Zivilisations-, also Aufbau- und Entwicklungsspiele, in denen man nicht nur die Geschicke eines Dorfes oder einer Stadt sondern sogar einer ganzen Nation über hunderte von Jahren lenkt, stehen immer wieder im Focus von Autoren und Spielern. So gibt es mittlerweile ettliche Vertreter dieses Genres, die sich dem Thema allerdings auf völlig unterschiedliche Art und Weise nähern. So erkunden die Spieler in Sid Meiers Civilization z. B. (wie in der Vorlage des Computerspiels) eine anfangs noch verdeckte Landschaft, siedeln sich an und entwickeln diese Siedlungen weiter. Innovation hingegen ist dagegen ein rein kartengesteuertes und eher abstraktes Spiel. Jetzt will also auch der französische Verlag Ludonaute mit einem Kartenspiel von Rémi Amy dieses Genre bereichern.
Das Spiel besteht gerade mal aus 104 Karten, die in drei Zeitalter und sechs Bereiche (Wissenschaft – Grün, Religion – Grau, Militär – Orange, Wirtschaft – Gelb, Utopia – Rot, Kultur – Blau) unterteilt sind. Ziel ist es, eigene Karten nach den Bereichen getrennt vor sich abzulegen, um jeweils Mehrheiten zu erzeugen und als Erster, je nach der Anzahl an Mitspielern, sieben bzw. acht Karten in einem Bereich zu haben, um das Spiel sofort zu beenden. Klingt einfach? Ist es leider nicht, aber der Reihe nach.
Wie wird CIV gespielt?
Die Karten werden nach Epochen geordnet zu einem zentralen Nachziehstapel zusammengefasst. Von diesem erhält jeder Spieler drei Karten, mit denen er das Spiel beginnt. Zusätzlich hat jeder Spieler auch noch ein Übersichtstableau zur Verfügung, auf dem die speziellen Effekte jedes Bereiches vermerkt sind.
Reihum sind die Spieler nun am Zug und führen jeweils drei Aktionen nacheinander aus. Zuerst muss in jedem Fall eine Handkarte in eine Reihe der eigenen Auslage gespielt werden. Anschließend können, abhängig von der Anzahl der ausgelegten Karten in der jeweiligen eigenen Reihe, bis zu zwei verschiedene spezielle Effekte des Bereiches genutzt werden. So kann z. B. das Handkartenlimit dauerhaft erhöht oder der Ablagestapel durchsucht und eine Karte zurück auf die Hand genommen werden. In jedem Bereich stehen so drei verschieden Effekte zur Wahl. Lediglich die Kultur tanzt hier ein wenig aus der Reihe, da man hier nur einen Effekt eines anderen Spielers kopieren kann. Anschließend zieht der jeweilige Spieler wieder Karten vom Nachziehstapel bis zu seinem Handkartenlimit nach und der nächste Spieler ist an der Reihe.
Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler, je nach Anzahl an Mitspielern, sieben oder acht Karten in eine Reihe seiner Auslage legen konnte. Alternativ dazu endet das Spiel in der Runde, in der der Nachziehstapel aufgebraucht wurde. Jetzt werden die Kartenmehrheiten in den einzelnen Bereichen verglichen. Für die jeweilige Mehrheit gibt es einen Punkt und wer die meisten Punkte, ergo Mehrheiten, vorweisen konnte, gewinnt in diesem Fall das Spiel.
Lohnt sich CIV: Carta Impera Victoria?
Carta Impera Victoria oder auch kurz CIV genannt, kommt in einer optisch tollen Verpackung und mit einer schönen Kartengrafik daher, sodass sich schnell eine Vorfreude auf dieses Zivilisationsspiel verbreitet. Ebenso schnell wird jedoch klar, dass es sich bei diesem Spiel um eine gehörige Mogelpackung handelt. Hier geht es vorwiegend um Mehrheiten und keinesfalls um den Aufbau und die Entwicklung eines Volkes. Dazu kommt eine recht hohe Einstiegshürde, denn die Symbolik auf den Übersichtstableaus der Spieler ist nicht selbsterklärend und auch in der Spielregel muss man mehrfach nachlesen, bevor man den Sinn möglicher Effekte verstanden hat.
Jedes Spiel beginnt erst mal mit einer Kartenziehorgie, bevor das erste Mal zwei oder drei Karten in einer Reihe ausliegen und der mögliche Effekt genutzt werden könnte. Da die Resultate der Effekte nicht sofort verinnerlicht und zudem mit anderen stark verzahnt sind, ist es anfangs schwer, sinnvolle Züge zu finden. An ein schnelles Spiel ist somit nicht zu denken. Erst nach ein paar Spielrunden kommt langsam so etwas wie Gewöhnung und Verständnis ins Spiel. Dadurch bedingt gibt es natürlich auch eine steile Lernkurve.
Carta Impera Victoria spielt sich trotz der anheimelnden Grafik insgesamt sehr abstrakt und technisch. Das Zivilisationsthema wirkt übergestülpt und erzeugt leider keine Atmosphäre. Eine Entwicklung durch das Fortschreiten in den Zeitaltern fehlt und selbst eine Beziehung oder eine logische Erklärung der möglichen Effekte zu ihren jeweiligen Bereichen fehlt. Leider wird durch das falsch gewählte Thema und die Aufmachung bei den Spielern eine falsche Erwartungshaltung aufgebaut der das Spiel leider nicht gerecht werden kann.
Dabei ist Carta Impera Victoria beileibe kein schlechtes Spiel. Es funktioniert am besten, wenn die gesamte Spielrunde die Effekte und Möglichkeiten aggressiv nutzt. Dann entstehen auch ein offener Schlagabtausch und ein gewisses Maß an Spielspaß. Wird allerdings eher defensiv gespielt, plätschert das Spiel ohne nennenswerte Höhepunkte dahin.
Durch diese vielen Einschränkungen kommt CIV über ein unteres Mittelmaß nicht hinaus. Ich kann es leider auch nicht guten Gewissens empfehlen. Dafür gibt es in allen möglichen Kategorien deutlich bessere und spannendere Spiele. Schade!
Infos zu CIV: Carta Impera Victoria
- Titel: CIV: Carta Impera Victoria
- Verlag: Ludonaute
- Autor: Rémi Amy
- Spieleranzahl (von bis): 2-4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 20-40
- Jahrgang: 2018
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