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Autor Heinrich Glumpler über Perry Rhodan: Die kosmische Hanse

Die kosmische Hanse von Kosmos

Lizenz zum Handeln

Heinrich, mit Die Kosmische Hanse veröffentlichst du ein Spiel unter dem Obertitel „Perry Rhodan„. Wie kam es zu dieser thematischen Einbettung und zur Lizenz? Bist du selbst Fan von der Groschenromanserie?
„Wäre mir eines der Hefte früher in die Hände gefallen, würde ich heute vielleicht Perry-Rhodan-Geschichten schreiben, anstatt Brettspiele zu entwickeln – wobei fraglich ist, ob die Science-Fiction-Serie davon profitiert hätte :-).
Tatsächlich las ich erst im biblischen Alter von 22 Jahren ein Perry-Rhodan-Heft. Dabei wurde mir bewusst, wie viel ich schon verpasst hatte – immerhin gibt es die Serie schon seit 1961! Ich sah keine Chance, das alles aufzuholen und wandte mich deshalb anderen Hobbys zu. Als Fan kann ich mich also nicht bezeichnen, allerdings freut es mich sehr, dass ich doch noch einmal die Gelegenheit bekommen habe, das ebenso erstaunliche wie faszinierende Perryversum und dessen Fangemeinde kennen zu lernen.
Das von mir entwickelte Spiel war als Hommage an das großartige Brettspiel Merchant of Venus gedacht und lief zunächst unter dem Arbeitstitel Venus Connection.
Als ich den Prototypen auf dem Spielewahnsinn in Herne demonstrierte, hatte ich Gelegenheit, es Fitz Gruber vom Kosmos-Verlag zu zeigen. Dessen positives Feedback motivierte mich dazu, intensiv an dem Spiel weiterzuarbeiten. Er sagte mir später, dass er bereits damals mit dem Gedanken spielte, dass sich das Spiel eventuell mit einer Perry Rhodan-Lizenz verbinden ließe. Als ich das Spiel dann in Göttingen beim Spieleautorentreffen ein weiteres Mal demonstrierte und es erneut positiv bewertet wurde, ergab sich eine Zusammenarbeit mit Wolfgang Lüdtke (TM-Spiele/Kosmos-Redaktion), was schließlich, da der Pabel Moewig Verlag sich ebenfalls interessiert zeigte, zur Veröffentlichung unter dem Obertitel Perry Rhodan führte.“

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Weltraumspiele sind in der Regel nicht besonders massenkompatibel. Wäre ein anderes Thema nicht erfolgversprechender gewesen?
„Da zitiere ich mal George Bernhard Shaw: ‚The reasonable man adapts himself to the world; the unreasonable one persists to adapt the world to himself. Therefore all progress depends on the unreasonable man.‘
Was Science Fiction und Brettspiele angeht, muss ich mich wohl in diesem Sinne zu den ‚unvernünftigen‘ Leuten zählen, da ich immer wieder gerne Science-Fiction-Themen verfolge.
Konkret auf das Perry-Rhodan-Spiel bezogen waren solche Betrachtungen jedoch irrelevant, da mein Plan darin bestand, mit Venus Connection ein Spiel im Eigenverlag herauszubringen, dass die wesentlichen Charakteristika von Merchant of Venus besaß, einem Brettspiel, das vor längerer Zeit bei Avalon Hill erschienen ist und – meiner Meinung nach – zu den Klassikern zählt.
Es sollte sozusagen eine minimalistische ‚Cover-Version‘ von Merchant Of Venus werden mit der relativ kleinen Zielgruppe von Spielern, die mit diesem wunderbaren Spiel vertraut sind. Mein Partner bei der Edition Erlkönig, Mario Truant, machte mir aus Kostengründen jedoch sehr strikte Vorgaben: 110 Karten, kein Spielplan, keine Stanzteile, kein Würfel. Das war hart! Aber man wächst ja mit seinen Herausforderungen.
Ich nutzte einige recht ungewöhnliche Mechanismen aus, um diesen Randbedingungen gerecht zu werden, ohne das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren, und das Ergebnis war ein typisches Mehrpersonenspiel, das mit multifunktionalen Karten arbeitete.
Ich hatte sehr darauf geachtet, trotz der ungewöhnlichen Machart einen flüssigen Spielablauf zu gewährleisten und nach verschiedenen Tests kam es zum Kontakt mit den Leuten vom Kosmos-Verlag, denen das Spiel so gut gefiel, dass sich eine Zusammenarbeit entwickelte.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich Venus Connection zum ersten Mal mit Wolfgang Lüdtke spielte. Er war todmüde, ließ sich das Spiel aber trotzdem erklären – und zeigte sich positiv überrascht, dass das Spiel in der Lage war, ihn wieder wach werden zu lassen.
Meine Motivation für die Entwicklung eines Science-Fiction-Spiels war also meine Begeisterung für Merchant Of Venus. Die Motivation für den Kosmos-Verlag lag vor allem in der Kombination mit der Perry-Rhodan-Lizenz.“

Um was geht es inhaltlich bei Die kosmische Hanse?
„Vor kurzem wurde ein abgelegenes Planetensystem entdeckt, in dem sich manch merkwürdige uralte Technologie finden lässt. Verschiedene Sternenvölker haben sich in diesem System niedergelassen und die Spieler transportieren Waren und Passagiere zwischen den sechs Planeten dieser Völker, um möglichst schnell viel Geld zu verdienen. Der Spieler, der als Erster eine bestimmte Summe erreicht, gewinnt das Spiel.
Anstatt das verdiente Geld anzusparen, um das Spielziel zu erreichen, kann man es auch in Technologien investieren (zusätzliche Triebwerke, Spezialfähigkeiten, et cetera), um die gestellten Transportaufgaben schneller bewältigen zu können und so in kürzerer Zeit mehr Geld zu verdienen.
Damit ergibt sich ein interessantes Dilemma (mit dem man auch im großen Vorbild Merchant of Venus zu tun hat): Wie lange investiere ich noch in Technologien und wann fange ich an, mein Geld zu sparen, um zu gewinnen?
Wenn ich zu wenig investiere, wird mein Gegner das tun und so schneller und effektiver voran kommen. Wenn ich zu viel investiere, falle ich zu weit zurück und mein Gegner gewinnt, obwohl er eigentlich langsamer voran kommt als ich.“

Wie setzt du das im Spiel um?
„Beide Spieler haben einen identischen Satz von 30 Karten, von denen sie maximal fünf Karten ständig auf der Hand haben. Diese Karten zeigen zum einen Technologien, die sie kaufen können, um sich permanent Vorteile zu verschaffen, und zum anderen Interventionen, die ihnen einen temporären Vorteil für die Dauer eines Spielzuges geben.
Den zentralen Mechanismus bilden die Warenkärtchen, mit deren Transport die Spieler ihr Geld verdienen. Mein Ziel bestand darin, ein System zu finden, das einfach zu handhaben ist und die Spieler zugleich vor interessante Aufgaben stellt.
Es sind 30 Warenkärtchen im Spiel, die jeweils an einem der sechs Planeten zum Transport ausliegen. Auf der einen Seite eines Warenkärtchens ist eine Ware und der Planet zu sehen, zu dem sie transportiert werden muss, ebenso wie der Betrag, den man bekommt, wenn man das Ware dort abliefert.
Nimmt man die Ware an Bord (das Einladen der Waren ist kostenlos), kann man sie zum Zielplanet bringen und erhält den aufgedruckten Betrag. Der Clou besteht darin, dass die Karte dann umgedreht wird – und auf der anderen Seite ist eine andere Ware mit einem anderen Zielplaneten zu sehen, sodass durch das Abliefern direkt ein neuer Auftrag entsteht. Jedes Warenkärtchen zeigt also auf beiden Seiten eine – voneinander verschiedene – Transportaufgabe und den Betrag, den man damit verdient. Die Grundidee der Warenkärtchen ist übrigens die gleiche wie in meinem abstrakten Spiel Tschuk, das in diesem Herbst beim 3-Hirn-Verlag erschienen ist.
Alle Warenkärtchen, die an einem Planeten ausliegen, werden bezüglich ihres Zielplaneten zusammen gefasst und können zusammen transportiert werden. Bei der Ablieferung bekommt man dann die Summe ihrer Erlöse, sodass sich auf natürliche Weise auch unterschiedlich attraktive Transportaufgaben ergeben.
Zudem verschwinden die Warenkärtchen nach einer simplen Regel nach und nach aus dem Spiel. Auf diese Weise entsteht eine wachsende Nachfrage, was durch einen Bonus für den Spieler simuliert wird, der Waren an einem Planet abliefert, der selbst keine Waren mehr zum Transport anbietet.“

Das Spiel ist für zwei Spieler. Warum diese Beschränkung?
Venus Connection – der Urahn – war ursprünglich für bis zu fünf Spieler gedacht und funktionierte auch für diese Anzahl, da die Spieler bezüglich ihrer Aktionen engen Restriktionen unterworfen waren. Die Anzahl der Optionen pro Spielzug war minimal, sodass man rasch wieder an der Reihe war. Während der weiteren Entwicklung kamen jedoch Karten ins Spiel, die sich auf sehr variable Weise einsetzen ließen. Es ergaben sich mehr Freiheiten bei der Gestaltung des eigenen Spielzuges, weshalb ich die Anzahl der Spieler sukzessive reduzierte, um trotzdem ein flüssiges Spiel zu ermöglichen.
Die Entscheidung schließlich auf zwei Spieler herunterzugehen, ergab sich aus dem Wunsch, das Spiel taktischer zu gestalten und trotzdem innerhalb eines Zeitlimits von etwa 45 Minuten pro Partie zu bleiben. Eine Entscheidung, die später dazu beitrug, dass Kosmos sich für eine Veröffentlichung entschied – das Spiel passte nun perfekt in die Reihe ‚Spiele für Zwei‘.“

Was sollten Spieler in ihrer ersten Partie beachten, um nicht gegen den Mitspieler hoffnungslos zu verlieren?
„Es ist natürlich von Vorteil, die verschiedenen Karten und ihre Auswirkungen zu kennen – aber wie im richtigen Leben lernt man am besten durch (leidvolle) Erfahrung. Alleine aus diesem Grund wird man seine erste Partie gegen einen erfahrenen Spieler zwangsweise verlieren.
Um nicht hoffnungslos zu verlieren, kann ich nur empfehlen, das Spiel genau zu beobachten. Jede einzelne Partie hat einen bestimmten Charakter, der zum einen natürlich durch die Auswahl von Karten bestimmt wird, die man auf die Hand bekommt und zum anderen durch die Warenverteilung beeinflusst wird.
Es gibt zum Beispiel Partien, in denen die Waren rasch aus dem Spiel verschwinden, während in anderen Partien bis zuletzt ein reichhaltiges Angebot vorherrscht. In einem Fall ist es sinnvoll in Technologien zu investieren, die das Raumschiff schneller machen, im anderen Fall ist man besser beraten, dessen Transportkapazität zu erhöhen.
Grundlage für die Auswahl der Technologien muss immer die konkrete Partie bleiben – es gibt keine ‚Killer-Combo‘. Selbst wenn es eine Kombination von Karten geben sollte, mit der man alle Spiele gewinnt – oder wahrscheinlich gewinnt – können diese Karten mit etwas Pech ganz unten im eigenen Stapel liegen, sodass man sie erst spät im Spiel zu sehen bekommt – … zu spät, um sie noch nutzen zu können.
Reizvoll erschien bei allen Tests immer wieder der Umstand, dass sich unvermittelt eine Gelegenheit eröffnet, einen teuflischen Plan zu entwickeln und umzusetzen. Vielleicht kann man in einem Spielzug billig drei Technologien kaufen oder die fette Ladung des Gegners kurz vor der Ablieferung kapern – entscheidend ist somit auch, solche Gelegenheiten nicht zu verpassen.
Ich denke, es gewinnt in den meisten Fällen derjenige, der entweder das Spiel steuert, sodass es zu seinen Ressourcen passt, oder seine Ressourcen so wählt, dass sie zu dem sich entwickelndem Spiel passen.“

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