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Im Interview: Fritz Gruber

Fritz Gruber von Fritz Gruber

Über Kunst, Arbeit und Freizeit

Fritz, Du hast ja viele Funktionen: Pressestelle Kosmos, Spieleredaktion TM-Spiele/Kosmos, Autor von Das-Spitzweg-Spiel, die sich sehr schön ergänzen. Welchen „Job“ machst du am liebsten?
„Am liebsten ist mir die Kombination aus Presse und Spieleredaktion. Es ist sehr befriedigend, Titel, für die man sich in der Redaktionsarbeit stark gemacht hat, dann auch nach Außen tragen zu dürfen und zu sagen: „Seht her. Klassespiel!“
Eher problematisch ist da die dritte Komponente, die Funktion als Spieleautor; ich empfinde es als ziemlich undankbare Aufgabe, für sich selbst Pressearbeit zu machen. Wenn es um die Spiele anderer geht, dann fühle ich mich viel freier und darf ungehemmt davon schwärmen, wie gut ich das eine oder andere Spiel finde.“

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Wärst Du denn lieber Autor als Ansprechpartner für die Presse, wenn Du Dich nicht selbst vertreten müsstest?
„Ich habe, und das ist keine Ausflucht, sehr viel Spaß an all den Dingen, die ich gut machen kann. Wenn ich als Pressesprecher etwas Gutes für den Verlag allgemein und für das eine oder andere Spiel im besonderen bewirken kann, dann macht mich das sehr glücklich. Und wenn mir ein Spiel gelingt, das Menschen Spaß macht, dann bin ich gerne Spieleautor.“

Wir möchten den Leserinnen und Lesern die Personen und ihre Funktionen der Spieleszene etwas näher bringen: Wie kann man sich einen typischen Arbeitstag von dir vorstellen und was gehört alles in deinen Verantwortungsbereich?
„Typisch ist, dass ich tagsüber meist nur damit beschäftigt bin, Telefonate, E-Mails und Briefe (ja, die gibt es auch noch) zu beantworten, Besprechungstermine wahrzunehmen und meine beiden Kater zu bekochen. Abends ist dann die Zeit für kreatives und konzeptionelles Arbeiten. Nach 22.00 Uhr läuft es am besten.
Im übrigen gehören auch noch regelmäßige Wochenend-Zusammenkünfte mit meinen Redaktionskollegen beziehungsweise Mitgesellschaftern von TM-Spiele zur Routine. (Anmerkung der Redaktion: Neben unter anderem Klaus Teuber ist Fritz Gruber einer von fünf „Inhabern“ bei TM-Spiele)“

Testet ihr dann Prototypen, entwickelt ihr eigene Spiele oder besprecht ihr Marketing-Strategien?
„Sowohl als auch. Wir testen, spielen Änderungen durch, entwickeln eigene Spiele, reden uns den Mund fusselig über Gestaltungsfragen und verbringen unvorstellbar viel Zeit auch damit, Spiele so hinzubiegen, dass sie rein vom Material her noch bezahlbar bleiben.“

Ihr seid doch das Team hinter dem Pseudonym J.R.R. Hering (Spiele zum Thema „Der Herr der Ringe“). Warum habt ihr gerade dieses Pseudonym gewählt?
„Herr Prof. Dr. Hering (die Titel sind alle in Südamerika gekauft worden) begleitet TM schon seit dem ersten TM-Spiel vor elf Jahren. Herr Hering trat seinerzeit in Klaus Teubers Vernissage erstmals in Erscheinung und hat auf Grund seiner überwältigenden Persönlichkeit bei uns allen einen tiefen Eindruck hinterlassen.“

Etwas völlig anderes: Hat sich deine Pressearbeit für Kosmos mit Verschwinden der Pöppel Revue und dem Aufkommen der großen Zahl an Online-Magazinen stark verändert? Oder liegt der Schwerpunkt eh auf Tageszeitungen und ähnlichen Publikationen?
„Der Schwerpunkt lag und liegt ganz deutlich bei Printmedien, also Tageszeitungen und Illustrierten, sowie Rundfunk- und Fernsehanstalten. Neu und gewöhnungsbedürftig war in der Tat das Aufkommen unzähliger Online-Spieleseiten. Es ist sehr schwer, richtig abzuwägen, wessen Wünschen nach kostenlosen Rezensionsexemplaren wir nun nachkommen sollen, und welchen nicht. Damit das richtig verstanden wird: Würden wir alle Anfragen nach Rezensionsexemplaren (wohlgemerkt nur von Online-Spieleseiten) erfüllen, dann kämen allein hier pro Jahr zirka 2.000 Spiele zusammen, die wir kostenlos abgeben. Das hielte der stärkste Verlag auf Dauer nicht aus. Also muss selektiert werden. Bauchschmerzen macht mir, dass es meinerseits hier auch unvermeidlich hier und da mal zu Ungerechtigkeiten kommt.
Meine Antwort ist nicht als Qualifizierung, sondern in erster Linie als zeitliche Quantifizierung zu verstehen. Im Bereich der Print-, Radio- und Fernsehmedien haben wir zirka 600 Ansprechpartner, bei den Online-Spieleseiten sind es zirka 40.“

Bietet aber nicht das Internet die Möglichkeit, die Zielgruppe der Spiele-Interessierten sehr viel genauer zu bedienen, als es mit einer Rezension in einer Tageszeitung der Fall ist?
„Es versteht sich von selbst, dass ein gutes und etabliertes Internet-Forum für Spiele die Zielgruppe der Spiele-Interessierten sehr genau trifft. Aber damit das Spiele-Süppchen, das wir kochen, Substanz bekommt, bedarf es eben sehr vieler verschiedener Zutaten.
Ich halte Internet-Publikationen wie zum Beispiel Pöppelkiste, Hall 9000 oder eben Reich der Spiele weder für Randerscheinungen noch für nebensächlich. Was zählt, ist allein die Tatsache, ob solche Publikationen sich kompetent und objektiv zu Spielen äußern. Weniger schön finde ich es, wenn Internet-Seiten dazu missbraucht werden, versteckte Lobby-Arbeit für die Spiele des einen oder anderen Verlages zu machen.“

Du hast mit Das Spitzweg Spiel dein erstes Autorenspiel veröffentlicht. Wie bist du ausgerechnet auf Spitzweg gekommen?
„Das Thema ‚Spitzweg‘ ist auf mich gekommen. Genauer gesagt, der zur Kosmos-Gruppe gehörende Belser-Verlag. Belser hatte als renommierter Kunstbuchverlag den Auftrag erhalten, zu einer in München laufenden ‚Spitzweg-Ausstellung‘ – die größte Ausstellung, die es mit Werken dieses Malers je gegeben hat – einen Ausstellungskatalog sowie ein großes Spitzweg-Werkverzeichnis zu publizieren. Aus dieser Situation heraus wurde die Idee geboren, ein Spiel mit Bildern von Carl Spitzweg zu machen. “

Das Spiel konnte nur verzögert veröffentlicht werden. Was genau war das Problem?
„Im Spitzweg-Spiel finden sich eine Reihe von bislang weitgehend unbekannten Bildern. Viele davon befinden sich im Privatbesitz. Es hat nun einfach länger als erwartet gedauert, bis wir alle Rechte an den Abbildungen eingesammelt und unter Dach und Fach bekommen hatten.“

Bei Kosmos gibt es nur noch eine Marke, dein Spiel erscheint aber unter dem Verlagsnamen Belser. Hängt das mit der Kosmos-Strategie zusammen, neue Absatzmärkte anzupeilen?
„In gewisser Weise ja. Es gab ja schon ein Spiel, das unter dem Verlagsnamen Belser erschien, nämlich Das Spiel mit Kunst. Ein wichtiger Markt für Spiele wie Das Spitzweg-Spiel sind neben dem Spielwarenhandel auch die Buchläden und insbesondere die Museums-Shops beziehungsweise die Museumsbuchhandlungen. Da Belser besonders auf diesen wichtigen Zusatzmärkten zuhause ist, lag es nahe, hier mit dem Verlagsnamen Belser aufzutreten. “

In unseren Tests waren die Meinungen zu dem Spiel sehr gemischt. Der Mechanismus wurde von einigen sogar als eine Art 11er raus oder Mau Mau bezeichnet – jedenfalls als nichts neues. Ärgern dich solche Kritiken – besonders weil es dein erstes Spiel ist? Welche Zielgruppe soll das Spiel ansprechen?
„Nein, es ärgert mich überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich selbst habe größten Wert darauf gelegt, deutlich zu machen, dass beim Spitzweg-Spiel starke Verwandtschaften mit klassischen Romme-Spielprinzipien zu Tage treten. Mau Mau hingegen kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen; klingt ein bisschen so, als hätte sich jemand bemüht, einen für seinen Geschmack ganz besonders widerwärtigen Vergleich zu finden. Überhaupt nicht wichtig ist mir, ob es sich bei diesem Spiel um etwas ‚Neues‘ handelt. Hingegen sehr wichtig finde ich, dass diejenigen, die das Spiel zunächst mal vor allem deswegen kaufen, weil sie sich für die Bilder von Spitzweg begeistern, einen Mechanismus vorfinden, der ihnen vertraut vorkommt. Zumindest so vertraut, dass sie sich von vornherein sagen: Das schaff ich. Besonders freuen würde es mich, wenn das Spitzweg-Spiel auch bei älteren Menschen gut ankäme. Meinen Hang, unverstanden zu bleiben, tobe ich beim Bücherschreiben aus.“

Du schreibst auch Bücher? Welche Art von Büchern? Romane?
„Romane. Und weil diese Romane unter einem Pseudonym geschrieben sind, ich dank meines schlechten Gedächtnisses aber immer wieder vergesse, dass ich selbst es bin, der sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, passiert es mir beim Lesen oft, dass ich anfange zu rätseln, was sich der Autor bei der einen oder anderen Textpassage wohl gedacht haben mag.“

Dürfen wir uns auf weitere Spielideen von dir freuen oder ist Das Spitzweg Spiel für die nächste Zukunft deine einzige Veröffentlichung?
„Ich arbeite gerade an einem großen Spiel, das nichts mit Rommé oder Mau Mau zu tun hat.“

Wahrscheinlich möchtest du noch nicht viel mehr dazu sagen? Ist die Entwicklung schon so weit fortgeschritten, dass man von einer wahrscheinlichen Veröffentlichung bei Kosmos ausgehen kann?
„Ob das Spiel, wenn es denn mal fertig ist, bei Kosmos erscheinen wird, hängt ganz allein davon ab, ob eine Mehrheit bei TM zu der Überzeugung gelangt, das Spiel wäre gut. Wir behandeln ein Spiel, das von einem der TM-Mitglieder stammt, nicht anders als jedes andere Autorenspiel auch. Und das ist gut so.“

Ich kenne dich bisher als sehr humorvollen Typen mit einem fast schon etwas „schrägen“ Humor. Wie würdest du dich selbst charakterisieren?
„Als Elefant, der Angst vor Schlangen hat.“

Bleibt dir eigentlich Zeit für andere Hobbys als das Spielen?
„Jede Menge. Alle zehn Jahre male ich ein Bild, alle 15 Jahre schreibe ich ein Buch.“

Das klingt nicht gerade nach viel Freizeit … Bilder auch noch – welche Art von Bildern?
„Ich hatte mich vor mehr als 20 Jahren mal gefragt, wie es wohl aussieht, wenn Kreuze im Bett liegen oder wenn ein kleines Kreuz auf einem Schemel steht und zum Fenster hinaussieht. Seither habe ich sehr sehr viele Kreuze gemalt. Im übrigen male ich gerne Aquarellportraits, weil mich diese Technik, die kaum Korrekturen erlaubt, zwingt, mit höchster Konzentration zu arbeiten.“

 

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