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Tzolk’in

Tzolkin von CGE

Der Maya-Kalender

In Bezug auf den Weltuntergang sind ja der Maya-Kalender oder zumindest jene Leute, die dort Derartiges hinein interpretiert haben, ziemlich daneben gelegen: Uns gibt es noch und alles andere rundherum auch. Das ist erfreulich. Sonst könnte Tzolk’in nicht mehr gespielt werden. Das wäre schade. Sehr sogar. Denn Tzolk’in ist wirklich toll und interessant und gut gemacht. Dabei wäre der Kalender als Aufhänger und Thema des Spiels gar nicht nötig gewesen. Es würde auch sonst auffallen. Überall und immer. Mit seinem großen Zahnradsystem, das große Teile des Spielbretts abdeckt. Und einem raffinierten Mechanismus, der seinesgleichen sucht.

Dabei dienen die Zahnräder bei Tzolk’in nicht nur als Blickfang, sondern nehmen auch einiges an Verwaltungsaufwand ab. Jedes Bewegen des großen überträgt sich umgehend auf die fünf kleineren Räder und verändert automatisch die Position der darauf abgestellten Spielfiguren. Ja, es gilt wieder einmal Worker zu placen. Aber alles andere in diesem Brettspiel ist ziemlich ungewöhnlich und zugleich überaus elegant gelöst. Eine wunderbare Kombination. Und eine, die Tzolk’in zum wirklichen Vergnügen macht.

In jedem Spielzug dürfen Figuren entweder eingesetzt oder rausgenommen werden. Niemals beides gleichzeitig. Auch wenn es noch so gelegen käme und wünschenswert wäre. Das Einsetzen kostet meist etwas Mais. Das Herausnehmen dagegen ist gratis und trägt erst noch Vorteile ein, die größer und wertvoller werden, je später es erfolgt. Schön also, wenn gewartet werden kann, bis eine oder gleich mehrere der eigenen Figuren durch das Drehen der Räder in Bereiche gelangt sind, in denen maximale Erträge zu holen sind. Das verlangt etwas Planung und ein gutes Timing, da die Gegner natürlich dasselbe wollen. Man kommt sich so immer wieder gegenseitig in die Quere. Immerhin führen unterschiedlichste Wege zum Erfolg. Das macht Tzolk’in zu einem spannenden Ringen um Punkte und die optimale Strategie.

Jedes der Zahnräder von Tzolk’in hat dabei individuellen Charakter. Eines verschafft nur – aber immerhin – Mais und Holz, was beides wichtig ist und für alles mögliche gebraucht wird. Ein anderes trägt zusätzliche Ressourcen wie Stein, Gold oder Kristallschädel ein. Das dritte Rad erlaubt den Bau von Gebäuden und Monumenten, die Vorteile für den weiteren Spielverlauf oder Siegpunkte am Ende der Partie verschaffen. Weiter gibt es technologische Fortschritte für den jeweiligen Spieler. Damit dieser noch mehr Mais, Holz oder was auch immer ernten kann. Andernorts ist eine zusätzliche Spielfigur erhältlich. Oder der Aufstieg in einem von drei Tempeln, in denen es zusätzliche Ressourcen oder Punkte zu gewinnen gibt. Beim letzten Rad schließlich können Kristallschädel abgelegt werden im Tausch gegen Punkte, Rohstoffe und weitere Schritte in einem der Tempel. Alles ist nützlich. Aber alles ist umkämpft und der eigene Aktionsradius begrenzt durch die geringe Anzahl der eigenen Arbeiter und die allgemeine Ressourcenknappheit.

Zwar gibt es durch das Drehen des Hauptrades jede Runde neue Gratisfelder zum Einsetzen von Figuren in Tzolk’in. Ein Vorteil für den jeweiligen Startspieler. Wer allerdings gleich mehrere oder attraktivere Felder belegen möchte, muss Mais abgeben. Irgendwann wird so selbst der größte Vorrat knapp. Also muss Nachschub her. Doch eigentlich möchten die Figuren in diesem Brettspiel für viel Wichtigeres und Lukrativeres eingesetzt werden als für das Einsammeln von Mais. Außerdem muss stets wieder mindestens ein Arbeiter rausgenommen werden, wenn kein neuer eingesetzt werden kann. Das tut weh. Besonders weil er in der nächsten Runde auf dem nachfolgenden Feld noch viel Tolleres verdienen würde. Tzolk’in ist eine herrliche Herausforderung und Optimierungsaufgabe für Taktiker und Strategen aller Art. Und zugleich ist das Spiel absolut transparent, weil jeder sieht, was der andere hat und planen könnte. Grandios.

Es gibt noch weitere trickreiche Einzelheiten bei Tzolk’in. Beispielsweise das Erntedankfest mit der Pflicht zum Ernähren der Arbeiter. Schon wieder geht Mais raus, der dann für anderes fehlt. Oder die Möglichkeit zum Erwerb des Startspielervorteils. Mit dem Recht zum nochmaligen Drehen des Hauptrades. Das kann die Pläne der Mitspieler arg durchkreuzen oder zumindest erschweren. Das kollektive Aufheulen der Gegnerschaft am Tisch muss man ganz einfach mal erlebt haben!

Bei alledem ist der Ablauf von Tzolk’in wirklich alles andere als kompliziert (wenn die Einzelheiten erst einmal verstanden sind). Das Gewinnen hingegen fällt schwer. Gerade weil derart viele Möglichkeiten offen stehen. Und praktisch keine Zufallselemente das Geschehen verfälschen. Umso mehr darf sich freuen, wer schlussendlich als Sieger feststeht. Ein schöner Augenblick. Der hart verdient werden musste. Bei Tzolk’in gibt es keine Zufallssieger. Es ist so in der Kategorie der anspruchsvollen Spiele der letzten Zeit sicher eines der interessantesten. Und innovativ und herausfordernd noch dazu. Gut, dass aus dem Weltuntergang nichts geworden ist. Es wäre schade um unser Spielvergnügen gewesen. Sehr sogar.

Infos zu Tzolk’in

  • Titel: Tzolk'in
  • Verlag: Czech Games Edition
  • Autor: Daniele Tascini, Simone Luciani
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 13
  • Dauer in Minuten: 90
  • Jahrgang: 2012

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