Die Themengebiete der verschiedenen Brettspiele sind mittlerweile sehr weit gefächert. Neben den Dauerbrennern Mittelalter, Science Fiction und Fantasy gibt es inzwischen kaum noch eine Gegend auf der Welt oder einen Berufszweig der nicht in irgendeinem Spiel als thematischer Aufhänger auftaucht. Sie wollen auf den Mount Everest kraxeln, Schiffe den Panama-Kanal passieren lassen oder als Feuerwehrmann Brände bekämpfen? Alles kein Problem, die entsprechenden Spiele finden Sie in ihrem gut sortierten Spiele-Fachhandel. Jetzt allerdings beschreitet Pegasus Spiele mit seiner deutschen Lokalisierung des hier vorliegenden Spiels Das Vermächtnis von Michiel Hendriks völliges Neuland. Dieses führt uns ins Frankreich des Jahres 1729. Die ersten Strömungen der Aufklärung haben das Land erfasst und fern am Horizont kündigt sich mit einer schwachen Dämmerung die französische Revolution an. Vor diesem zeitlichen Hintergrund werden die Spieler wahlweise zum Patriarchen einer neu zu gründenden Familiendynastie oder noch wesentlich spannender zum Ahnenforscher.
Wie wird Das Vermächtnis gespielt?
Wahlweise kann Das Vermächtnis mit bis zu vier Spielern oder komplett als Solospiel allein gespielt werden. Im Mehrspieler-Spiel verkörpert jeder Spieler einen Aristokraten, der über drei Generationen hinweg eine möglichst stabile, kinderreiche und so für die Zukunft gerüstete Familiendynastie begründen will. Zu diesem Zweck können Ehen für Kinder oder Enkel mit geeigneten Freunden der Familie arrangiert, Unternehmen gegründet, Stammsitze erbaut, Titel erkauft oder auch Events für die Allgemeinheit ausgerichtet werden. Auch ansonsten wird natürlich alles Menschenmögliche für einen problemlosen Fortbestand der eigenen Linie getan. Das Spiel läuft jedoch nicht wie meistens üblich auf einem großen bunten Spielplan ab, sondern wird durch Karten gesteuert. Über 250 verschiedene Karten sorgen hierbei für reichlich Abwechslung und eine große Varianz. Dabei entfällt mit 75 Freundeskarten und 88 Kinderkarten der Hauptteil auf die direkte Familienpolitik. Einen zusätzlichen Reiz bezieht Das Vermächtnis aus seinen geheimen Förder- und Aufgabenkarten für deren Erfüllung die Spieler am Spielende zusätzliche Siegpunkte kassieren können.
Jedes Spiel läuft über drei Generationen, welche jeweils wiederum in drei Runden aufgeteilt sind. Die zentrale Phase einer Runde ist die Aktionsphase. Hier führt jeder Spieler reihum Aktionen aus und kann dabei aus einem Pool von vier privaten Aktionen (Heirat arrangieren, Kinder bekommen, Freunde um Geld bitten und Kontakte knüpfen) sowie sechs öffentlichen Aktionen (Titel erwerben, Zum Gemeinwohl beitragen, Fruchtbarkeitsarzt anheuern, Herrenhaus erwerben, Unternehmen gründen und Aufgabe annehmen) wählen. Die eigenen Aktionen können mehrmals, die öffentlichen allerdings nur einmal ausgewählt werden. Bei diesen heißt es also: Wer zuerst kommt, mahlt auch zuerst. Da jeder Spieler grundsätzlich nur zwei Aktionssteine hat und nur in bestimmten Situationen einen zusätzlichen Aktionsstein bekommt, läuft eine Runde auch recht zügig ab. Jede der möglichen Aktionen verursacht in den meisten Fällen Kosten, hat anderseits aber auch einen direkten oder indirekten Einfluss auf die eigenen Statuswerte, also auf Einkommen und Ansehen. Nach dem Ende einer Runde wird das aktuelle Einkommen in klingender Münze an den jeweiligen Spieler ausgezahlt. Am Ende einer Generation, also nach drei Runden, werden außerdem sowohl die aktuellen Ansehenspunkte als auch die Anzahl der Nachkommen in Siegpunkte umgewandelt.
Die Solovarianten von Das Vermächtnis
Der weiter oben angesprochene Solomodus kann in zwei deutlich voneinander verschiedenen Varianten gespielt werden. Eine davon lehnt sich an die grundlegende Idee des Spiels an. Die zweite, deutlich spannendere Variante befasst sich mit der Ahnenforschung. Hier hat der Spieler die Aufgabe, die Geschichte seiner Familie erkunden zu müssen, um eine Erbschaft antreten zu können. Dabei wird das Spielprinzip umgekehrt und ausgehend von der aktuellen Familiensituation wird ein Stammbaum zurück in die Vergangenheit entwickelt.
Wie gut ist das Brettspiel Das Vermächtnis?
Das Vermächtnis entwickelt durch seinen engen Bezug zum Thema einen unglaublich dichten und glaubwürdigen Hintergrund. Die Illustrationen der Freundeskarten sind zwar comichaft überzeichnet, unabhängig davon aber sehr gut gelungen und stellen die verschiedenen Charaktere der potentiellen Familienmitglieder treffend dar. Aufgrund der großen Varianz an Karten und Vorgaben entwickelt sich während jeder Partie ein anderes Spiel. Deshalb müssen auch ständig neue Strategien ausprobiert und auf die der Gegner reagiert werden.
Zwar kommt die Regel anfangs ein wenig unübersichtlich daher, man kommt allerdings recht schnell dahinter, wie das Spiel funktioniert. Diesen Pluspunkt kann sich die gut geschriebene und hervorragend illustrierte Regel gutschrieben. Sowohl die normale Spieloption mit mehreren Mitspielern als auch das spannende Setting des Solospiels wissen zu überzeugen.
Zwei kleinere Wermutstropfen bei diesem Spiel bestehen im immensen Platzbedarf, um in voller Besetzung die Stammbaumkarten für alle drei Generationen auf den Spieletisch zu bekommen und der relativ geringen Interaktion untereinander. Wer diese Punkte verschmerzen kann, findet in Das Vermächtnis ein spannendes und sehr thematisches Worker-Placement-Spiel. In jedem Fall eine Empfehlung für Vielspieler, ambitionierte Familienspieler mit Kindern jenseits von zwölf Jahren und Spielern die sich für das Thema der Ahnenforschung interessieren.
Spielanleitung zu Das Vermächtnis
Infos zu Das Vermächtnis
- Titel: Das Vermächtnis
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autor: Michiel Hendriks
- Spieleranzahl (von bis): 1-4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
- Dauer in Minuten: 60-90
- Jahrgang: 2014
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1 Kommentar
Na ja, wir freuten uns sehr auf das Spiel, wurden aber bitter enttäuscht: Immer dieselben Abläufe, kaum Interaktion und eine nie enden wollende Kartenschieberei – insgesamt leider nichts Besonderes.