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Reavers Of Midgard

Reavers Of Midgard - Ausschnitt - Foto von Corax Games

Da Champions of Midgard mitsamt seinen Erweiterungen bei vielen Worker-Placement-Freunden gut aufgenommen wurde, dürfen die heidnischen Nordmänner in Reaves of Midgard von J. B. Howell (Corax Games) erneut handeln, plündern, anheuern, erobern und auf See fahren – auf einem schönem großen Spielbrett, begraben unter Tüten von Spielmaterial. Auspacken und losspielen war gestern.

lQ und Äxte: Männertour auf Wikingerart

Während die Spieler bei Champions of Midgard noch das Erbe des verstorbenen Jarl antraten und dabei nicht nur den Handel in Trondheim wieder ankurbelten, sondern an Land und auf See gegen allerlei bösartiges Getier kämpfen mussten, sind wir bei Reavers of Midgard schon einen Schritt weiter. Hier darf jeder Spieler dem gewöhnlichen Wikingeralltag nachgehen: Nachdem wir erste Räuber angeheuert haben, geht es auf Männertour der klassischen Art. Haben wir einen guten Tag, betreiben wir friedlichen Handel. Da wir Wikinger aber lieber unsere Äxte sprechen lassen, ist Kämpfen und Plündern angesagt. Wenn die Axt sprechen soll, muss es natürlich auch etwas zwischen die Zähne geben, denn wenn der Magen knurrt, dann schwingt die Axt schlecht. Und letztendlich spielen auch Magie, Aberglaube und die Götter eine Rolle, d. h., wir werfen die Knochen zwecks Prophezeiung und lassen uns von Odin, Thor und Tralala unter die Arme greifen. Soweit zum Hintergrund.

Worker Placement gepaart mit Engine Building und Set Collection

Während Champions of Midgard noch klassisches Worker Placement war, mischt man bei Reavers of Midgard weitere Zutaten hinzu: Engine Building und Set Collection. Dabei fehlen natürlich die typischen Midgard-Würfel nicht, die aber nicht nur bei Kämpfen, sondern auch als Ressourcen genutzt werden, um Kosten für Aktionen zu bezahlen. Und das Ganze funktioniert dabei grob wie folgt:

Je nach Spieleranzahl haben die Spieler 1-2 Langschiffe, die man als Worker auf eins von sechs Aktionsfelder setzen kann. Alle Spieler, die Räuber besitzen, die sich auf die Aktion des Aktionsstandortes spezialisiert haben, führen die entsprechenden Effekte aus. Hierbei kann man u. a. Ressourcen erhalten oder einen seiner Würfel auf eine andere Seite drehen. Anschließend führen die Spieler reihum die Aktion des Standorts aus oder rasten, wenn sie die Aktion nicht ausführen wollen oder können. Bei einigen Standorten muss man hierbei Ressourcen abgeben, um die Aktion ausführen. Dies kann Nahrung sein oder bestimmte Würfel. Der Spieler, der mittels seines Langschiffs, den Standort aktiviert und somit der erste Spieler ist, der die Aktion ausführt, erhält einen Bonus. Die Spieler, die anschließend die Aktion ausführen, erhalten ggf. auch noch einen geringeren Bonus oder gehen leer aus.

Reavers Of Midgard - Material - Foto von Corax Games

Nehmen wir bspw. die Aktion „Mit Dörfern handeln“. Der erste Spieler darf deimal Handel treiben. Hierbei erhält er entweder zwei Gunstmarker, drei Nahrung, zwei Würfel oder eine Prophezeiungskarte. Die folgenden Spieler dürfen die Aktion hingegen nur noch zweimal oder einmal ausführen und erhalten somit weniger Ressourcen, die ihnen in der Runde zur Verfügung stehen.

Set Collection gibt es vornehmlich bei der Aktion „Festungen plündern“. Hier können die Spieler Schätze, Kunst, Rüstungen und Wandteppiche sammeln. Je mehr sie am Ende des Spiels von einer Art haben, umso mehr Ruhmespunkte erhalten sie. Außerdem lassen sich Hof-, Befestigungs- und Turmmarker sammeln, wobei auch hier entscheidend ist, wie viel man am Ende des Spiels von einer Art hat. Je mehr, umso mehr Punkte gibt es für den einzelnen Marker.

It’s the final Punkteschlacht

Während des Spiels bekommt man eher verhalten Ruhmespunkte, die dabei auf einer Punkteleiste am Rand des Spielbretts markiert werden. Wer Kämpfe auf See für sich entscheidet, verschafft sich somit während einer Partie immerhin einen gewissen Vorsprung, aber bei Reavers wird zum Schluss abgerechnet. Und hier geht Freunden von Punkteschlachten das Herz auf. Denn alles, was man während einer Partie gesammelt hat, führt irgendwie zu Punkten. Seien es die Schätze, die man durch Plündern erhalten hat, die Türme, Höfe und Befestigungen, die erobert wurden, Artefakte, die man erhalten hat, oder Prophezeiungen, die erfüllt wurden. Es hagelt Punkt um Punkt. Nicht selten kommt es dabei vor, dass man die ursprüngliche Punktzahl verdrei- oder vervierfacht. Das geht einem während des Spiels schon einmal durch. Es ist schwer, einen Überblick darüber zu behalten, wer am Ende wie viel Punkte durch sein Karten- und Markersammeln generiert.

Sowohl Licht als auch Schatten in Midgard

Der Einsteig in Reavers of Midgard ist beschwerlich. Dies liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Möglichkeiten, Ruhmespunkte zu generieren. Sitzt man mit Bauchspielern am Tisch, ist das kein Problem. Hier gilt: Das Spiel ist das Ziel. Sobald aber Rechenkünstler am Tisch sitzen, die das Optimum aus den Gegebenheiten herausholen wollen, kann Midgard mehr als abendfüllend sein. Denn selbst wenn das Spiel nur sechs Runden dauert, so kann eine Partie bei flotter Spielweise durchaus 2-3 Stunden dauern.

Und dann greift das nächste Manko von Reavers. Das Thema des Spiels geht einem schnell am Allerwertesten vorbei. Man will einfach nur Punkte sammeln. Und dabei spielt es keine Rolle, ob wir als Wikinger auf Raubzug gehen oder ob wir zum Beispiel Obstbäume pflanzen und ernten würden. Man vergisst das Thema einfach. Plündern fühlt sich nicht wie plündern an, handeln nicht wie handeln etc. Das Thema ist schmückend und wurde auch liebevoll umgesetzt. Alleine, dass alle Karten eine eigene Bezeichnung haben und jede Karte auch noch im Anhang erläutert ist, ist klasse. Immerhin hätte man es sich z. B. bei den Prophezeihungskarten auch schenken können. Aber all das zeigt keine Wirkung. Es rückt sehr schnell in den Hintergrund. Ich fühle mich nicht wie Ragnar Lothbrok. Und mir ist es auch vollkommen hupe, welchen Räuber ich mir jetzt wo hinschiebe oder hinlege. Hauptsache er erfüllt seine Funktion als Element im Spiel.

Reavers Of Midgard - Schachtelgrafik - Foto von Corax Games

Das macht Reavers of Midgard aber nicht zu einem schlechten Spiel, aber irgendwie kann es auch nicht vollkommen überzeugen. Auf der einen Seite ist es fast schon alles ein bisschen too much, auf der anderen Seite hat man dennoch das Gefühl, das irgendetwas fehlt und Potenzial verschenkt wurde, ohne direkt benennen zu können, was es ist. Vielleicht fehlt hier einfach die Magie. Und wenn es in den ersten Partien auch durchaus für 2-3 Stunden zu unterhalten weiß, so fehlt danach der Wunsch, es direkt wieder auf den Tisch zu bringen. Und ich finde sogar, dass es nach einigen Partien immer mehr von seiner Substanz verliert.

Und diesen Eindruck hat es mit Champions of Midgard gemein. Auch hier war ich gut unterhalten, aber letztendlich nicht vollkommen überzeugt. Und damit stehe ich nicht alleine da. Aber die gute Nachricht ist: Durch seine Erweiterungen soll Champions of Midgard ein gutes bis sehr gutes Spiel werden. Und vielleicht ist es auch das, was Reavers fehlt. Die Erweiterung, die das fehlende Puzzleteilchen hinzufügt. Was auch immer das sein mag.blank

Offizielle Reavers of Midgard Seite

Infos zu Reavers Of Midgard

  • Titel: Reavers of Midgard
  • Verlag: Corax Games
  • Autor: J. B. Howell
  • Spieleranzahl (von bis): 2-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 75-90
  • Jahrgang: 2019

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