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Warum das Spiel Domus Domini per Crowdfunding finanziert werden soll

Domus Domini von franjos

Franz-Josef Herbst von franjos über neue Verleger-Chancen und ihre Grenzen

Franz-Josef, du hast gerade auf Startnext ein Crowdfunding-Projekt für das Spiel Domus Domini gestartet. Zunächst einmal die Frage: Um was geht es in diesem Spiel inhaltlich?
Domus Domini spielt um das Jahr 1088. Die Spieler unterstützen den Großabt von Cluny beim Bau der Kirche Cluny III, indem sie mit ihrem Kloster Erträge erwirtschaften. Diese werden für die Ernährung der Bauarbeiter benötigt.“

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Wie funktioniert das im Spiel? Welche Mechanismen greifen, die für den Spielspaß maßgeblich sind?
Domus Domini wird in Runden gespielt, die wiederum in neun Phasen unterteilt sind. Zunächst investieren die Spieler in den Ausbau ihres Klosters, um damit die Erträge zu steigern. Die erwirtschafteten Erträge werden dann verglichen. Bevor es zur Vergabe von Ruhmespunkten (=Siegpunkten) kommt, können die Spieler noch Einfluss auf die Rangfolge nehmen, indem sie ihren ‚Mitbrüdern‘ Bettler schicken oder zusätzlich Gemüse abliefern.
Die meisten Ruhmespunkte in einer Runde bekommt schließlich der Spieler mit dem höchsten Ertrag. Allerdings bekommt er die wenigsten Taler. Diese werden aber in der folgenden Runde dringend benötigt, um den Ausbau des Klosters voranzubringen.
Domus Domini ist sehr interaktiv. Insbesondere in der Experten-Variante können sich die Spieler schon ordentlich ‚in die Suppe spucken‘. Wer gewinnen will, muss eine gute Mischung aus Punktgewinn und Talergewinn finden. Es bringt nichts, jede Runde viele Punkte gewinnen zu wollen, weil einem anschließend die Luft bei den Investitionen ausgeht. Aber nur mit Talern alleine ist Domus Domini auch nicht zu gewinnen.“

Autor Heinz-Georg Thiemann hat unter anderem das sehr komplexe Planet Steam entwickelt. Ist denn Domus Domini ein Spiel, das zum Familienspieleverlag franjos passt?
„Der erste Prototyp von Domus Domini (dabei ging es noch um das Tunen von Rennwagen) hätte gut in das franjos-Programm von vor zehn Jahren gepasst. In der heutigen Zeit hätte das Spiel zwischen den Stühlen gesessen: für den Normalspieler zu kompliziert und für den Vielspieler zu einfach. Deshalb hätte das Spiel für die Zielgruppe von franjos abgespeckt werden müssen.
Allerdings hätte das Spiel dann nicht mehr den Ansprüchen von Heinz genügt. Darum haben wir uns entschieden, dem Spiel mehr Komplexität hinzuzufügen, damit es die Ansprüche der Vielspieler erfüllt. Jetzt ist Domus Domini kein Familienspiel mehr und deshalb nicht zum normalen Programm passend. Sollte das Spiel in Produktion gehen wird es aus diesem Grund auch ein angepasstes franjos-Logo dafür geben.“

Bislang ist franjos als Spieleverlag bekannt, der kontinuierlich jedes Jahr mindestens ein Spiel veröffentlicht. Was sind die Gründe, dass du von den typischen Weg einer normalen Finanzierung abweichst und Domus Domini als Projekt auf Startnext anbietest?
„Die bisherige Veröffentlichungspraxis wird auch beibehalten. So wird im Herbst eine neue Ausgabe von Kupferkessel Co. erscheinen. Gegenüber dem Original (2-Personen-Spiel) wird es etliche Änderungen geben. Damit ist es für 2-4 Spieler spielbar und passt ganz wunderbar in das normale franjos Familienspiele-Programm.
Domus Domini ist wegen seiner Komplexität für mich ein höchst riskantes Verlagsprojekt. Es würde in Essen mit mindestens 50 anderen Spielen um die Gunst der Vielspieler buhlen. Wenn man Glück hat, landet es bei der (FAIRPLAY-) Scoutaktion auf einem der ersten drei Plätze und der Erfolg ist gesichert. Nach meiner Einschätzung setzen sich auf der Messe höchstens fünf bis acht Spiele durch. Gehört ein Spiel nicht dazu ist es quasi tot.
Das hat zunächst mal nichts mit der Spielqualität selber zu tun, sondern lediglich mit der Marktsituation in Essen. Da ich als Verleger überhaupt nicht einschätzen kann, wo ‚mein‘ komplexes Spiel landen würde, war mir das Risiko einer vollständig selbst finanzierten Veröffentlichung zu groß. Es wäre für mich wie Lotto spielen.
Man könnte das mit der Situation bei den gerade erschienenen Stefan-Feld-Spielen (Bora Bora, Rialto, Brügge) vergleichen. Sollte sich hier bei den Vielspielern ein eindeutiger Favorit herausstellen, sind die übrigen Spiele zum schnellen Tod verurteilt. Schließlich gibt es in Essen ja schon wieder reichlich Nachschub. Das hat dann nichts mit der Spiele-Qualität an sich zu tun, sondern einzig mit der momentanen Konkurrenzsituation. Erschienen die Spiele zu unterschiedlichen Zeiten könnten alle drei erfolgreich sein.
Durch das Crowd-Funding sehe ich die Möglichkeit, Domus Domini in einer kleinen Auflage zu produzieren, weil durch die Vorfinanzierung durch die Supporter das Risiko deutlich gemildert wird.“

Wie groß wird denn die Auflage von Domus Domini sein? Und wird es in Abhängigkeit von der gesammelten geldmenge Boni für die Supporter geben?
„Die Auflage wird zwischen 1.000 und 1.500 Stück liegen. Die Supporter bekommen eine gedrechselte Spielfigur als Bonus. Außerdem ist der Preis für Domus Domini als Supporter günstiger als der spätere Messe-Preis in Essen sein wird.
‚Stretch-Goals‘ wie bei anderen Projekten wird es nicht geben. Ich bin der Ansicht, wenn Erweiterungen wirklich Sinn machen (das Spiel verbessern), dann sollten sie zum Grundspiel dazugehören. Bei Domus Domini wird die Qualität von vornherein den hohen franjos-Ansprüchen genügen. Deshalb gibt es keinen Grund für weitere Boni.“

Was passiert bei einem Scheitern? Ist das nicht ein Imageverlust für deinen Verlag und eine Crowdfinanzierung dadurch eine heikle Angelegenheit?
„Sollte sich herausstellen, dass ‚die Crowd‘ an dem Spiel nicht interessiert ist, hätte ich viel Geld gespart, was mir sonst für das normale Verlagsprogramm fehlen würde. Allerdings wäre es schade um Domus Domini, weil ich es nach vielen Testpartien für ein richtig gutes Spiel halte.
An einen Imageverlust glaube ich nicht. Ein Imageverlust würde sich dann einstellen, wenn das Projekt erfolgreich wäre und sich später herausstellen würde, dass das Spiel nichts taugt. Aber hier bin ich als Verleger gefragt, genau das zu verhindern.“

Wie unterscheidet sich für dich als Verleger die Arbeit an einem Spiel, das normal finanziert wird und an einem Spiel, das per Crowdfunding finanziert wird?
„Die Finanzierung über Crowdfunding ist deutlich aufwändiger. Alleine die Anfertigung eines halbwegs vorzeigbaren Prototypen, mit dem ich dann die Regel-Erklärvideos gedreht habe, war sehr aufwändig. Auch das Drehen der Videos war für mich Neuland und entsprechend arbeitsintensiv. Die englische Regelübersetzung musste beauftragt werden, ohne dass schon ein fertiges Spiel vorliegt (Danke an Sybille und Bruce an dieser Stelle).
Auch jetzt ist immer noch viel zu tun. Schließlich muss die Kampagne auch bekanntgemacht werden. Wenn es neue Grafik-Entwürfe gibt, müssen diese veröffentlich werden. Die Kommunikation mit den Fans und Supportern muss zeitnah erfolgen, natürlich auch, wenn das Projekt erfolgreich ist. An mir selber als Supporter habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, auf dem Laufenden gehalten zu werden, wenn man Geld bezahlt hat und jetzt auf das Endergebnis wartet. Diese Arbeiten fallen bei einer Selbst-Finanzierung weg.“

Crowdfunding wird auch von einigen größeren Verlagen genutzt, um Spiele zu produzieren. Zum Teil sogar für einen Großteil des Verlagsprogramms. Gesetzt den Fall, du sammelst gute Erfahrung mit dieser Methode: Wo ziehst du die Grenzen zwischen Finanzierung per Crowdfunding und Eigenfinanzierung eines Spiels? Wird es ggf. zukünftig ein normales franjos-Spiel geben, dessen Produktionskosten per Crowdfunding gestemmt werden?
„Zu dem Thema habe ich im Vorfeld auch schon viele Meinungen von Spielern gelesen. Es gab da auch eine Meinung, dass es Aufgabe eines Verlages sei, das finanzielle Risiko zu tragen. Das sehe ich anders. Wichtigste Aufgabe eines Verlages ist es, Spiele herauszubringen, die die Spieler haben wollen. Da jede Veröffentlichung eines Spieles an den Wünschen der Spieler vorbeizielen kann, halte ich Crowdfunding für eine gute Möglichkeit, das Interesse im Vorfeld abzuklopfen. Insbesondere bei Spielen, die vom Anspruch/der Zielgruppe neben dem normalen Verlagsprogramm liegen. Oder bei Spielen, die vom Material her ungewöhnlich sind. Deshalb kann ich mir das für das reguläre franjos-Programm nicht vorstellen.
Man darf dabei natürlich nicht vergessen, dass die komplette Vorfinanzierung eines Spiels sehr teuer ist. Wenn einige größere Verlage viele Spiele veröffentlichen, dann kann ich mir schon vorstellen, dass da schnell auch finanzielle Grenzen eine Rolle spielen und deshalb Crowdfunding genutzt wird. Bei einem einzelnen Spiel pro Jahr wie bei franjos sieht das sicher etwas besser aus.“

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