. Und auch die Siegpunktmöglichkeiten sind genau das: überschaubar. Die Hauptquelle für Siegpunkte sind die Projektplättchen, daneben gibt es noch einige kleinere Möglichkeiten wie das Handeln (Tauschen von Kohlium in Siegpunkte) und Demontieren von Maschinen. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass ein Mitspieler für uns andere sehr plötzlich das Spiel beendet. Bei Imaginarium sollten wir uns nicht zu sehr im Aufbau verlieren. Die Kunst besteht darin, die Siegpunktstände der Mitspieler und das richtige Timing im Blick zu behalten.

Das Herzstück des Ganzen ist jedoch – zumindest auf den ersten Blick – das geschickte Kombinieren der Maschinen. Durch die Platzbegrenzung müssen wir unsere Produktionsmöglichkeiten managen und individuell an die noch ausstehenden Ziele anpassen. Das Spielkonzept lädt geradezu dazu ein, über immer neue Kombinationsmöglichkeiten nachzudenken, immer geschickter, raffinierter und effizienter vorzugehen. Auch hier sind wir aber wieder eingeschränkt; der Drang, sich dabei kreativ auszuleben, wird im Keim erstickt; kombiniert werden können nur bestimmte Maschinen miteinander.

Trotzdem kommt genau dieser Kombinationsmechanismus nicht immer voll zum Tragen. Denn wer nicht demontiert, verliert; oder hat es zumindest unverhältnismäßig schwer. In manchen Partien ist tatsächlich das Demontieren das heimliche Herzstück des Ganzen. Auf die richtige Balance kommt es an – wann kombiniere ich, wann demontiere ich? Dass kombinierte Maschinen erst getrennt werden müssen, bevor sie demontiert werden können, ist einer der Aspekte, die Imaginarium zum Kennerspiel machen.

Apropos Balance: Das Balancing der Assistenten ist extrem ungleichmäßig. Manche sind eine tolle Hilfe, aber nicht übermächtig. Andere dagegen können, besonders wenn sie schon zu Spielbeginn auftauchen, tatsächlich spielentscheidend sein. So zum Beispiel der Assistent, der die Werkstatt um zwei Plätze erweitert, oder derjenige, der erlaubt, die Aktionen unabhängig von den Uhrzeigern zu wählen – vielleicht der mächtigste Assistent im ganzen Spiel. Natürlich ist der auch entsprechend teuer, aber wer das Glück hat, gerade genug Kohlium zu haben, hat den Sieg eigentlich fast schon in der Tasche (besonders im Spiel zu zweit).

Imaginarium zu zweit oder in der Gruppe?

Es gibt keinen imaginären dritten Spieler, mit dem sich viele Brettspiele im Spiel zu zweit behelfen; stattdessen hat jeder einen Saboteur, der einen Platz besetzen und so dem Mitspieler Maschinen wegschnappen kann. Diese werden dann direkt geschreddert.

Glückssträhnen wie bei den Assistenten wirken sich im Spiel zu zweit noch etwas mehr aus, da wir uns nicht mit anderen Mitspielern gegen den Überflieger „verbünden“ können. Interaktiv spielt sich Imaginarium vor allem in größeren Runden, denn dann entfalten die Angriffs- und Verteidigungsmaschinen ihre Wirkung am besten. Dadurch entsteht eine ganz andere Dynamik als zu zweit. Im Duell haben diese Maschinenarten eigentlich nur die Funktion, Projektplättchen zu erfüllen (wenn es denn welche mit passenden Zielen dafür gibt). Zwar können wir uns auch im Duell angreifen, die Ausbeute ist aber so gering (bei Diebstahlkarten z.B. können wir eben nur einen anderen Spieler beklauen), dass es sich einfach nicht lohnt. Langweilig wird Imaginarium aber auch zu zweit nicht.

Die Steampunk-Atmosphäre im Imaginarium: Träume oder „nur“ Maschinen?

So wirklich will das Thema nicht zum Spielablauf passen. Eigentlich geht es schlicht um Ressourcen und um Maschinen, die diese möglichst effizient produzieren sollen. Was genau diese Maschinen herstellen, spielt dabei keine Rolle. Uns erschließt sich jedenfalls nicht richtig, was Kohlium und Kupfer mit Träumen zu tun haben – am ehesten passt da noch das Kristall.

Die Steampunk-Elemente sind aber natürlich besonders und haben ihren ganz eigenen Charme (sofern man es mag). Und sie sind auch tatsächlich in den Spielablauf integriert. Der eingangs erwähnte Mund z. B. ist der sogenannte Zermalmer und ‚frisst‘ Maschinen (ist im Grunde also ein Ablagestapel).

Imaginarium und seine Aufbewahrungsbox

Eines muss hier noch genannt werden: Imaginarium ist eines dieser Spiele mit kleinteiligem Zubehör (Rohstoffe und Kohlium). Vielspieler kennen das Problem: Tütchen über Tütchen und im Spiel lose Berge von Steinchen, die alle hinterher wieder aufgeräumt oder beim nächsten Spiel auseinandersortiert werden müssen. Wie praktisch wäre es da, wenn sie im Spiel nicht nur einen festen Platz auf dem Spielfeld hätten, sondern auch vor dem Herunterfallen geschützt und hinterher mit nur einem Handgriff aufgeräumt wären. Imaginarium hat eine Aufbewahrungsbox mit Einteilungen für die Rohstoffe, die einen festen Platz auf dem Spielfeld hat und – großes Lob an die Redaktion – einen Deckel, sodass auch beim Aufräumen alles an seinem Platz bleiben kann (Wermutstropfen ist allerdings, dass die Siegpunktmarker keinen Platz darin finden). Das wünscht man sich doch gleich für alle Brettspiele. Und tatsächlich gibt es dieses Prinzip auch in einigen anderen neueren Brettspielen wie z.B. Reykholt, das seine Gemüseboxen mitliefert.

Fazit: Lohnt sich Imaginarium als Brettspiel?

Manche Elemente wirken etwas starr, gerade Vielspieler wünschen sich an einigen Stellen vielleicht mehr – mehr Flexibilität, mehr Gestaltungsspielraum, mehr eigenes Kreieren und Tüfteln. Andererseits sind es gerade die Einschränkungen wie bei der Aktionsuhr, die die Komplexität trotz aller spielerischen Tiefe im Rahmen halten und das Spiel auch Kennerspiel-Anfängern zugänglich machen. Relevanter ist da schon das teilweise unausgeglichene Balancing. In manchen Partien spielen wir nur pro Forma, da ohnehin schon klar ist, wer gewinnt. Das liegt zu einem Gutteil an den ungleich verteilten Assistenten und schmälert das Spielvergnügen. Auch das Thema wirkt etwas aufgesetzt; die Gestaltung sticht dennoch aus der Masse an Spielen heraus (nicht nur aufgrund der tollen Aufbewahrungsbox). Alles in allem ist Imaginarium ein solides Kennerspiel, das gekonnt Optimierung/Ressourcen-Management und Workerplacement verknüpft.blank

Spielanleitung zu Imaginarium

Infos zu Imaginarium

  • Titel: Imaginarium
  • Verlag: Asmodee, Bombyx
  • Autor: Bruno Cathala, Florian Sirieix
  • Spieleranzahl (von bis): 2-5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14
  • Dauer in Minuten: 90
  • Jahrgang: 2018

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