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Cthulhu: Mittelalter

Cthulhu Mittelalter - Foto von Pegasus Spiele

Die dunklen Jahre

Mit Cthulhu Mittelalter – Die dunklen Jahre legt Pegasus Spiele einen weiteren Quellen- und Abenteuerband vor, der das Cthulhu-Rollenspiel in einem vollständig neuen Setting präsentiert. „Moment!“ werden jetzt bestimmt viele sagen, „hat Pegasus mit Cthulhu 1000 AD nicht bereits vor einigen Jahren einen „Mittelalterband“ zum Cthulhu-Rollenspiel heraus gebracht?“ Dies ist zwar grundsätzlich richtig, aber mit Cthulhu Mittelalter wird nicht einfach eine 2. Edition dieses Quellenbandes vorgelegt, sondern ein komplett neues und stark erweitertes Buch veröffentlicht.

Cthulhu Mittelalter beschreibt praktisch das komplette Mittelalter, von der mit dem Ende des Römischen Reiches beginnenden Völkerwanderung bis zum Beginn der Renaissance. Nicht weniger als 1.000 Jahre Menschheitsgeschichte (von etwa 600 bis 1600 n. Chr.) werden detailliert beschrieben. Unterteilt wird diese riesige Geschichtslektion in drei Kapitel: Früh-, Hoch- und Spätmittelalter.

An diesen fast 70-seitigen Geschichtsabriss schließen sich drei weitere Kapitel an, die sich mit den Menschen in dieser Epoche befassen. In „Unter dem weltlichen Okular“ wird die mittelalterliche Gesellschaft mit ihren Ständen, ihren Städten und ihren Außenseitern beschrieben. Im anschließenden Kapitel „Unter dem geistlichen Okular“ steht der Klerus im Mittelpunkt. Detailliert werden die einzelnen Machtgruppen der Kirche vorgestellt, sowie Klöster und Sekten. Im dritten Kapitel „Unter dem nicht-euklidischen Okular“ widmet man sich schließlich den eher cthuloiden Themen dieser Epoche. Hier hat die Alchemie ebenso ihren Platz wie magische und kultische Gruppen. Außerdem werden die zwei mittelalterlichen Burganlagen Hartenstein und Kastelburg näher vorgestellt, sowie der germanische Thingplatz Eresberg – jeweils mit sehr schönem Kartenmaterial. Damit wäre der Grundstein zum losspielen gelegt.

Was noch fehlt sind die Hauptprotagonisten des Rollenspiels, die Charaktere. Im folgenden sehr ausführlichen Kapitel wird schließlich die Charaktererschaffung ins Mittelalter verlegt. Auf mittelalterliche Berufe und Fertigkeiten wird eingegangen, sowie auf Kampf, Krankheiten und Heilungsprozesse. Abgerundet wird das Kapitel mit Informationen zu Wahnsinn und Mythosmagie im Mittelalter. Hier werden aber nicht die kompletten Regeln wiederholt. Um den cthulhoiden Schrecken im Mittelalter erleben zu können muss man daher schon die Grundregeln kennen.

Damit wäre der Quellenteil beendet und es folgen noch zwei komplett ausgearbeitete Abenteuer. „Die Diener der Schlange“ von Ole Christiansen und Thomas Plischke spielt auf der von Feuer und Eis geformten Insel Island. Vor dem Hintergrund des Konfliktes zwischen Heiden und Christen werden die Charaktere auf die Suche nach einer alten Reliquie geschickt. Das Abenteuer ist zwar recht gradlinig, aber wer mal echte Wikinger spielen möchte, dem sei dieses Abenteuer ans Herz gelegt. Das zweite Abenteuer „Kinder der Dunkelheit“ von Sascha Hillenbrand und Miriam Ronsdorf spielt auf der im Quellenteil beschriebenen Burg Hartenstein im Elsass. Die dort anstehende Hochzeit des einzigen Sohnes des Burgherren droht zu einem Fiasko zu werden. Durch den großen Festteil ergibt sich eine sehr schöne mittelalterliche Stimmung und viel Gelegenheit zum (richtigen) Rollenspiel. Wer also seine Spielgruppe vom Mittelalter überzeugen will, der sollte zu diesem Abenteuer greifen.

Objektiv betrachtet hat der Verlag mit Mittelalter – Die dunklen Jahre mal wieder ein im wahrsten Sinne des Wortes großes Quellenbuch zum Cthulhu-Rollenspiel vorgelegt. Trotzdem bin ich nicht völlig überzeugt. Der riesige Geschichtsteil ist zwar klasse, aber doch sehr umfangreich. Es gehört schon viel Disziplin dazu diesen durchzuarbeiten. Weiterhin ist es nicht so ganz einfach, den cthuloiden Schrecken der Neuzeit ins Mittelalter zu verlagern, in eine Zeit als das Volk noch an Dämonen, Geister und Hexerei glaubte. Dieser Spagat wird zwar vom Quellenteil aufgegriffen, ist aber nicht so leicht aufzulösen. Wichtig ist auch festzuhalten, dass Mittelalter keine Transformation des Rollenspiels in eine Fantasy-Welt darstellt. Zwar spielt man in einer Welt der Ritter, Burgen, Zauberbücher und magischen Artefakten, allerdings ist das Mittelalter auch gekennzeichnet durch eine strenge Gesellschaftsstruktur mit ihren starren Hierarchien, in die sich die Charaktere einfügen müssen. Gleichzeitig sei aber auch die Tödlichkeit dieser Epoche erwähnt mit ihrer äußerst begrenzten medizinischen Versorgung. All dies hat mit einer „Herr der Ringe“-Romantik nichts zu tun. Dafür kann es aber auch eine Bereicherung für jede Fantasy-Runde sein, sich mal mit den wahren Begebenheiten des Mittelalters auseinander zu setzen.

Ich fürchte, Mittelalter – Die dunklen Jahre ist ein Quellenband, der die Cthulhu-Gemeinde spalten wird. Es ist definitiv kein „Must-Have“, aber es ist auch nicht schlecht. Wer sich auf den Hintergrund Mittelalter mit all seinen Besonderheiten einlassen will, für den kann es kein besseres Quellenbuch geben. Wer aber die klassische Fantasy mag und nun hofft den cthuloiden Schrecken in einer fantasy-ähnlichen Welt erleben zu dürfen, der sollte die Finger davon lassen. Es wird also diejenigen geben, die es lieben, und diejenigen, die es hassen. Bevor man also zum Kauf schreitet, sollte man sich zuerst bewusst machen, was man selbst gerne möchte, und ob dieses eigentlich fantastische Quellenbuch, das dann wirklich leistet. Davon unabhängig träume ich nun aber von epocheübergreifenden Kampagnen, in denen eine Mittelaltergruppe den cthulhoiden Schrecken scheinbar bannt, dieser aber in den 1920er-Jahren doch wieder auftaucht …

Infos zu Cthulhu: Mittelalter

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Momo Evers, Heiko Gill, Florian Don-Schauen, Falk Behr, Ole Christiansen, Carsten Brombach, Günther Dambachmair
  • Jahrgang: 2009

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