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Journalist Heiko Frings über den Tellerrand der Spieleszene

Der Wurf Holunder - Heikos Mitarbeiter von Heiko Frings

Interview mit einem Spielonauten

Heiko, wie kommt ein Journalist dazu, seine Spiele-Rezensionen, die er für verschiedene Zeitungen schreibt, zusätzlich im Internet zu veröffentlichen? Noch dazu „kostenlos“?
„Die Süddeutsche wollte das damals so, weil es auch unter den Rezensionen meines Vorgängers Michael Knopf immer einen Verweis auf seine Website gegeben hatte. Mit zunehmendem Leserinteresse hat spielonaut.de dann eine gewisse Eigendynamik entwickelt, aber deshalb muss ich ja nicht gleich Geld dafür verlangen.“

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Ist Spielonaut also aus der Not geboren? Hattest du gar nicht vor, eine Spiele-Webseite zu machen?
„Not? Nein, das nun wirklich nicht. Eine Website wollte ich schon irgendwann basteln, nur nicht so plötzlich und so schnell. Wobei der frühe Spielonaut dann ja auch einige Monate als Provisorium im Netz gestanden hat.“

Wie bist du eigentlich auf den Namen Spielonaut gekommen und wer ist dein neuer Mitarbeiter, der Wurf?
„Die meisten guten Namen waren schon vergeben, inklusive ‚wuerfelhusten.de‘. ‚Spielknecht‘ – in Anlehnung an die grandiosen Bierknechte in der Nürnberger Lederer-Brauerei – war damals noch frei, aber so richtig als Knecht sah ich mich dann doch nicht. Da traf uns (meine Freundin Monika und mich) dann beim gemeinschaftlichen Brainstorming wie ein Blitz der Spielonaut. Womit zugleich das Webdesign auf der Hand lag, was sehr praktisch war.
Tja, und mein neuer Mitarbeiter, der Wurf? Da er im Moment gerade neben mir auf seinem Tuborg-Klappstuhl sitzt und mich argwöhnisch beäugt, will ich es mal so formulieren: Er ist ein ganz außerordentlich kluges Plüschtier von beträchtlicher Bildung und charakterlicher Größe. Welch‘ Glück, an seiner Seite arbeiten zu dürfen! Können wir jetzt bitte das Thema wechseln?“

Du kennst sowohl den Printbereich als auch die Online-Welt der Spiele-Magazine. Immer weniger Tageszeitungen berichten über Spiele. Siehst du Spiele-Webseiten als Ergänzung, vielleicht sogar als Ersatz oder eher als Bedrohung der wenigen echten Spielemagazine?
„Sicher, viele Zeitungen sparen zuerst an den Spielen. Aber es gibt ja auch andere Beispiele. Der Rheinische Merkur etwa bringt neuerdings ab und zu eine ganze Spieleseite. Es geht also, man muss nur manchmal das Glück haben, auf aufgeschlossene Redakteure zu treffen. Und bei den so genannten ‚echten‘ Spielemagazinen habe ich eher den Eindruck, dass die sich selbst im Weg stehen. Spartenzeitschriften wie ‚White Dwarf‘, ‚Nautilus‘ oder ‚Mephisto‘ beweisen doch, dass man es aus der Szene heraus in den Zeitschriftenhandel schaffen kann, und deren Klientel dürfte um einiges überschaubarer sein als die Brettspiel-Szene.
Eine Bedrohung für die Spielemagazine kann ich im Internet jedenfalls beim besten Willen nicht erkennen. Trotz der riesigen Lovecraft-Fangemeinde im Netz und etlicher hochklassiger Websites erscheint zum Beispiel die ‚Cthulhoide Welten‘ mit schöner Regelmäßigkeit als Heft. Sie wird sogar von Ausgabe zu Ausgabe noch immer besser. Und ohne das Internet gäbe es die ‚Transactions of the Royal Martian Geographical Society‘ für das Space 1889 Rollenspiel längst nicht mehr.“

Was meinst du mit „selbst im Weg stehen“? Glaubst du, dass den Redaktionen der Spielemagazine der Blick über den Tellerrand fehlt? Wie macht sich das bemerkbar? Sind vielleicht gerade Web-Angebote wie Spielonaut am Ende sogar förderlich für die Weiterentwicklung der Spieleszene?
„Mit ’selbst im Weg stehen‘ meine ich, dass die Magazine für Mainstream-Spiele viel weiter verbreitet sein müssten, als sie es im Augenblick tatsächlich sind. An einer zu kleinen Klientel kann das nicht liegen. Und ich denke schon, dass Spiele-Websites zumindest einen kleinen Teil der Lücke schließen helfen, die durch den Verlust von Spielkolumnen in der Tagespresse entstanden ist; auch wenn die Masse der Gelegenheitsspieler so wahrscheinlich kaum zu erreichen ist.“

Wie glaubst du, kannst du mit Spielonaut die Szene beeinflussen? Welchen eigenen Anspruch hast du?
„‚Beeinflussen‘ ist in diesem Zusammenhang das falsche Wort. Der Spielonaut soll ein hilfreicher Leitfaden sein, an dem sich die Leser orientieren können. Wenn es mir dabei gelingt, die ganze Bandbreite des Spiels professionell und unterhaltsam abzudecken, ohne ein bestimmtes Genre auszugrenzen, bin ich zufrieden.“

Sind die Leser mit der Bandbreite zufrieden oder fühlen sie sich vielleicht mit Texten zu zum Beispiel Tabletop-Spielen sogar „überfordert“ oder können damit nichts anfangen?
„Die Zahl der Rückmeldungen ist überschaubar, meistens geht es nur darum, wo man rezensierte Spiele kaufen kann. Durch die Weblogs weiß ich aber ganz gut bescheid, was beim Leser ankommt und was nicht. Und ganz vorne in der Statistik finden sich regelmäßig die vermeintlichen Exoten von Fanpro, Games Workshop und Phalanx Games. Die Halbwertszeit konventioneller Brett- und Kartenspiele ist da schon wesentlich kürzer. Wobei man natürlich nicht außer Acht lassen darf, dass sich die wenigsten Kritiker oder Websites überhaupt mit Tabletopspielen auseinandersetzen. Viele Leser werden schon deshalb spielonaut.de gebookmarkt haben. Wenn jedenfalls jemand mit Tabletop-Spielen ‚überfordert‘ sein sollte, dann allem Anschein nach nicht die Leser.“

Was spielt eigentlich du als Kritiker gerne? Kommst du überhaupt dazu, mal etwas zu spielen, was nicht rezensiert werden muss – also wirklich mal nur zu spielen?
„Früher habe ich so oft wie möglich Cthulhu und Warhammer 40.000 gespielt; ganz besonders mag ich auch immer noch Minion Hunter, Temple Of The Beastmen und Dungeonquest. Zu zweit spiele ich am liebsten Rosenkönig, Abalone oder Awful Green Things From Outer Space. Aber für solche Extravaganzen bleibt neben der professionellen Spielerei fast gar keine Zeit.“

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