Reich der Spiele

Atiwa

Atiwa - Logo des Flughunde-Spiels - Foto von Lookout Games

Immer wenn Uwe Rosenberg ein neues Spiel herausbringt, hört man aus der einen Ecke ein ehrfürchtiges „Oh, ein neuer Rosenberg“, aus der anderen Ecke nur ein Stöhnen, vielleicht noch ein gepresstes „Schon wieder ein neuer Rosenberg“. Einige dieser „Kritiker“ behaupten gar, dass Rosenberg seit Agricola immer das gleiche Spiel nur mit anderen Themen, Komponenten und Schwierigkeitsgraden herausbringt und übergehen deshalb jede neue Veröffentlichung des aus Ostfriesland stammenden Spieleautors. Eins vorneweg: Die Leute wird Rosenberg auch mit Atiwa (Lookout Spiele) nicht einsammeln. Denn wo Rosenberg drauf steht, ist auch Rosenberg drin. Hier macht auch Atiwa keine Ausnahme.blank

Endlich ein Kacka-Spiel mit ernstem Thema

Inspiriert wurde Rosenberg zum Spiel Atiwa durch einen Artikel der Max-Planck-Gesellschaft über die Aufforstung von afrikanischen Wäldern durch Flughunde. Die sogenannten Palmenflughunde, eine Fledermausart, die in Ghana weit verbreitet ist, ernähren sich von Nektar und Früchten, die sie des nachts auf langen Flügen einsammeln und deren Samen sie unterwegs wieder ausscheiden. Und die so ausgeschiedenen Samen führen dazu, dass neue Pflanzen wachsen. Daher hat ein lokaler König in der Stadt Kibi im Süden von Ghana eine Kolonie dieser Flughunde auch unter seinen persönlichen Schutz gestellt, während anderswo die Population der Flughunde immer weiter zurückgeht, da sie gejagt und als Nahrungsmittel auf Märkten angeboten werden. Die gesamte Hintergrundgeschichte zum Spiel wird ausführlich in einem beiliegenden Heft beschrieben und soll noch in einem separaten Buch von Uwe Rosenberg thematisiert werden.

Grünes Ghana auf Kot gebaut

Atiwa - Ausschnitt der Titelillustration - Foto von Lookout Games

Atiwa greift dieses Konzept nun auf. In Atiwa besitzt jeder Spieler ein eigenes Tableau mit Buschtieren, Bäumen, Früchten, Familien und Ziegen sowie an diesem Tableau angrenzend zu Beginn ein eigenes Dorf, das Platz für drei Familien, ein Buschtier, eine Ziege, einen Baum und einen Flughund bietet. Unter und neben dieses Dorf können beliebig viele weitere Ort- und Landschaften angelegt werden, die nicht nur weiteren Platz für genannte Marker bieten, sondern auch Sieg- oder Minuspunkte zum Spielende geben.

Atiwa ist ein Worker-Placement um Ressourcen im Dschungel

Auf einem großen Spielplan, der eine afrikanische Landschaft zeigt, können die Spieler durch Einsatz ihrer drei Arbeiter verschiedene Aktionen ausführen, die im Wesentlichen das Nehmen oder Tauschen von Ressourcen beinhalten. Außerdem kann man über diese Felder weitere Ort- und Landschaften erhalten, wobei man je nach Art der Ortschaft eine bestimmte Menge an Gold und Bäumen bezahlen muss. Die Spanne reicht hier vom Gehöft bis hin zur Kleinstadt. Diese Ortschaften unterscheiden sich nicht nur durch Kosten sondern auch durch den Platz für Familien und Siegpunkte am Ende des Spiels.

Der natürliche Kreislauf bei Atiwa

Das Spiel geht über sieben Runden, in denen die Spieler jeweils abwechselnd ihre drei Arbeiter auf dem Spielplan platzieren und versuchen, über das Tableau die eigene Enginge in Gang zu setzen. Und hier greift schön das Thema des Spiels. Wir wollen Bäume pflanzen, die wiederum Früchte ergeben, die dann Flughunde anlocken, die dann wiederum durch ihre Ausscheidungen weitere Bäume pflanzen und den Kreislauf neu starten. Und wir wollen natürlich in unseren Ortschaften Familien ansiedeln. Diese treten aber in Konflikt mit unseren hehren Zielen, da sie ohne ausreichende Bildung nicht nur nach Gold suchen und dabei die Umwelt zerstören, sondern auch den natürlichen Kreislauf gefährden, indem sie Flughunde verspeisen. Daher verschaffen wir ihnen Bildung und geben ihnen genug Ziegen, Buschtiere und Früchte, damit sie von unseren Flughunden ablassen. Nur wenn all dies im Gleichgewicht ist, wird man am Ende mit einer optimalen Punktezahl belohnt.

Die Flughunde erledigen ihren Job

Unsere Flughunde können wir übrigens immer in Dreier-Verbänden am Ende unseres Zuges auf Nachtreise schicken und tauschen dabei eine Frucht gegen einen Baum. Und wenn die Flughunde dann am Ende der Runde in unserer Auslage zurückkehren, finden sie nicht nur Platz auf speziellen Feldern, sondern auch bei den gebildeten Familien. Und noch einen Vorteil haben die gebildeten Familien: Sie erwirtschaften Gold ohne die Natur zu zerstören, während ungebildete Familien die Landschaft verschmutzen und dadurch Felder auf unseren Ort- und Landschaftskarten durch Verschmutzungsmarker bis zum Ende des Spiels blockieren.

Das Rundenende räumt auf

Atiwa - Material - Foto von Lookout Games

Am Ende einer Runde passieren dann noch folgende Dinge:

  1. Familien generieren Einkommen und verschmutzen ggf. die Landschaft.
  2. Die Natur nimmt ihren Lauf: Je mehr Buschtiere wir in unserer Landschaft haben, umso mehr Bäume erhalten wird, weil Buschtiere auch Früchte essen und Samen ausscheiden. Je mehr Bäume wir haben, umso mehr Früchte erhalten wir. Je mehr Früchte wir haben, umso mehr Flughunde locken wir in unsere Landschaft. Dies ist die Engine des Spiels, die man auf dem Tableau zum Laufen bringen muss.
  3. Flughunde kehren von ihrem Nachtflug zurück und müssen in unseren Ort- und Lanschaften untergebracht werden.
  4. Familien wollen ernährt werden. Lässt sich der Bedarf zu Beginn noch über Ziegenmilch abdecken, wird man nach und nach auf andere Ressourcen zurückgreifen müssen, wobei Buschtiere und Ziegen durch ihr Fleisch den Bedarf am Besten decken.
  5. Es findet eine Vermehrung von Familien und Tieren je nach Rundenfeld statt. Hierbei muss man gewisse Bedingungen erfüllen. Das heißt, eine gewisse Anzahl von Markern in der Auslage haben. Und Platz auf seinen Ort- und Landschaften.
  6. Die Arbeiter kehren zurück.
  7. Die nächste Runde wird vorbereitet. Das heißt, Landschaften werden wieder aufgefüllt und die Aktionsfeldtafel, welche das kommende Rundenfelder verdeckt, wird nach links verschoben, wodurch sich neue Aktionsfeldkombinationen ergeben.

Nach sieben Runden ist wie geschrieben Schluss und die Punkte werden ausgewertet. Hierbei gibt es Punkte für das erwirtschaftete Gold, für die Ort- und Landschaften, für freigeschaltete Felder auf dem Ressourcentableau (z. B. für gepflanzte Bäume oder angesiedelte Familien), für geschulte Familien und für Flughunde. Minuspunkte gibt es für fehlende Nahrung. Es gewinnt wie immer der Spieler mit den meisten Punkten.

Suprise! Gutes, thematisches Kennerspiel für schmale Zeitfenster!

Atiwa hat mich positiv überrascht, auch wenn es irgendwie ja doch ein typischer Rosenberg ist. Worker-Placement mit Thema und Vermehrungsmechanismus. Aber das Spiel ist wunderbar verzahnt und in sich stimmig. Wenn man seine Engine gut aufbaut, wird man in jeder Runde ordentlich belohnt, was nicht nur ein gutes Gefühl vermittelt, weil man Ressourcen dazu bekommt, sondern auch, weil man auch thematisch etwas gutes tut. Man schafft Harmonie zwischen Mensch und Natur.

NIedrige Einstiegshürde – für ein Kennerspiel

Die Einstiegshürde in Atiwa ist trotz Kennerspielstatus nicht besonders hoch. Die Spielregeln sind aufgrund der stringenten thematischen Verknüpfung schnell verinnerlicht und auch die einzelnen Aktionen auf dem Spielplan lassen sich durch die Ikonografie umgehend begreifen. Was allerdings auch dazu führt, dass man nach wenigen Spielen schon das Gefühl hat, dass Atiwa auserzählt ist und nicht viel neues bietet. Dieser Eindruck täuscht aber. Denn während des Spiels muss man immer wieder schwierige Entscheidungen treffen, die gerade in den letzten Runden durchaus für etwas Downtime sorgen können. Kleine Fehler können die Engine dabei spürbar zum Stottern bringen. Was dieses Spiel dann letztendlich doch langfristig am Leben hält: Man möchte die Maschine immer weiter optimieren und neue Wege finden, um zum Schluss prächtig Punkte einzufahren.

Gut als Solitär oder als Solospiel

Atiwa - Schachtel - Foto von Lookout Games

Da Atiwa hierbei bis auf die üblichen Platzierungskonflikte auf dem gemeinsamen Spielplan recht solitär abläuft, bietet es sich auch als Solospiel an. Der Solomodus ist hierbei einfach gehalten. Man blockiert durch das Setzen seiner Meeple diese Aktionen für die nächsten zwei Runden und muss daher genau überlegen, wann man welche Aktion am besten nutzt. Im Grundspiel soll man dadurch zum Schluss mindestens 120 Punkte erreichen, was wirklich knackig ist. Wer dies geschafft hat, kann sich weiteren Zielen widmen. Hierbei sind bspw. zum Ende des Spiels 40 Flughunde und 100 Punkte gefordert. Oder dass man 100 Punkte erreicht, ohne das die Landschaft einen Verschmutzungsmarker aufweist.

Atiwa hat ordentlichs Niveau im guten Bereich

Alles in allem macht dies Atiwa zwar zu keinem Überspiel, aber einem guten Kennerspiel mit Wiederspielreiz, das man auch einmal unter der Woche aufgrund seiner überschaubaren Spielzeit sowohl in der Gruppe als auch im Solomodus auf den Tisch bekommt. Und welches definitiv durch das Thema heraussticht. Auch wenn der eine oder andere die Flughunde vermutlich lieber auf dem Mars oder einem anderen Planeten in den Weiten der Galaxie loslassen würde.

Infos zu Atiwa

  • Titel: Atiwa
  • Verlag: Lookout Spiele
  • Autor: Uwe Rosenberg
  • Spieleranzahl (von bis): 1-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 30-120
  • Jahrgang: 2022

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