Reich der Spiele

Rattus

Rattus von Huch and friends

Das Spiel. Das finstere Mittelalter wird von der Pest heimgesucht. in solchen Zeiten interessiert fast nur noch, was man dagegen tun kann. Rette sich, wer kann! Bei Rattus helfen dabei sechs verschiedene Stände mit ihren Fähigkeiten. Die einfältigen Bauern helfen durch mehr Kinder. Mehr Leute gebären als sterben ist auch eine Strategie in harten Zeiten frühen Sterbens. Der Kaufmann kann eine Flucht bezahlen, und zieht einfach einige Leute aus dem Pestgebiet. Der fromme Mönch vertreibt eine Ratte in seinem Zug. Die Hexe studiert sie und plaziert sie, die Intrigantin und Rattenexpertin unter den Spielern. Der König rettet pro Runde einen Bürger unangreifbar in seine Burg. Der Ritter schließlich bringt Krieg übers Land, und macht alles noch schlimmer. Aber er kann sich ja aussuchen, wo.

Die Ratten vermehren sich in jedem Spielerzug, je nachdem wo dieser die Pest hinzieht, die durch einen Spielstein repräsentiert wird. Ein schwarzer Geselle, der langsam von Region zu Region gezogen wird, und in seinem Umkreis neue Ratten generiert. Vorher setzt aber jeder Spieler am Anfang seines Zuges als neue Hoffnung eine kleine Zahl Volkssteine seiner Farbe in eine beliebige von bis zu 12 europäischen Regionen. Die zum Spielen genutzte Zahl dieser Regionen variiert mit der Spielerzahl. Wenn die Pest in einer Region auftaucht, werden alle bisher verdeckten Ratten in der betreffenden Region aufgedeckt, aber erst nachdem alle noch relevanten Rolleneigenschaften des aktiven Spielers nach seinem Wunsch genutzt wurden, oder nicht. Anhand einer aufgedruckten Zahl wird dann bei jeder Ratte geprüft, ob sie Pest auslöst, oder harmlos vom Brett wandert. Es müssen mindestens so viele Bevölkerungssteine in der Region sein, wie auf dem Rattenplätttchen aufgedruckt ist, um sie "scharf" zu machen.

Die Rollen wechseln ständig, weil zu Beginn jedes Zuges der aktive Spieler sich eine Rolle aus dem Vorrat nehmen kann, oder von einem Spieler wegnehmen, der sie bisher hatte. Allerdings sind auf den Rattenplättchen auch die Symbole dieser Rollenkarten aufgedruckt. Wenn diejenige dabei ist, die man gerade spielt – das können auch mehrere gleichzeitig sein – verliert man einen Bevölkerungsstein pro Symbol, das übereinstimmt. Mehr Rollen bergen somit mehr Gefahr, zusätzliche Bevölkerungssteine zu verlieren. Auch ohne Rolle lassen richtig verseuchte Ratten Leute sterben. Entweder von allen anwesenden Spielern eine, oder von dem, der aktuell die Mehrheit in der Region hat.

Nachdem ein Spieler alle seine Spielsteine komplett ins Spiel gebracht hat, werden alle verbleibenden Ratten in den verschiedenen Gebieten ausgewertet. Danach gewinnt der Spieler mit den meisten Überlebenden. Sollten alle Rattenplättchen schon vorher aktiviert worden sein, ist das Spiel sofort zu Ende, und wieder gewinnt der Spieler mit den aktuell meisten Überlebenden im Spiel. Noch im Vorrat befindliche Bevölkerung der Spieler zählt dann nicht mehr, da noch nicht geboren.

Das Material. Zwar weitestgehend nur Pappe, bis auf die Holzsteinchen als Bevölkerungsmarker. Dafür ist die Pappe von hoher Qualität. Gemasert und schön anzufassen. Für ein Spiel dieser Preisklasse auf jeden Fall überdurchschnittlich. Die Grafik im Spielmaterial ist dagegen eher schmucklos und zweckdienlich. Vielleicht soll sie an mittelalterliche Malerei gemahnen, bevor am Anfang der Renaissance die "Großen Meister" kamen. Die Covergrafik geht in Ordnung, und deutet schon an, dass trotz des düsteren Themas das Spiel eher humorvoll gemeint ist. Schwarzer Humor zur schwarzen Pest.

Die Kritik. Das Spiel macht Hoffnung auf einen Leckerbissen, weil es, ohne abstraktes Thema, trotzdem mit wenigen Elementen auskommt. Spielsteine, Rattenplättchen,  der Peststein, und die Rollenkarten. Es ist sehr schnell verstanden und erklärt. Schon das erste Spiel geht zügig, ohne viel Regeln nachlesen. Es dauert selbt zu viert nur etwa 40 Minuten, falls niemand zu lange analysiert. 

Am Ende wirkt es jedoch zu verkopft für das düster physische Thema. Als würde man Sterben planen können. Stattdessen müßte es ein "Verrecke oder Rette sich wer kann" sein. Ein bißchen davon kommt auch rüber. Dennoch: Die Rattenplage plagt nicht genug. Der Rattenmechanismus ist zu kompliziert. Als hätte jede Ratte eine spezielle genetische Formel an Bord, die nur auf bestimmte Leute/Steine wirkt. Die Formel, das sind eine Menge Symbole, die ausgelöst werden, oder nicht. Vielleicht ist das ja sogar medizinisch richtig. Trotzdem hieß es, der (Schwarze) Tod mache alle gleich, ob arm oder reich. So wird es schwer, am Schluss zu erklären, warum man gewonnen hat. Rattenglück zumeist.

Mit den Rollen erst wird das Spiel zum Strategiespiel. Es erschließt sich aber in dieser Dimension nur langsam, weil es vom geübten Einsatz der Rollen abhängt. Vor allem die Hexe, die sich Ratten anschauen und vertauschen kann, vermittelt auf Dauer Übersicht und Kontrolle über das Geschehen. Aber nur, wenn man genug Merkvermögen mitbringt. Alle Ratten sind ja, sofern noch aktiv, immer verdeckt. So wird die Hexe als Rolle zur anspruchsvollen Angelegenheit. Und womöglich zu selten gewählt, weil andere Rollen direkter helfen.

Besonders der König funktioniert da sehr einfach und effektiv. Er kann jede Runde einen Bewohner in Sicherheit bringen, sofern sich keine Ratte im Lande dieses zur Zeit ohnehin Ungeplagten befindet. Aber wenn es geht, ist das ein direkter, nicht mehr zu verlierender Siegpunkt. In einem Spiel, in dem es theoretisch für jeden Spieler ohnehin nur maximal 20 davon geben kann, und praktisch deutlich weniger werden dürften. Schwer zu begründen, welche Rolle in so einem Fall stattdessen besser wäre.

Wenn dagegen z. B. der Kaufmann zwar gleich bis zu drei Steine zeitweilig in eine Nachbarregion retten kann, und danach aber bis zu drei andere Spieler die Pest dann einfach dorthin ziehen können, ohne dass der Kaufmannspieler nun reagieren kann, weil gerade nicht aktiver Spieler, dann weiß man, was das Problem ist. Manche Rollen sind auf Dauer zu wirkungsarm. Ebenso der Mönch, der gerade mal eine Ratte ein Gebiet verschieben darf, wenn man der aktive Spieler ist. Man weiß nicht mal, ob die Ratte überhaupt gefährlich ist, da verdeckt. Außer man war mal Hexe, oder ist es noch. Unausgeglichene Sache, welche Rollen man sofort wählen kann, und welche seltener was bringen.

Wählt man die schwächeren Rollen allerdings einmal, kann es sein, das man sie dann behalten kann, weil niemand sie einem wieder wegnimmt. Da man jede Runde eine Rolle wählen kann, bleiben diese schwächeren Rollen extra zu anderen, stärkeren, die man dann wählt. Als Zusatzoption sind sie natürlich was. Andererseits aktiviert man damit mehr Rattensymbole, und verliert womöglich zusätzliches Volk.  Wenn allerdings schon viele Ratten mit diesem Symbol raus sind, bringen sie vielleicht doch mehr als sie schaden.

Fazit. Das Spiel ist bis auf den Rattenmechanismus, der aber ein zentrales Element ist, elegant. Das bedeutet, es spielt sich angenehm leicht runter. Solange man nicht versucht, geplant zu gewinnen. Dann wird es sehr viel anstrengender. Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt geht. Und wenn, dann womöglich mit der einfachst möglichen Taktik. Rette sich (unangreifbar), wer kann! Ansonsten bleibt noch der Schadenfreude-Faktor, andere Häuser anzuzünden.

Vielleicht bringt ja die kommende Erweiterung frischen Wind ins Spiel. Pesthauch!

Infos zu Rattus

  • Titel: Rattus
  • Verlag: QWG Games, HUCH!
  • Autor: Åse Berg, Henrik Berg
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 45
  • Jahrgang: 2010

Werbung
kaufen Prüfen, ob Rattus vefügbar ist bei:
Amazon
Spiele-Offensive

Mehr Spiele-Themen entdecken

Kommentieren