Infos zu Der letzte Wille
- Titel: Der Letzte Wille
- Verlag: Czech Games Edition
- Autor: Vladimir Suchy
- Spieleranzahl (von bis): 2 - 5
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 13
- Dauer in Minuten: 75
- Jahrgang: 2011
Wer entscheidet eigentlich, ob ein Spiel gut ist oder nicht? Der Käufer, der Spieler also. Der Rezensent trägt auch zur Meinungsbildung bei, schon indem er ein Spiel vorschlägt. Was aber, wenn sich die potenziellen Mitspieler gegen ein Spiel wehren, als wäre es ihr letzter Wille? Ist die Entscheidung dann schon gefallen?
Apropos letzter Wille: Czech Games Edition brachte im Herbst 2011 Der Letzte Wille mit auf die Messe nach Essen.
Zwei bis fünf Spieler sollen bei diesem Brettspiel das Erbe des lieben, alten und besonders reichen Onkels antreten – wenn sie sich als geeignet dafür erweisen. Am besten geeignet wäre derjenige, der es schafft, einen festgelegten Geldbetrag am schnellsten unters Volk zu bringen. Soweit der Hintergrund.
Wie wird Der letzte Wille gespielt?
Jede Runde von Der letzte Wille beginnt mit einer Art Worker-Placement-Element, bei dem man die Spielerreihenfolge, das Aktionspunktevolumen sowie den Kartennachschub für die folgende Runde auswählt. Natürlich bekommt man nicht alles gleichzeitig in ausreichendem Maße, sodass man einen Schwerpunkt auf das am meisten Benötigte legen muss. Anschließend darf man noch bis zu zwei Botengänge erledigen, was nichts anderes bedeutet, als dass man sich entweder weitere Karten aus einer offenen Auslage nimmt oder sein eigenes Ablagetableau erweitert oder den Wert von Immobilien verändert.
Im weiteren Verlauf von Der letzte Wille legen die Spieler auf ihren eigenen Tableaus verschiedenartige Karten aus, die es ihnen erlauben, durch Aktivierung derselben einen bestimmten Geldbetrag auszugeben. Das kostet Aktionspunkte, dafür ist die Funktion der ausgelegten Karten dauerhaft. Andere Karten spielt man einmalig aus und kann durch gleichzeitige Abgabe einer anderen Karte die Ausgabe sogar noch erhöhen. Einen besonderen Status nehmen Immobilien ein. Sie verlieren mitunter jede Runde an Wert (was einen ausnahmsweise mal freut, denn man will ja Geld loswerden), müssen (!) aber später wieder abgestoßen werden. Solange man eine Immobilie auf seinem Tableau liegen hat, kann man das Spiel nicht beenden bzw. gewinnen.
So geht es bei Der letzte Wille Runde für Runde, bis einer der Spieler pleite ist und seinen Bankrott erklärt. Der erste, dem dies gelingt, ist Sieger des Spiels. Andernfalls endet das Spiel nach längstens sieben Runden, und dann gewinnt der mit dem wenigsten Geld.
Geld verprassen als Spielziel…
Der Letzte Wille ist ein Spiel mit reichlich und schönen Karten, ein paar Holzklötzchen und wirklich sehr stimmungsvoll gezeichneten Spielplänen. Bis auf die etwas fummelig zu handhabenden Holzsteinchen, die man ab und an auf Karten platzieren muss, ist das Material sehr gelungen. Die Spielanleitung weist keine Lücken auf, ist gut gegliedert und ausreichend mit bebilderten Beispielen versehen. Leider sind die Symbole besonders auf den Helferkarten nicht alle wirklich selbsterklärend. Hier wird immer wieder die Übersicht in der Spielregel zur Hand genommen.
…macht das Spaß?
Das Thema „Arm sein, um reich zu werden“ ist erfrischend unverbraucht und auch im Spiel witzig umgesetzt. Ob ich nun alleine essen gehe oder noch jemanden dazu einlade, ist monetär schon ein Unterschied. Also versuche ich, bei meiner Reservierung nicht alleine im Restaurant zu sitzen. Eine Bootsfahrt ist lustig. Mit Koch an Bord wird sie noch lustiger – und teurer. Bloß weg mit dem Schotter!
In vielen Fällen kostet das Ausspielen bzw. Aktivieren von bereits ausliegenden Karten Aktionspunkte. Doch selbst, wenn man zu Beginn der Runde nur wenige Aktionspunkte gewählt hat, verschafft einem das bei seinen Aktionen teilweise ein erstaunliches Aktionsvolumen, wenn man z. B. ein paar Karten hatte, für die man gar keine Aktionspunkte benötigt. Andere Karten in der eigenen Auslage verschaffen einem möglicherweise auch zusätzliche Aktionspunkte oder kostenfreie Aktionen. Darin steckt ein ungemeines Potenzial der Aktionsplanung.
Die Spielertableaus geben einem stets einen guten Überblick über die noch zur Verfügung stehenden Aktionspunkte und die bereits getätigten Ausgaben. Man schiebt einfach seine Karten ein Stück nach unten, was ein Kontrollhäkchen freilegt: Diese Karten wurde bereits genutzt.
Lediglich die Nicht-/Instandhaltung der Immobilien ist nicht ganz schlüssig. Hier soll man sich jede Runde für Instandhaltung oder Verrottung entscheiden. Zahle ich Geld, um sie instand zu halten, verringert sich mein Barvermögen, dafür sinkt der Verkaufspreis nicht. Aber nach spätestens sieben Runden sollte der Immobilienpreis im Keller sein. Soweit klar der Konflikt. Warum aber überhaupt instand halten? Die Ausgaben für Instandhaltung sind zwar höher als der Werteverfall, aber instand halten kann ich – laut Regel – auch noch, wenn mein Immobilienpreis sowieso schon im Keller ist. Das ist nicht zu Ende gedacht.
Komplizierte Hausverwaltung
Gerade diese Immobilienbehandlung ist auch der Stolperstein, der Gelegenheitsspieler bei dem bis dahin leicht zugängliche Brettspiel leicht überfordert. Das wirkt verkopft, und darunter leidet die Leichtigkeit des Spielens. Was dem Spiel darüber hinaus fehlt, ist ein Spannungsbogen. Man spielt jede Runde im gleichen Trott, versucht, Aktionspunkte und Kartenauslage optimal auszuloten, um den Maximalbetrag auszugeben. Das ist zwar irgendwie unterhaltsam, aber so richtig zum Lodern bringt es nichts.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum meine Spielgruppen eher mit dem Kopf schütteln, wenn ich Der Letzte Wille zum zweiten Mal anbiete. Das ist schade, denn eigentlich möchte ich das Spiel mögen. Schon wegen des Themas, dessen Umsetzung und dem gelungenen Spielmaterial würde ich es trotz der fehlenden Spannung empfehlen, zumal eine Partie zu dritt und viert recht schnell vorbei geht. Zu fünft kann es zu lang werden, insbesondere, wenn viel Energie ins Gehirn fließt.
Für das Spiel zu zweit schreibt eine Sonderregel vor, die Auswahl der Aktionspunkte zu Rundenbeginn einzuengen. Das ist eine Krücke, mit der ich meinen Gegner bis auf wenige Ausnahmen kaum behindern kann. Der Effekt verpufft und macht damit keinen Sinn. Auch, wenn der Rest des Spiels gut funktioniert, würde ich zu zweit eher ein anderes Spiel vorziehen. So bleibt der Schluss: Ich würde Der letzte Wille ja spielen, wenn nur jemand mitspielen würde …
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