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Santiago de Cuba

Santiago de Cuba von Reich der Spiele

Die Karibik und eggertspiele – eine Liebe, die die Spieler dieses Mal nach Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt Kubas, führt. Dort – wie klein die Welt doch ist – trifft man alte Bekannte, die einem 2009 in Havanna schon begegnet sind: Pedro, dessen Karriere ihn vom Arbeiter zum Tabakhändler hat hochschnellen lassen, Pablo, der die Drecksarbeit als Baustoffdieb mittlerweile anderen überlässt und lieber als Hehler fungiert, oder Alonso, der es zwischenzeitlich vom Steuereintreiber zum Anwalt gebracht hat.

Auch der Architekt scheint in der Karibik sehr beliebt zu sein. Schon auf Cuba [sic!] baute er Zigarrenfabrik, Sägewerk und Schwarzmarkt. Man findet sich also schnell zurecht in Santiago de Cuba. Der Spielplan ist natürlich neu. Das Spiel auch.

Zu Beginn jeder Runde werden vom Startspieler fünf Würfel in den Farben der Warensteine geworfen. Vier davon nimmt er und legt sie auf das Schiff im Hafen. Damit legt er a) die Waren und b) die Menge fest, die aufs Schiff geliefert werden müssen. So kann er (ansatzweise) den Bedarf auf den Schiffen seinem Warenvorrat anpassen. Die Würfel (W6) zeigen jedoch die Werte 0-1-1-2-2-3, so dass es auch vorkommen kann, dass in einer Runde mehrere Waren gar nicht nachgefragt werden.

Anschließend reist man mit einem Auto (alle benutzen dasselbe Auto) auf einem Rundkurs und besucht dabei eine der insgesamt neun Personen. Wie weit man fahren kann, bestimmt u. a. der Geldbeutel: ein Feld weit fahren ist umsonst, jedes weitere kostet einen Peso. Je nach dem, wo man anhält, erhält man bis zu zwei Rohstoffe, Holz oder Geld aus dem Vorrat. Bei El Zorro, dem Taschendieb, darf man sogar seine Mitspieler um jeweils einen Rohstoff, Peso oder Siegpunkt erleichtern. Und Alonso, der Anwalt, erlaubt es einem, ein Gebäude in Besitz zu nehmen.

Nachdem man die Person besucht hat, muss man noch mit einem Pöppel auf ein Gebäude ziehen. Zu jeder besuchten Person gehören drei Gebäude, die somit infrage kommen. Die Funktionen dieser Gebäude sind vielfältig: So kann man z. B. Warensteine tauschen, sich Geld nehmen, oder Einfluss auf die im Hafen nachgefragten Waren nehmen.

Wichtigstes Feld: der Hafen. Wenn das Auto von einem Spieler in den Hafen gezogen wird, kommt es zu einer Verkaufsrunde. Dann darf der Spieler, der das Auto dort hingezogen hat, zuerst eine Warensorte ans Schiff liefern und zwar maximal so viel, wie der Würfel in der entsprechenden Farbe anzeigt. Ein weißer Würfel mit einer 2 bedeutet, dass das Schiff genau zwei Zuckerrohr aufnimmt. Grundsätzlich gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Der Zugspieler ist also im Vorteil, während sein rechter Nebenmann schon leer ausgehen kann, je nach dem, wie viele vor ihm schon liefern konnten.

Kommt ein Spieler in der Verkaufsrunde noch mal an die Reihe, kann er auch noch mal liefern – wenn er kann. Für jeden gelieferten Warenstein gibt es 2-4 Siegpunkte. Und dann gibt es noch Holz. Mit Holz kann man seine Mitspieler gehörig ärgern, denn es fungiert quasi als Joker: Man kann es immer ans Schiff liefern und damit u. U. einen der Warenwürfel erfüllen. So macht man möglicherweise einem Gegenspieler seine sicher geglaubte Lieferung (und die Punkte dafür) zunichte. Allerdings gibt es für Holz auch immer nur einen Punkt pro Stück.

Die Verkaufsrunde geht solange, bis entweder das Schiff komplett beliefert wurde oder keiner mehr mangels Waren liefern kann. Wurde das Schiff vollständig beliefert, endet ein Durchgang und ein neues Schiff kommt (es wird neu gewürfelt) und die Reise mit dem Auto geht weiter. Nachdem das siebte Schiff abgelegt hat, ist das Spiel vorbei. Es gewinnt, wer die meisten Siegpunkte erzielt hat.

Santiago de Cuba bildet mit Cuba und Havanna eine Spielefamilie. Während die Verwandtschaft mit Havanna nur zufällig erscheint, ist zumindest der Grundgedanke der Warenlieferung an Schiffe dessen von Cuba ähnlich. Die Spielmechanik ist aber grundlegend anders. Es ist ein Spiel, das Dank seiner kurzen, gut gegliederten, reichlich bebilderten und eingängigen Spielregel schnell erlernt ist. Die Gebäude- und Personenkärtchen sind mit eindeutigen Symbolen versehen, sodass ein Nachblättern in der Regel gänzlich entfällt. Das Spielmaterial ist bis auf eine Ausnahme sehr gut: Die Sichtschirme sind ein wenig klein. Außerdem sind deren Stanzungen so eng geschnitten, dass man beim Zusammenschieben der Schirme aufpassen muss, die Beinchen der Seitenteile nicht abzubrechen.

Während der Rundreise mit dem Auto sollten die Spieler versuchen, die Waren einzusammeln, die gerade im Schiff nachgefragt werden. Das gelingt nur leider nicht immer. Besonders im Spiel zu dritt fiel auf, dass man in mehreren aufeinander folgenden Runden immer wieder auf denselben zwei bis drei Feldern landet. Dem könnte man zwar entgegenwirken, wenn man Geld investiert, um das Auto vielleicht zwei Felder weiter zu bewegen. Doch wenn man kein Geld erhält, weil man stets zu weit von dem Feld entfernt ist, auf dem man Geld erhalten könnte, geht das nicht auf. Ein zuweilen nur schwer zu durchbrechender Kreislauf. Da man durch den Besuch einer Person immer nur drei bestimmte Gebäude nutzen kann und diese Abhängigkeiten in jedem Spiel anders sein können, ist es keineswegs gewährleistet, dass man sein Spiel so steuern kann, dass man die gewünschte Ware oder eben Geld mit Sicherheit erhält. Es gibt also durchaus auch Spielzüge, in denen man nicht wirklich eine sinnvolle Aktion machen kann. Kommt das mehrmals in einer Partie vor, kann sich das schon spürbar nachteilig auf den Spieler auswirken.

Insofern hinterlässt Santiago de Cuba einen zwiespältigen Eindruck. Eigentlich möchte mir das Spiel gefallen: Man findet einen schnellen Zugang, doch ist es trotz der Kürze seiner Regel kein flaches Spielchen. Langfristiges Planen ist zwar schon deshalb nicht möglich, weil in der nächsten Runde der Warenbedarf auf dem Schiff ein anderer sein kann. Aber vor allem durch Beobachtung des Warenmarktes (es gibt von jeder Ware nur acht Stück) und das Timing beim Verkauf kann man sich durchaus Vorteile verschaffen. Irgendwie unterhaltsam.
Und dennoch: So richtig springt der Funke nicht über, denn mitunter fehlen einem die Mittel, den Spielverlauf zu beeinflussen. (Und da spreche ich nicht von einem Glücksfaktor, der kaum ins Gewicht fällt.) Dann nutzt man das, was einem übrig bleibt, was aber zu wenig ist, wenn es einem in der darauf folgenden Runde wieder so ergeht.

Der leichte Einstieg, die einfachen Regeln und die übersichtliche Spieldauer machen Santiago de Cuba zu einem familientauglichen Spiel mit gemäßigtem Anspruch. Ein paar Zusammenhänge muss man schon erkennen können, aber meist überwiegen kurzfristige Entscheidungen. Eine Partie zu zweit oder zu viert würde ich einer Dreierrunde vorziehen, weil es dann einfach besser funktioniert. 

Infos zu Santiago de Cuba

  • Titel: Santiago de Cuba
  • Verlag: eggertspiele
  • Autor: Michael Rieneck
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 60
  • Jahrgang: 2011

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