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Vorgestellt: Autor und Illustrator Frank Czarnetzki

Frank Czarnetzki von Frank Czarnetzki

Spiele erträumen

Frank Czarnetzki ist Autor und Grafiker, er gewann 2002 in Göttingen den Förderpreis für Nachwuchsautoren, illustrierte die Spiele Zoo Sim (Cwali) und Capt’n Clever sowie veröffentlichte bei Haba sein Spiel Schmackofatz. Der 36jährige („Vor sechs Jahren war ich noch 30, aber man ist so jung, wie man verspielt ist“) steckt zum Zeitpunkt des Interviews im Diplom zum Kommunikationsdesigner. Wenn er sich mal nicht mit Spielen oder Zeichnen beschäftigt, treibt er gerne Sport. Aikido, Jogging, alles was Spaß macht und Bewegung bringt. Er liest sehr viel und geht sehr gern mit seiner Freundin Petra und Freunden ins Theater oder Kino. Für Fernsehen ist dagegen kein Platz. („Verarschen kann ich mich selber.„) Ruhe und Entspannung sucht Frank in der Natur, besonders im Wald. Wir haben ihn zum Förderpreis und seinen ersten Veröffentlichungen befragt.

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Frank, dir sagt man nach, du würdest deine Spielideen erträumen. Ist das wahr?
„Ja, das ist wahr. Das bezieht sich jedoch nur auf einige Spiele. Bei Sumo hatte ich bereits das Spielprinzip im Traum gesehen, der Themenvorschlag kam dann sofort beim Frühstück von meiner Lebensgefährtin Petra. Strateggia di Vento, ein Spiel, indem man die Windrichtung so drehen muss, dass dieser in die eigenen Segel geht, habe ich komplett ‚erträumt‘. Zirka drei Wochen später war der Prototyp mitsamt Design fertig. Viele Tests haben ihn nicht verbessern können. Ich habe dann das Gefühl, dass dies ein Geschenk ist und die Dinge dann durch mich nur noch sichtbar und spielbar gemacht werden.
Eine weitere Spielidee kam mir während einer Meditation, eine andere beim Autofahren. Es geschieht plötzlich. Doch ob wir meditieren, Auto fahren oder träumen, die Ideen stammen alle aus einer Quelle, auf die jeder Zugriff hat. Nur jeder hat seine eigenen Methoden, wie er an diese Ideen herankommt. Ansonsten gehe ich sehr emotional an die Spiele heran, wobei ich meistens den Wunsch hege, eine schöne Geschichte erzählen zu können.“

Deine Spiele sind sehr aufwendig gestaltet. Fühlst du dich eher als Autor oder Designer?
„Ja, in der Tat, sie sind zum Teil sehr aufwendig und haben sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Das hat mich aber in Göttingen 2001 auch ein wenig bekannt gemacht. Als ich das erste Mal dort war, hatte ich aufgrund der schönen Prototypen kaum Zeit, zur Toilette zu gehen. Das brachte mich zu dem Entschluss, mich in Göttingen 2002 dann auch als Illustrator beziehungsweise Designer vorzustellen und meine Dienste auch in diesem Bereich anzubieten. Wenn ich wählen könnte, würde ich eher den Spiele-Autor vorziehen als den Spiele-Designer. Das Beste wäre, nur die eigenen Veröffentlichungen zu illustrieren. Der Verlag kann sich sicher sein, das der Autor als Grafiker alles gibt. Außerdem wäre alles aus einem Guss. Na ja, wer weiß …?“

Wer ist deine Zielgruppe?
„Weder als Spiele-Autor, noch als Spiele-Designer möchte ich mich auf eine Zielgruppe festlegen. Ich würde dadurch meine eigene Kreativität und Freiheit beschneiden. Wie sollte ich auch im Traum eine Zielgruppe festlegen? Auch die Grafik gehe ich eher intuitiv an, um mich in die Atmosphäre, die das Spiel hinterher haben soll hineinzufühlen.“

In Göttingen hast du uns erzählt, durch den Gewinn des Förderpreis für Nachwuchsautoren 2002 konntest du jede Menge wichtiger Kontakte gewinnen. Welche Kontakte sind das, inwiefern sind die wichtig?
„Die Kontakte sind wichtig, weil jeder gerne weiß, mit wem er es zu tun hat. Man sollte immer daran denken, dass man es vielleicht mit einem zukünftigen Geschäftspartner zu tun hat. Das gilt für beide Seiten. Da tut es doch gut, wenn beide sich schon einmal persönlich kennen gelernt haben. Bei den Ravensburgern weiß ich, wer für welche zukünftigen Ideen mein Ansprechpartner sein wird. Ich hatte je eine Woche lang Zeit, die Menschen von meinen Fähigkeiten zu überzeugen, oder auch nicht. Ich habe in jeder Station meines Stipendiums viele Informationen aus erster Hand erfahren können, die für mich nützlich sind. Ich bin mir sicher, dass sich daraus auch weitere Dinge ergeben werden. Außerdem hätte ich ohne Stipendium auch weniger Kontakt gehabt zum ‚Reich der Spiele‘. Oder vielleicht erst viel später. Göttingen ist zwar auch gut für persönliche Kontakte, viele Redakteure leiden aber unter permanenten Zeitdruck, sodass beim Verlag selbst eine noch gelöstere Atmosphäre herrscht.

Haben diese Kontakte konkret dazu beigetragen, Spiele zu veröffentlichen beziehungsweise für Grafikarbeiten beauftragt zu werden?
„Es ist noch zu früh, darüber etwas sagen zu können, da ich drei Stationen des Stipendiums erst vor einigen Monaten absolvierte. Nur das Spiele-Archiv in Marburg habe ich schon im letzten Jahr besucht und die Jury (Spiel des Jahres) selbst veröffentlicht ja keine Spiele. Mit Grafikaufträgen bin ich zum Glück erst mal ausgebucht. Wenn ich die erledigt habe, kann ich mich mit diesen Arbeiten auch bei anderen Verlagen vorstellen.“

Wie kam die Zusammenarbeit mit Corné van Moorsel (Zoo Sim) zustande?
„Corne zeigte schon in Göttingen 2001 starkes Interesse am Design des Spiels Sumo. Später habe ich ihm einen Spielgeldschein aus dem Spiel geschickt. Daraufhin hatte er sich wohl entschieden, mich für sein nächstes Projekt einzuplanen. Göttingen 2002 stellte er seinen Prototypen Zoo Sim vor, und es war sofort klar, dass ich dieses starke Spiel gerne illustrieren würde. Durch den Erfolg von Zoo Sim (1.500 Stück waren binnen zwei Wochen ausverkauft), liegt es nah, das noch mehr Projekte mit Corné geplant sind.“

Gibt es einen erkennbaren Unterschied, ob man mit oder für einen Kleinverlag wie Cwali oder einen großen Verlag wie Zoch arbeitet?
„Da Cwali sehr professionell arbeitet, gibt es nur geringe Unterschiede. Da die Verlage unterschiedliche Spiele machen, liegen die Schwerpunkte der Grafiken auch völlig anders. Bei Zoch muss sie ja meistens auch für Kinder geeignet sein, während Cwali-Spiele bis jetzt eher die Strategen ansprach. So unterschiedlich die Verlage auch sein mögen, mag ich es für beide gerne zu arbeiten. Ganz besonders möchte ich dem Zoch-Verlag an dieser Stelle danken, dass er von Anfang an großes Vertrauen in mich steckte und mir sofort den Auftrag für Capt´n Clever gab, ohne irgendwelche weiteren Illustrationen von mir zu sehen. Hierbei muss auch gesagt werden, dass ich den Auftrag gleichzeitig mit Zoo Sim bekam, auch wenn Capt´n Clever erst ein halbes Jahr später erschien.“

Ist schon abzusehen, welche deiner Spielideen als nächsten umgesetzt werden?
„Bei Zoch sind ein bis zwei Spiele in Planung. Das Erscheinungsdatum ist noch nicht entschieden. Bei Haba ist auch ein weiteres Spiel geplant. Detaillierte Informationen kann ich dazu aus verständlichen Gründen nicht geben. Wir werden es aber alle ganz bestimmt wissen, wenn die Spiele in den Regalen stehen.“

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Haba?
„Markus Nikisch interessierte sich sehr stark für mein Spiel Formicaze in Göttingen 2001. Seitdem ist er von der Aufmachung meiner Prototypen begeistert. Göttingen 2002 stellte ich das Kinderspiel Kleine Geister vor. Da hat Markus spontan zugeschlagen. Daraus wurde dann Schmackofatz. Das Spiel findet übrigens trotz kindgerechter Grafik großen Anklang in Erwachsenen-Spielrunden.“

Hast du durch den Förderpreis und die damit verbundenen Praktika eine andere Sichtweise bezüglich Spiele und Spieleszene/Spielemarkt gewonnen?
„Eine andere Sichtweise wäre sicher übertrieben. Aber ich habe Einsichten erhalten. Die enorme Größe von Ravensburger, die große, akribische Leidenschaft von Jean du Poel´s Kleinstauflagen, die Schwierigkeiten auch für den Spiele-Fachhandel gegenüber den Giganten Kaufhof, Karstadt et cetera bei Florian Herold in Lübeck. Nicht zuletzt hat mir das Spiele-Archiv Marburg einen tiefen Einblick in die vorhandene Spielwelt ermöglicht. Ich weiß jetzt, das sich bestimmte Spiele und Themen nicht in hohen Auflagen verkaufen lassen. Womit man am ehesten bei einem kleinen Verlag ankommt und so weiter. Aber letzten Endes sollte man sich nicht zu viele Gedanken darum machen. Wie viele Ideen wurden schließlich bei anderen Verlagen abgelehnt, während der Verlag, von dem man es am wenigsten vermutet hätte, eine Idee zu einem Erfolg macht.“

Welches Praktikum, das zum Förderpreis gehört, war das wichtigste für dich persönlich?
„Alle. Weil alles interessant war. Hier eine Wertung zu geben, fällt mir zum einen sehr schwer, zum anderen fände ich es ungerecht gegenüber allen, die sich bereit erklärten, einen Praktikanten aufzunehmen.“

Nachdem du jetzt die ersten kleineren Erfolge verzeichnen kannst: Gibt es einen Tipp an deine Kollegen, auf was sie bei ihrer Arbeit besonders achten sollten?
„Ja klar. Sieh dich in den Spielregalen der Kaufhäuser um. Achte darauf welche Themen es gibt. Vielleicht 20 Piratenspiele, 20 Quizspiele, zehn Ritterspiele, zehn Strategiespiele a la Siedler, Kinderspiele und vor allem Spiele mit leichtem Einstieg. Achte auf den Verlag, der hinter einem Spiel steckt. Freak-Spiele findest du nur im gut sortierten Spieleladen. Erkenne was der derzeitige Trend ist. Halte Ausschau besonders nach den Spielen, die es noch nicht gibt – es könnte eins von dir sein. Versuch trotzdem, anders zu sein, aber nicht zu anders. Gebe deinen Prototypen Atmosphäre, das heißt nicht, dass sie ausgefeiltes Design haben müssen. Nur, zu wenig ist zu wenig. Versuche, mit deiner Idee den Geist vieler zu treffen. Nicht nur den der Freunde und Verwandten. Geh nach Göttingen und zeig dich. Versteck dich nicht hinter deinem Spiel, sondern steh dazu und biete es selbstbewusst an. Seih dir jedoch immer im Klaren darüber, dass dein Spiel niemals fertig ist. Lass alle Vorschläge der anderen auf dich einwirken, sodass du flexibel bist mit deinen Spielregeln. Niemand erfindet ein Spiel alleine. Es ist immer ein Gemeinschaftsprodukt. Sei offen und zeige, dass du ein zuverlässiger und kein allzu verschrobener Autor bist, der nur seine eigenen Interessen im Kopf hat. Alles beruht auf Gegenseitigkeit.
Diese Tipps sind nur von Bedeutung, wenn du tatsächlich ein Spiel veröffentlichen möchtest. Sollte es niemals zu einer Veröffentlichung kommen, heißt das aber noch lange nicht, dass dein Spiel schlechter wäre. Vielleicht hast du es ja nur noch nicht dem richtigen Verlag angeboten.“

 

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