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Fairy Tile

Märchenspiel Fairy Tile - Foto von Iello

Aller Anfang ist schwer … Wie leicht ist es da, sich einfach auf eine Märchenformel zu verlassen. Nun denn: Es war einmal … Ein Märchenspiel um Drache, Ritter und Prinzessin. Fairy Tile von Matthew Dunston und Brett J. Gilbert (Iello) kommt dabei mit bemalten (Plastik-) Miniaturen daher, die sicher jedes Kinderherz höher schlagen lassen – auch wenn besonders die Prinzessin etwas blass um die Nase scheint. Kein Wunder, schließlich muss sie vor dem Drachen flüchten. Aber der Reihe nach.

So erspielt ihr bei Fairy Tile euer Märchen

Eigentlich begänne auch das Fairy Tile-Märchen natürlich mit dem klassischen „Es war einmal“. Ganz so leicht macht es euch das Spiel aber dann doch nicht. Jeder hat sein eigenes Buch (einen Kartenstapel) vor sich: eine unsortierte Mischung aus Bruchstücken des Märchens. Dabei seht ihr immer nur die erste bzw. oberste Seite eures Buchs. Und was dort passiert, sollte idealerweise auch auf dem Spielfeld passieren. Dafür habt ihr mehrere Möglichkeiten: Ihr könnt entweder ein neues Landschaftsplättchen anlegen und das Königreich so erweitern, oder aber ihr bewegt eine der Figuren. Dabei kann allerdings jede Figur nur nach bestimmten Regeln vorrücken: Der Drache fliegt immer in gerader Linie bis zum Ende des Königreiches, die Prinzessin läuft ein Feld und kann außerdem von Schloss zu Schloss springen, und der Ritter geht immer genau zwei Felder vor. Manchmal ist es gar nicht so leicht, dass sich z. B. ausgerechnet der Drache und die Prinzessin im Wald treffen sollen, wenn es am Spielfeldrand gar keinen Wald gibt. Wenn eine Aufgabe zu schwer oder unlösbar ist, dürft ihr aber auch umblättern. Dann legt ihr die Aufgabe für später unter den Kartenstapel und zieht eine neue Karte. Als Ausgleich dreht ihr euer Magieplättchen um und dürft später einen Doppelzug machen. Wer zuerst seinen Teil des Märchens zu Ende erzählt hat (sprich alle Kartenaufgaben erfüllt hat), gewinnt.

Spielerisches Märchen …

Atmosphärischer wird die Märchenhandlung, wenn ihr beim Erfüllen der Aufgaben nicht nur die Eckdaten nennt, sondern auch den Märchensatz auf eurer Karte vorlest. Die Karten sind unten nummeriert, sodass nach dem Spiel das ganze Märchen (mit den Karten von allen Spielern) in der richtigen Reihenfolge gelesen werden kann. Spätestens nach der dritten Partie werden die Märchensätze aber schnell langweilig. Und auch das Märchen selbst ist eher Old School: Drache bedroht Prinzessin, Ritter rettet Prinzessin, indem er den Drachen tötet. Happy End, aus die Mär. Viel interessanter wäre da doch die Geschichte, wie aus der Prinzessin und dem Drachen schließlich doch noch Freunde wurden. Auf dem Cover jedenfalls sieht es ganz so aus, als ob die Prinzessin gar keinen Grund hat, vor dem Drachen zu fliehen. Ob sie ihn wohl gezähmt hat?

Abgesehen von diesem inhaltlichen Fragezeichen (hat der Redakteur bei der Wahl des Covermotivs geschlafen?) sind die Illustrationen von Miguel Coimbra zumindest stilistisch sehr gelungen. Sie fangen die märchenhaft-fantastische Spielwelt auf moderne Weise ein. Unterstützt wird das noch von dem fast schon Iello-typischen plastischen Element, nämlich den farbigen Miniaturen der drei Märchenfiguren.

Die werden vor allem Kinder im Grundschulalter sicher begeistern. Lesen können sollten sie aber schon. Gerade für Leseanfänger (von Thema und Umsetzung her eigentlich die ideale Zielgruppe) ist die verschnörkelte Serifenschrift des Märchentextes aber doch sehr schwer zu lesen. Und jüngere Kinder sind enttäuscht, weil sie das tolle Spiel noch nicht spielen können.

… märchenhaftes Spiel?

Um wirklich ein absolut märchenhaft umgesetztes Spiel zu sein, fehlt Fairy Tile also doch noch etwas – leider auch spielerisch (und ebenso, um das noch nebenbei zu erwähnen, eine übersichtlichere Anleitung). Jeder von euch hat sein eigenes Ziel und bewegt die Figuren entsprechend. Dabei kommt es gar nicht so selten vor, dass die Zielvorgaben sich widersprechen. Der Ritter soll auf die große Ebene? Kein Problem, würden eure Mitspieler ihn nicht immer wieder woanders hin bewegen. Ein Stück weit macht gerade das Spannungsverhältnis der unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Aufgaben den Reiz von Fairy Tile aus; ein Ärgerfaktor, der gar nicht bewusst herbeigeführt werden muss und doch da ist. In manchen Runden funktioniert das, manchmal ist die Pechsträhne aber einfach zu groß. Umblättern ist schön und gut, wenn das aber immer und immer wieder die einzige taktisch sinnvolle Zugmöglichkeit ist, wird Fairy Tile nicht nur für Kinder schnell frustrierend.

Besonders zu zweit kann es passieren, dass ein ewiges Hin und Her entsteht; eine klassische Pattsituation, die sich nur auflöst, wenn einer aufgibt, indem er eine Ersatzhandlung einfügt oder umblättert. Da kommt es dann sehr darauf an, wie die Spielrunde damit umgeht. Ein erbittertes Duell darum, wer zuerst etwas anderes als den Ritter bewegt, war sicher nicht im Sinne der Spielemacher. Dem lässt sich entgegenwirken, indem ihr z. B. vereinbart, dass die Figur nicht schon im Folgezug wieder dorthin gezogen werden darf, wo sie herkam. Zweierrunden sind dennoch keine Idealbesetzung und machen einfach weniger Spaß.

Fazit: Fairy Tile als mehr oder weniger märchenhaftes Familienspiel

In größerer Runde ist Fairy Tile ein nettes, optisch wunderschön gestaltetes Familienspiel mit ein paar Mankos (denn auch bei mehr als zwei Spielern kann es vorkommen, dass ihr euch gegenseitig blockiert). Es ist schnell gespielt, hat einen hohen Glücksfaktor und bietet auch für Gelegenheitsspieler einen leichten Einstieg. Vielspielern werden tiefergehende taktische Möglichkeiten fehlen. Besonders ist Fairy Tile vor allem durch die märchenhafte Aufmachung, die nicht nur Kinder verzaubert.

Und wenn sie nicht gestorben sind … Vielleicht spielen sie dann noch heute. Aber eben nur vielleicht. Vielleicht ärgern sie sich auch, dass der Ritter schon wieder in die andere Richtung zurückläuft.

Fairy Tile – Spielanleitung

Infos zu Fairy Tile

  • Titel: Fairy Tile
  • Verlag: Iello
  • Autor: Brett J. Gilbert, Matthew Dunstan
  • Spieleranzahl (von bis): 2-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
  • Dauer in Minuten: 30
  • Jahrgang: 2018
  • Video:
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