Reich der Spiele

Tain

Tain von Wolf Fang

Iren zeigen ihre Gastfreundschaft mit guten Geschichten. In der berühmtesten Sage der grünen Insel geht es um Bullenraub, eine listige Königin und einen tapferen Krieger. Die Legende vom „Cattle Raid of Cooley", dem Viehdiebstahl von Cooley, kann man sich vielleicht im Urlaub in gemütlicher Runde am Kamin erzählen lassen. Wer allerdings auch am heimischen Tisch dem scheinbar „traditionellen“ Viehraub folgen möchte, dem sei das Spiel Tain empfohlen.

Der Inhalt. Vier Spielfelder für die einzelnen Clans, ein Spielfeld für das „Königreich“ mit Spielrundenmarkierung, 72 Spielmarken (pro Spieler 18 Stück) und vier Sichtschirme in den jeweiligen Clanfarben, 25 gelbe Vieh-Marker und zwölf rote Kostbarkeiten-Marker, ein brauner Marker für den Startspieler sowie ein Rundenmarker (der allerdings in der Packung des Rezensionsexemplars fehlte).

Die beigefügten Spielregeln in drei Sprachen (Polnisch, Englisch und Deutsch) bedürfen besonderer Erwähnung, da einige Passagen bei der Übersetzung vom Polnischen ins Deutsche nicht sonderlich gelungen sind, aber zum Verständnis des Spiels vollkommen ausreichen. Mir scheint es, als sei das Spiel vornehmlich für den polnischen Markt konzipiert worden und der Export ins deutsch- oder englischsprachige Ausland lediglich ein „Nebenprodukt“. Insgesamt nicht schlimm – vielleicht wird da ja noch besser …

Ziel des Spieles. Jeder Spieler schlüpft in die Rolle des Häuptlings seines Clans und versucht, seinen Reichtum und Bedeutung auf Kosten seiner Mitspieler zu vermehren. Um dies zu erreichen, schickt man während des Spiels seine Stammesmitglieder los, damit sie das Vieh von den Weiden der Gegner stehlen oder sich aber in deren Häuser einschleichen, wo Kostbarkeiten oder gegnerische Figuren zu erbeuten sind. Derjenige, der am Ende des Spiels die meisten Kühe, Kostbarkeiten und Gefangenen gesammelt hat, gewinnt.

Der Spielablauf. Jeder Spieler erhält ein Spielfeld in der Farbe seines Clans, wobei das Spielfeld aus zwei optisch voneinander getrennten Abschnitten besteht: Einer Weide, auf der das Vieh des Clans aufgestellt wird, und einem Haus, in dem die Kostbarkeiten aufbewahrt und im Verlauf des Spiels mögliche Gefangene festgehalten werden können. Jeder Spieler bekommt zu Beginn fünf Vieh-Marker, die er auf seine Weide, sowie drei Kostbarkeiten-Marker, die er in das eigene Haus legt. Die restlichen Vieh-Marker werden auf das Spielfeld „Königreich“ gelegt.

Auf den Spielfeldern sind jeweils fünf Doppelfelder für die Spielmarken markiert, die symbolisch für die Ein- und Ausgänge stehen. An der Weide befinden sich drei Doppelfelder und am Haus zwei Doppelfelder. Jedes dieser Doppelfelder besteht aus je einem Feld, das den Eingang bewacht und einem, auf dem sich die gegnerischen Clans „einschleichen“ können.

Weiterhin erhält jeder Spieler einen Sichtschirm, der zum verdeckten Aufbewahren der Spielmarken dient, die nicht am Raubzug teilnehmen beziehungsweise die noch nicht abgeworfen wurden. Zum anderen befindet sich auf der Innenseite des Sichtschirms ein Schema aller möglichen späteren Kombination von Spielmarken nebst Ergebnissen sowie eine Wertungsübersicht für das Spielende.

Neben den Spielfeldern der Clans gibt es aber auch noch das Spielfeld des „Königreiches“, da die unternehmungslustigen Kelten bei ihren Beutezügen nicht nur in die Nachbarschaft ziehen, sondern es sie auch hinaus ins „Königreich“ zieht, um dort das Vieh von den Weiden zu stehlen. Das Spielfeld des „Königreichs“ besteht aus nur einem Doppelfeld für die Spielmarken, wo die auf Raub ziehenden Clanmitglieder hingelegt werden können, aus einer Weide, von der das Vieh gestohlen wird, und aus einer Markierung für die Kennzeichnung der maximal acht Runden des Spiels.

Jeder Spieler verfügt zu Beginn des Spiels über insgesamt 18 Spielmarken in seiner Clanfarbe, wobei es hiervon fünf verschiedene Arten gibt: Hausherr (eine Spielmarke), Krieger (zwei Spielmarken), Bursche (sechs Spielmarken), Tochter des Hausherren (eine Spielmarke), Trick (acht Spielmarken). Diese Spielmarken stellen den gesamten Clan des Spielers dar, der bei den Raubzügen genutzt werden kann, wobei die Marken recht unterschiedliche Eigenschaften haben, da sich nicht jedes Clanmitglied an jeder beliebigen Stelle der Spielfelder aufhalten darf. So können sich nur der Hausherr, Krieger, Bursche und die Bluff-Marker in die Besitzungen der anderen Clans einschleichen, die Tochter darf dies nicht. Die Tochter als auch die Burschen dürfen auch nicht auf das Doppelfeld des „Königreich“ gesetzt werden, ansonsten besitzen eigentlich alle Clansmitgliedern volle Bewegungsfreiheit.

Das Spielfeld des „Königreichs“ wird in die Mitte gelegt und der Rundenmarker das erste Feld platziert. Das Spiel dauert maximal acht Runden oder bis zum Sieg eines Spielers (siehe unten). Jede Runde besteht aus drei Phasen: Anschleichen, Überfall, Finale.

Phase 1 – Anschleichen
. Nach dem Startspieler legen die anderen Spieler der Reihe nach jeweils verdeckt eine ihrer ausgewählten Spielmarken auf eins der Doppelfelder. Hierbei gibt es drei verschiedene Möglichkeiten: Man legt eine Spielmarke auf die Innenseite eines Eingangs auf dem eigenen Spielfeld, um diesen zu bewachen, man legt eine Spielmarke auf die Außenseite eines Eingangs eines gegnerischen Spielfeldes, um sich einzuschleichen, oder man legt eine Spielmarke in das „Königreich“, um auf Raub auszuziehen. An jeder Stelle darf nur eine Spielmarke liegen. Sind Felder bereits durch andere Spielmarken besetzt, so dürfen auf dieses Feld keine weitere Spielmarker mehr gelegt werden. Zudem gilt: Hat ein Spieler keine Spielmarken mehr, oder gibt es keinen Platz zum Auslegen der Spielmarken auf den Spielfeldern, muss er entsprechend passen.

Phase 2 – Der Überfall. Nachdem alle Spielmarken gelegt worden sind, werden diese aufgedeckt und als erstes die Trick-Spielmarken entfernt und an den jeweiligen Besitzern zurückgegeben, damit dieser sie verdeckt auf seinen Ablagestapel vor dem Sichtschirm legen kann. Als erstes wird das „Königreich“ aufgelöst und die Varianten der ausgelegten Spielmarker wie folgt entschieden: Hat nur ein Spieler seine Spielmarke (Krieger oder Hausherr) auf dem Spielfeld des „Königreiches“, nimmt dieser Spieler vom Königreich ein Stück Vieh und legt es neben das eigene Spielfeld. Gibt es auf dem Spielfeld zwei Krieger oder zwei Hausherren (die Spielmarken der beiden Spieler sind gleich), nimmt jeder Spieler ein Stück Vieh und legt es neben das eigene Spielfeld. Gibt es auf dem Spielfeld einen Hausherren und einen Krieger, nimmt nur der Spieler Vieh, der den Hausherren dorthin gestellt hat. Der Krieger bekommt nichts.

Nachdem das „Königreich“ gespielt wurde, folgen die einzelnen Spielfelder. Die auf der Innenseite der Sichtschirme angegebenen möglichen Konstellationen von Spielmarkern machen die Auflösung der Doppelfelder am Anfang etwas unübersichtlich, jedoch entwickelt sich dies aber von Runde zu Runde zu einer recht schnellen Angelegenheit.

Sowohl auf der Weide als auch im Haus wird nach den gleichen Mechanismen gespielt, wobei es bei einem gelungenen Überfall auf eine Weide, für den Spieler, der sich mit Erfolg eingeschlichen hat, einen Vieh-Marker erhält beziehungsweise bei einem gelungenen Überfall auf ein Haus – einen Kostbarkeiten-Marker des Opfers (wobei im Laufe des Spieles auch die Möglichkeit besteht, Gefangene zu machen oder einen Gefangenen des eigenen Clans zu befreien).

Nachdem alle Spielfelder entschieden wurden, nehmen die Spieler ihre Spielmarken von den Spielfeldern auf und legen sie dann verdeckt auf den Ablagestapel vor ihrem Sichtschirm und diese Phase endet. Dies ist eigentlich der Punkt, der dem Spiel die eigentlich Würze verleiht, da bereits gespielte Marker erst wieder verwendet werden können, wenn alle eigenen Spielmarker gespielt wurden sind. Und selbst dann muss man sich noch bis zur nächsten neuen Runde gedulden. Man sollte sich also gut überlegen, wann man wo seine Spielmarker einsetzt.

Phase 3 – Finale. Die jeweilige Beute (alle in der Runde gesammelten Spielmarken) werden entweder in die Häuser (Kostbarkeiten-Marker und Gefangene) oder auf die Weiden (Vieh-Marker) gelegt. Wenn ein Spieler einen Gefangenen gemacht hat (zum Beispiel wenn ein Krieger einen Burschen festgenommen oder die Tochter eines Hausherren entführt hat), dann legt er die entsprechende Spielmarke beim Finale in sein Haus, wo sie vorerst verbleibt, bis sie unter Umständen befreit wird.

Um den Gefangenen zu befreien, muss sich der Besitzer in das Haus einschleichen, in dem der Gefangene festgehalten wird. Er nimmt dann seine gefangene Spielmarke und legt sie auf den eigenen Ablagestapel. Er kann allerdings dann keine Kostbarkeiten mitnehmen, da die Ehre es ihm verbietet, schnöde Kostbarkeiten den eigenen Clanmitgliedern vorzuziehen. Wenn sich mehrere Gefangene eines Spielers in einem Haus befinden sollten, darf man sich den zu befreienden Gefangenen selbst aussuchen. Leider darf man Gefangene anderer Spieler weder befreien, noch selbst gefangen nehmen. Schade eigentlich – diese Variante hätte bestimmt auch noch für eine Menge Spaß gesorgt.

Spielende. Das Spiel endet, wenn wenigstens einer der Spieler am Ende einer Runde elf Vieh-Marker auf seiner Weide hat oder wenn die achte Runde zu Ende gespielt wurde. Nach Spielende wird die gesammelte Beute gezählt, wobei die Punktwertung ebenfalls auf der Innenseite des Sichtschirms angegeben ist: Jeder Vieh-Marker auf der Weide eines Spielers bringt zwei Punkte, jeder Kostbarkeiten-Marker im Haus eines Spielers bringt drei Punkte, jeder gefangene Bursche bringt einem Spieler einen Punkt, jede gefangene Tochter des Hausherren bringt einem Spieler fünf Punkte und jeder Spieler, der am Ende des Spieles wenigstens elf Vieh-Marker auf seiner Weide hat, bekommt einen Bonus von drei Punkten.

Natürlich gewinnt derjenige, der die meisten Punkte erworben hat. Bei einem Unentschieden gewinnt, wer die meisten Vieh-Marker besitzt. Sollte es auch hier ein Unentschieden geben, entscheidet die Zahl der Kostbarkeiten-Marker, dann die Zahl der Gefangenen und dann die Zahl der noch unbenutzten Spielmarken. Sollte es jetzt trotzdem immer noch keine Entscheidung geben, endet das Spiel schlicht und ergreifend unentschieden (was allerdings nur sehr selten der Fall sein dürfte).

Fazit: Mein Eindruck bei diesem Spiel ist etwas zwiespältig, da auf der einen Seite sicherlich das für einen Kleinverlag sehr ordentliche und schön gestaltete Spielmaterial gefällt, auf der anderen Seite der Spielmechanismus bei mir nicht so richtig zünden will. Eigentlich sollte man meinen, die hohe Kunst dieses Spiels bestünde darin, genau einzuschätzen, was die Mitspieler unter Umständen vorhaben, um dann diese Aktivitäten entsprechend mit den eigenen Aktionen zu verhindern oder zu durchkreuzen. Doch so richtig bluffen lässt sich nicht immer, da das Spiel zum Teil ziemlich unkalkulierbar abläuft und die Entwicklung manchmal mehr dem Glück und dem Zufall überlassen sind. Man mag zwar noch einigermaßen mitkommen, wenn man versucht zu verfolgen, wer wo welche Spielmarke eingesetzt hat oder vielleicht noch hinter seinem Sichtschirm hat, aber der letzte Funke für eine richtige Begeisterung beim Spielen wollte sich bei mir nicht so ganz einstellen. Wer Tain zu zweit spielen möchte, sollte besser direkt die Finger von diesem Spiel lassen, da dies zwar möglich, aber nicht sonderlich spannend ist.

Insgesamt kauft man mit Tain ein schön gemachtes und nett zu zockendes Bluffspiel mit einer recht überschaubaren Spieldauer bei voller Besetzung mit vier Spielern und einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Der einzige große Vorteil bei diesem Spiel ist – und das macht es für mich dann doch noch sympathisch – es bietet viel Gelegenheit zur Kommunikation unter den Spielern, da man sich im Gegensatz zu anderen Brettspielen nicht absolut und total auf das Spiel zu konzentrieren braucht. Insofern wahrscheinlich das ideale Spiel mit einfachen und schnell zu verstehenden Regeln zum gepflegten geselligen Abend, bei dem es durchaus spaßige Wirkung entwickeln kann.

Infos zu Tain

  • Verlag: Wolf Fang
  • Autor: Tomasz Majkowski
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
  • Dauer in Minuten: 45
  • Jahrgang: 2007

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