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Palm Island

Palm Island - Ausschnitt - Foto von Kosmos

Ein Gesellschaftsspiel to go? Geht das überhaupt? Selbst klassische Kartenspiele brauchen ja zumindest Platz für den Ablagestapel. Und zugegeben, meist findet man den schon irgendwie, im Zug auf dem Klapptischchen oder auf dem Sitz neben sich. Und beim nächsten Ruckeln fliegt alles durcheinander. Palm Island braucht keinen Ablagestapel. Es spielt sich dem Namen entsprechend vollständig in der Handfläche (engl. palm = Handfläche). Das neue Spiel von Jon Mietling aus dem Hause Kosmos macht allein durch diesen speziellen Umfang neugierig. Erst recht, da es kein simples Nachziehkartenspiel ist, sondern im komplexeren Bereich der Aufbauspiele liegt. Eines, das sich im Stehen (!) in der überfüllten U-Bahn spielen lässt. Kann das funktionieren?

Das Spielrezept to go für Palm Island

  • Man nehme für das Solospiel: eines der beiden farblich markierten Kartendecks, gut gemischt; die Rundenkarte; eine Übersichtskarte; die eigene Handfläche.
  • Man ordne an: alle Karten mit dem Startsymbol in der oberen linken Ecke, dahinter die Rundenkarte. Das Ganze gebe man in die flache Hand.
  • Man baue aus: das eigene Dorf auf Palm Island. Dazu die Ressourcen sammeln, indem man die entsprechenden Karten nach rechts kippt. Bis zu vier Rohstoffkarten lassen sich so lagern. Weitere Aktionen sind das Ausbauen mittels Karten wenden oder rotieren. Um die Kosten zu bezahlen, werden die gelagerten Rohstoffe eingesetzt und wieder in den Stapel zurückgeklappt. Nach und nach kann man so die Rohstoffkarten zu besseren Ressourcen upgraden, aber auch – z.B. durch den Tempelausbau – Siegpunkte generieren.

Die Karten dabei nicht ablegen, sondern immer ans Ende des Stapels. Die Spielzeit messe man mittels der Rundenkarte. Nach acht Runden ist das Dorf fertig. Nun zähle man die Sterne auf den aktiven Bereichen der Karten und lese auf der Übersichtskarte das Ergebnis ab. Garnieren lässt sich das Ganze mit Errungenschaften.

Palm Island - Spielkartenhaltung - Ausschnitt - Foto von Kosmos

Spielzug in der Handfläche: Wie komplex ist ein To-go-Spiel?

Es dauert ein bisschen, bis man das Prinzip von Palm Island verinnerlicht hat. Letztlich ist es ein Optimierungs- und Aufbauspiel, bei dem man das eigene Kartendeck immer weiter optimiert. Im Gegensatz zum Deckbuilding allerdings ohne neue Karten hinzuzufügen. Stattdessen verbessert man die vorhandenen Karten durch Drehen und Wenden immer weiter (es gibt vier verschiedene Kartenbereiche, je zwei auf Vorder- und Rückseite). Einige Rohstoffe kann man kostenlos lagern, diese sind für den Start wichtig.

Trotz des kompakten Formats und der mit 15 Minuten sehr kurz angegebenen Spieldauer will Palm Island sehr aufmerksam gespielt werden. Das beinhaltet nicht nur, die Folgekarten im Kopf zu behalten, sondern vor allem eine hohe Dichte taktischer und strategischer Entscheidungen. Nach Spielbeginn, bei dem man den gesamten Stapel einmal durchsieht, darf man immer nur die ersten beiden Karten verwenden (und ansehen). Ungenutzt nach hinten schieben darf man aber immer nur die vorderste Karte. Da das langfristig auch die Reihenfolge der Karten in den Folgerunden beeinflusst, lässt sich das taktisch nutzen. Trotzdem ist die zufällige Anfangs-Reihenfolge der Karten ein gewisser Glücksfaktor, der auch schon mal über Sieg oder Niederlage oder doch zumindest den Schwierigkeitsgrad entscheidet.

Der Wiederspielreiz und der Ehrgeiz, den persönlichen Highscore zu knacken, wird durch die Errungenschaften unterstützt. Diese Sonderkarten darf man erst dann verwenden, wenn man eine bestimmte Siegpunktzahl und/oder bestimmte Siegbedingungen zum ersten Mal erfüllt hat (z.B. eine bestimme Anzahl an Erz gelagert). Sie bringen für weitere Spiele Erleichterungen (zusätzliche Rohstoffkarten, attraktive Sonderboni) und dürfen auch im Koop-Modus eingesetzt werden.

Ab der ersten Errungenschaft lässt sich dann auch der Schwierigkeitsgrad individuell anpassen; es gibt drei Stufen, bei denen unterschiedlich viele Errungenschaften eingesetzt werden dürfen (auch solche, die man noch nicht freigeschaltet hat). So lässt sich der oben erwähnte Zufallsfaktor bzgl. der Schwierigkeit zumindest etwas ausgleichen.

Fingertraining bei Palm Island: Nichts für zierliche Hände

Für zierliche Hände ist das Handling des Stapels leider etwas umständlich. Gerade die gelagerten Karten rutschen leicht aus der Stapelposition oder fallen im worst case sogar runter (im Zug ruckelt es halt auch schon mal), was es schwierig bis nahezu unmöglich macht, sie wieder korrekt einzuordnen. Die Symbole sind gut verständlich und die Karten von guter Qualität, sodass sie viele Spielrunden aushalten.

Aufbauspiel Palm Island: Solo oder kooperativ?

Mithilfe des zweiten Decks kann man Palm Island auch kooperativ zu zweit spielen. In diesem Fall muss gemeinsam eine Katastrophe abgewendet werden. Immer am Rundenende kann eine zusätzliche Koop-Aktion genutzt werden, deren Kosten beide gemeinsam tragen (die Kosten erhöhen sich je Spieler). Durch die andere Zielvorgabe ändert sich das Spielgefühl; nun geht es primär darum, die nötigen Rohstoffe und Upgrades zur Katastrophenabwendung zu erreichen. Siegpunkte sind nach wie vor relevant, aber nicht mehr alles; es zählen nur die des schlechteren Spielers.

Mit mehreren Ausgaben kann man Palm Island theoretisch (haben wir nicht getestet) auch mit mehr als zwei Spielern spielen. Schon zu zweit fällt aber die kaum vorhandene Interaktion auf. Besonders, wenn geübte(re) Spieler mit Neulingen gemeinsam spielen wollen, ist die Downtime teilweise extrem hoch; dann nämlich, wenn der erste mit der Runde durch ist, der zweite aber immer noch am Anfang der Runde tüftelt.

Palm Island ist ein Solospiel, das man auch zu zweit (oder zu mehreren) spielen kann, nicht ein Spiel, das auch einen Solomodus hat.

Und das merkt man eben. Zu zweit ist Palm Island mehr ein gemeinsam nebeneinander Tüfteln als ein klassisches Mehrspieler-Spielerlebnis. Aber auch das hat seinen Reiz und lockt deutlich mehr, als wenn jeder sein Palm-Island-Dorf nur für sich allein ausbaut.

Palm Island - Schachtel - Foto von Kosmos

Fazit: Ab auf die Insel?

Einfachheit und Komplexität gehen bei Palm Island Hand in Hand – einfach im Umfang und den Regeln, ist es in der Handhabung komplexer, als man auf den ersten Blick erwarten würde. Das betrifft in gewissem Maß das Handling der Karten, vor allem aber das Spielprinzip, das sich klar an Vielspieler richtet und so manchem vielleicht zu viel des Vorausplanens sein wird. Trotzdem hat Palm Island besonders anfangs durchaus Wiederspielreiz, der langfristig allerdings durch das nur schwer abzuwendende Pech durch das Zufallselement des Mischens getrübt wird. Ob man länger auf die Insel reist, ist daher Typsache. In seinem Format als Unterwegs-Spiel ist Palm Island jedenfalls einzigartig und besonders für Strategen und Kenner-/Expertenspieler einen näheren Blick wert.

Spielanleitung zu Palm Island

Infos zu Palm Island

  • Titel: Palm Island
  • Verlag: Kosmos
  • Autor: Jon Mieteling
  • Spieleranzahl (von bis): 1-2
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 15
  • Jahrgang: 2019

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