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Shadowrun: Schattenstädte

Shadowrun: Schattenstädte

Der äußere Eindruck. Pegasus Spiele veröffentlicht eine überarbeitete, deutsche Übersetzung des Shadowrun-Quellenbandes  von Schattenstädte als solide gebundene Hardcoverausgabe mit 224 Seiten. Den blaue Einband ziert die moderne Covergestaltung von Arndt Drechsler und so passt sich auch dieser Band hervorragend in das neue deutsche Design der Shadowrun-Reihe ein. Die englische Vorlage wurde aber nicht nur für das in-Game-Jahr 2072 mit aktualisierten Texten zu Hongkong und Seattle versehen, sondern enthält auch ein Kapitel zu Hamburg, als auch die Übersetzung des bislang nur in der französischen Ausgabe erschienen Kapitels über Marseille. Als Zugabe gibt es noch eine jeweils knapp gehaltene Beschreibung von Kapstadt, Caracas und Istanbul.

Das Innenleben gestaltet sich recht aufgeräumt und übersichtlich. So gibt es den üblichen zweispaltigen Seitenaufbau, der von einigen Schwarz-Weiß-Illustrationen aufgelockert wird und natürlich auch der übliche „Shadowtalk“ nicht fehlen darf. Die Illustrationen sind – wie bei Shadowrun üblich – von höchst unterschiedlicher Qualität und Güte. So gibt es sicherlich einige sehr beeindruckende Bilder, die dem Leser die Atmosphäre und die Welt von Shadowrun näher und einige, auf dessen Abdruck man besser verzichtet hätte. Kartenmaterial zu den Städten ist auch vorhanden, doch sollte man hier die Ansprüche nicht zu hoch ansetzen, reichen diese doch lediglich für einen ersten Überblick. Die Überschriften in den einzelnen Kapiteln sind sauber gegliedert, heben sich aber nicht sonderlich deutlich hervor – insofern kann es beim Suchen schon mal etwas länger dauern. In Sachen Übersetzung haben Mario Hirdes und David Grashoff gute Arbeit geleistet, so das sich die Texte insgesamt gut und flüssig lesen lassen.

Kapitel 1 – Hongkong. Zunächst gibt es einen Blick zurück in die Geschichte von Hongkong und den langen Weg, den diese Stadt zurücklegen musste, bis sie mehr als nur eine gigantische asiatische Metropole wurde, die in sich asiatische Traditionen und westliches Gedankengut auf einzigartige Weise vereint. Eine Zeitleiste hilft bei der Orientierung und Zuordnung der Ereignisse, bevor es mit der Beschreibung des Hongkong-Sprawl weitergeht. Jeder einzelne Stadtteil ist recht ausführlich beschrieben, egal ob es sich um Downtown oder den Tolon-Hafenkomplex handelt (schließlich ist Hongkong ein gigantischer Freihafen und Umschlagplatz für Güter aus aller Herren Länder).

Wichtige Orte dürfen in der Darstellung ebenfalls nicht fehlen und so bekommt man einige Hinweise wie man am besten in die Stadt hinein- oder aber auch wieder hinauskommt, über die Beschaffung von Ausrüstung, Hongkong bei Nacht als auch die Grenzwelten. In einer freien Wirtschaftszone dürfen natürlich auch die großen und kleinen Konzerne nicht fehlen. Neben der dominierenden Wuxing Inc. gibt es eine ziemlich gute Beschreibung der zur Zeit herrschenden Machtverhältnisse (insbesondere wenn man die schwache Regierungsgewalt betrachtet). Natürlich darf ein Blick in die Unterwelt nicht fehlen und so gibt es hier einiges über die organisierte Kriminalität zu erfahren, die mehr als nur Triaden zu bieten hat, sondern auch mit modernen Piraten aufwarten kann, die im südchinesischen Meer auf Beutezug gehen. Vervollständigt wird das Bild dieser überaus exotischen Metropole mit einem Blick auf Hongkongs magische Landschaft und einige ihrer Mysterien.

Kapitel 2 – Seattle. Mit dem Kapitel über Seattle dürfte es für viele Leser ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten geben, musste diese Stadt doch schon für unzählige Runs herhalten und ist doch so etwas wie die Quelle von Shadowrun, die jeder Charakter einmal in seinem Leben besucht haben sollte.
Ähnlich wie bei dem Kapitel über Hongkong gibt es hier auf rund 60 Seiten einen detaillierten Blick auf die Stadt und hinter ihre Kulissen. So ist man als Leser auf jeden Fall wieder auf dem neuesten Stand, allerdings sind die Inhalte teilweise wirklich nur ein Update um den Stand der 4. Edition zu komplementieren. Neben einem Einblick in die politischen Geschehnisse der Stadt gibt es sowohl eine Darstellung der einzelnen Syndikate als auch einen eigenen Abschnitt über die in der Stadt vertretenen Gangs. Natürlich dürfen die Beschreibungen von Stadtteilen als auch besonderen Örtlichkeiten nicht fehlen und so gibt es auch einiges über das Nachtleben, Orte für Hacker, zur Beschaffung von Ausrüstung oder aber magische Orte zu erfahren.

Kapitel 3 – Hamburg. Wer nach abgefahrenen Schauplätzen in der ADL sucht, dürfte im Kapitel Hamburg sicherlich einige sehr gute Ideen finden, zumal es sich nicht um eine reine Übersetzungsarbeit handelt, sondern die Texte von der deutschen Redaktion stammen. Mit einem Einblick in die Geschichte des „Venedig des Nordens“ bekommt man ausreichend historisches Hintergrundmaterial, um die Stadt in ihrem heutigen Zustand zu verstehen. Dabei fehlt auch nicht ein wenig „plattdeutsche Sprache“, die bei dem sonst vorherrschenden englischsprachigen Ausdrücken etwas ungewohnt klingt. Auf rund 50 Seiten gibt es hier einen ähnlichen Aufbau wie in den beiden vorhergehenden Kapiteln: Es gibt einen Blick auf die Stadtviertel, politische Gruppierungen als auch die wichtige Freihandelszone. Natürlich dürfen auch Örtlichkeiten wie die Reeperbahn, das Harburger-Ghetto oder Wildost nicht fehlen. Zum guten Schluss gibt es noch etliche Hinweise zu Bars, Nachtclubs, dem Cyber-Underground oder den Schattenmärkten. Insgesamt präsentiert sich Hamburg als ein sehr stimmiges Kapitel, mit etlichen Abenteuerideen und einigen überaus interessanten Schauplätzen.

Kapitel 4 – Marseille. Den Abschluss der größeren Kapitel macht die Hafenstadt Marseille. Hierfür hat man das in der französischen Ausgabe von „Runners Havens“ Anthony Bruno eingebrachte Material übersetzt, das durchaus auch für den deutschen Spielleiter (als auch Spieler) interessant sein könnte. Mit rund 20 Seiten ist es zwar nicht sonderlich umfangreich, gibt aber insgesamt einen groben Überblick über die Stadt und die vorherrschenden Machtverhältnisse, egal ob es sich um Konzerne, Transport, Behörden und Kommunikation oder aber um Politik und die organisierte Kriminalität handelt. Mit etwas Einfallsreichtum lässt sich aus den zum Teil nur bruchstückhaften Informationen ein recht abwechslungsreicher und neuer Abenteuerschauplatz basteln.

Kapitel 5 – Städte im Zwielicht. Es ist schon etwas Schade, wenn man drei überaus interessante Megaplexe nur im Ansatz vorgestellt bekommt, die eigentlich ebenso gut jeweils hätten 40 oder 50 Seiten füllen können. So muss man sich hier auf rund 15 Seiten mit überaus komprimierten Informationen zu Kapstadt, Caracas und Istanbul in jeweils einzelnen Abschnitten zufrieden geben. Für einen ersten Eindruck reicht es auf jeden Fall vollkommen aus, aber um diese Schauplätze zu nutzen, muss man einiges an Improvisationstalent mit bringen.

Kapitel 6 – Spielinformationen. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Leben im Zwielicht und bietet neben einigen guten Hinweisen zum Gleichgewicht der Macht in den vorgestellten Städten, einige spieltechnische Tipps zu Recht und Ordnung, Konzernpräsenz, der allgegenwärtigen Unterwelt und natürlich auch zum Thema Politik. Weiterhin gibt es einige brauchbare und umsetzbare Abenteuer und Abenteuerideen für die Schauplätze Hongkong, Seattle und Hamburg.

Fazit. Es ist nicht nur die Ausrüstung oder die Magie sondern auch der Ort der Handlung, der einen großen Reiz der Welt von Shadowrun ausmacht. Insofern ist dieser Band sicherlich eine absolut sinnvolle Ergänzung für Spielleiter als auch Spieler, die gerne weltweit operieren und aufgeschlossen für eine neue Umwelt mit gänzlich anderen Spielregeln sind.

In diesem Band dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein, wobei sicherlich die Städte Hongkong, Seattle und Hamburg mit ihren umfangreichen Informationen im Vordergrund stehen dürften. Die Beschreibungen stoßen zum Teil nicht unbedingt immer auf Begeisterung und haben hier und da auch ihre Schwächen, insgesamt gesehen aber eine echte Bereicherung, gibt es doch nunmehr weitere Einsatzorte.

Etwas schwach sind sicherlich das Kapitel über „Marseille“ als auch die „Städte im Zwielicht“. Hier hätte man besser den Schwerpunkt auf eine weitere einzelne Stadt gelegt und sich nicht einfach in groben Skizzen verloren, die man dem Käufer zum weiteren Ausfüllen vor die Nase hält. Inhaltlich sind machen diese groben Entwürfe ziemlich neugierig, aber ob man unbedingt aus diesen Versatzstücken noch mehr machen möchte, mag an dieser Stelle offen bleiben.

Unterm Strich bleibt ein durchweg gut gelungener Quellenband, der zwar nicht komplett überzeugen kann jedoch mit seinen Updates zu Seattle und dem Schauplatz Hongkong auf jeden Fall punkten kann. Wessen Herz natürlich an der ADL hängt, der wird um Hamburg ohnehin nicht vorbei kommen!

Infos zu Shadowrun: Schattenstädte

  • Titel: Shadowrun: Schattenstädte
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Jason Levine, Peer Bieber, Rob Boyle, Tobias Hamelmann, Lars Blumenstein, Robyn King-Nitschke, Robert Derie
  • Jahrgang: 2009

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