Reich der Spiele

FRAG

FRAG Gold-Version von Pegasus Spiele

Gold-Edition

Wenn ich die Ankündigung von Pegasus Spiele richtig verstehe, so soll FRAG von seiner Konzeption her funktionieren wie ein „Egoshooter“ für den PC – allerdings ohne Computer, sondern als Erlebnis der besonderen Art auf einem Spielbrett. Entworfen wurde FRAG für Spielrunden, bei denen sich niemand unnötig das Hirn zermartern will (oder muss), der Spaßfaktor hoch und die Kommunikation im Vordergrund stehen soll. Die Übersetzung des Begriffes FRAG mit „Splittergranate“ dürfte allerdings nicht ganz ausreichend sein. Vielmehr hat sich dieser Begriff bei Computerspielen als Zähleinheit für „ausgeschaltete“ Gegner eingebürgert.

Das Brettspiel FRAG stammt ursprünglich von Steve Jackson Games, der die Grundbox bereits im Jahr 2001 auf den Markt brachte und zwischenzeitlich eine große Fülle von Ergänzungen für das Spiel veröffentlicht hat. Wer sich also nicht unbedingt mit der recht neutralen Grundkonzeption anfreunden kann, darf unter Umständen auf die Deadlands-Box hoffen, durch die ähnliche Gefechte dann mit typischen Deadland-Charakteren möglich werden. Insofern dürften die deutschen Spieler (hoffentlich) noch eine ganze Reihe von Add-On-Boxen erwarten, die den Spielspaß noch steigern dürften – nicht ganz ohne Grund war FRAG im Jahr seines Erscheinens sogar für den Origins Awards in der Kategorie Best Abstract Board Game nominiert. Zudem gibt es im Internet eine Fülle von Fans, die eigene Regeln und Erweiterungen online gebracht haben, und so dürfte es insgesamt also an Nachschub nicht mangeln.

Die Grundkonzeption dieses Spiels für vier bis sechs Personen ist recht einfach: Die Spieler rennen mit ihren Figuren auf einem vorgefertigten Spielfeld herum und schießen auf ihre Gegner mit allem, was ihnen hierzu zur Verfügung steht. Wer bei dieser Verfolgungsjagd als erstes drei Gegner eliminiert hat, gewinnt das Spiel.

Inhalt. Die Grundbox bietet zunächst einen ziemlich großen doppelseitiger Spielplan aus festem Karton, 112 Spielkarten, 35 Patronenmarker, 20 Blutmarker, 20 Waffenmarker, sechs Plastik-Spielfiguren, sechs wiederbeschreibbare Charakterkarten für die einzelnen Kämpfer nebst zwei Spezialstiften zum Beschriften sowie die stattliche Anzahl von insgesamt 18 sechsseitigen Würfeln und ein schmales farbiges Regelheft mit einem Umfang von vier Seiten.

Die Qualität und Verarbeitung sowohl der Miniaturen, des Spielplans als auch der vorhandenen Karten und Marker ist recht ordentlich, doch hätte ich für den doch  stattlichen Preis für das Spiel etwas mehr erwartet. Die vorhandene Qualität sollte aber sicherlich ausreichen, um einige lange und harte Spielabende auch ohne sonderliche Blessuren überleben zu können. Der große Spielplan ist recht nüchtern gestaltet und besticht nicht unbedingt durch ein aufwendiges Layout, was auch für die Karten und Marker gilt. Insgesamt stehen auf den mit kleinen Bewegungsfeldern versehenen Rastern des Spielplans zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Auf der einen Seite eine eher verwinkelte und mit zahlreichen Räumen versehene Umgebung, auf der anderen eine weitestgehend offene Landschaft. Dennoch ist die als Gold Edition bezeichnete Box im Gegensatz zur bisherigen Grundbox mit deutlich umfangreicheren und vor allem hochwertigerem Material ausgestattet und trägt diese Bezeichnung nicht gänzlich zu unrecht.

Die etwas ungewöhnliche Menge der Würfel hat mich zunächst etwas stutzig gemacht, doch sind diese für das Spiel außerordentlich wichtig, basieren doch alle Proben auf einer bestimmten Anzahl von Würfeln. Eine schöne Idee sind sicherlich die wieder abwischbaren Charakterkarten für die einzelnen Kämpfer, so das immer wieder neue Werte eingetragen werden können.

Vor dem Spiel. Jeder Spieler erschafft sich zunächst einen Kämpfer. Hierzu stehen insgesamt sieben Punkte zur Verfügung, die es auf die Eigenschaften „Leben“, „Geschwindigkeit“ und „Zielsicherheit“ zu verteilen gilt. Die Punkte dürfen nach Belieben verteilt werden, wobei jeder Wert allerdings mindestens einen Punkt betragen muss.

Zu diesen drei Eigenschaften an dieser Stelle noch einige kurze Erläuterungen, damit deren Bedeutung für das Spiel deutlich wird: Fallen die Lebenspunkte eines angegriffenen Kämpfers auf null oder weniger, und kann er diesen Verlust nicht sofort geheilt werden, wurde er „gefraggt“ und ist erst einmal aus dem Spiel raus (wobei es allerdings die Möglichkeit des „Respawn“ gibt – zusätzliche Leben, mit denen man wieder ins aktuelle Geschehen einsteigen kann). Die Bewegungsweite eines Kämpfers richtet sich nach dessen Punkten für Geschwindigkeit, da mit so vielen Würfeln gewürfelt wird, wie der Kämpfer Geschwindigkeitspunkte hat. Unter Umständen werden hierbei im späteren Verlauf des Spielst noch entsprechende Modifikatoren addiert, die sich aus den im Spiel befindlichen Karten ergeben. Die letztlich erwürfelte Summe der Würfelergebnisse gibt die Felder an, die der Kämpfer sich in diesem Zug bewegen kann, wobei man allerdings seine volle Bewegungsweite nicht ausschöpfen muss. Während seines Zugs darf ein Kämpfer so oft angreifen, wie es seiner halbierten (und dann gerundeten) Zielsicherheit entspricht. Somit erlaubt beispielsweise eine Zielsicherheit von vier die zu Spielbeginn maximal möglichen zwei Angriffe pro Zug!

Die drei verschiedenen Kartenarten (Waffen, Gadgets und Spezialkarten) werden gemischt und erhalten jeweils einen eigenen Kartenstapel, von denen sich jeder Spieler zu Beginn jeweils eine Karte zieht und verdeckt auf die Hand nimmt. Zuletzt setzt der Spieler, der als erstes an der Reihe ist, seinen Kämpfer auf eines der nummerierten Eintrittsfelder (zugleich auch die „Respawn-Felder“) auf dem Spielplan. Im Uhrzeigersinn bringen dann die anderen Spieler ihre Kämpfer auf die gleiche Weise ins Spiel. Sobald alle Kämpfer gesetzt wurden, beginnt der erste Spieler seinen Zug.

Die Bewegung. Der Spieler legt zunächst seine Bewegungsweite fest, in dem er mit der entsprechenden Anzahl von Würfeln gemäß seiner Eigenschaft „Bewegung“ würfelt. Hieran können sich jetzt verschiedene Möglichkeiten anschließen: Der Spieler kann seinen Kämpfer bewegen, die Bewegung unterbrechen, um einen Angriff auf einen gegnerischen Kämpfer durchzuführen oder einen „Power-Up-Feld“ zu betreten (auf dem er dann die Möglichkeit besitzt Karten nachzuziehen) und danach seinen Kämpfer wieder zu bewegen. Diese Handlungen können so oft miteinander kombiniert werden (unabhängig von der Reihenfolge), bis letztlich die Bewegungsweite bzw. die Angriffe aufgebraucht sind oder man aber aus „taktischen“ Gründen keine Bewegung mehr durchführen möchte. Bei der Bewegung ist allerdings darauf zu achten, dass man seine Figur nur auf rechtwinklig angrenzende Felder bewegen darf – ein diagonales Ziehen ist nicht erlaubt. Mit der deutlich ausgesprochenen Ansage, man habe seinen Zug beendet, ist dann der nächste Spieler an der Reihe.

Der Angriff. Angegriffen werden kann jedes Ziel das sich in dem Sichtbereich des jeweiligen Kämpfers befindet. Anders ausgedrückt: Wenn man eine gerade Linie zwischen der Mitte des Feldes des Angreifers und der Mitte des Zielfeldes zieht und sich dazwischen keine Hindernisse oder andere Kämpfer befinden, so ist das Ziel im Sichtbereich.

Jetzt folgt der eigentlich Angriffswurf. Hierzu wird die Anzahl der Felder zwischen dem eigenen Kämpfer und dem Ziel gezählt und der Angreifer muss diese Zahl mit einer Anzahl von Würfeln, die seiner Eigenschaft „Zielsicherheit“ mindestens erreichen oder übertreffen. War dieser Wurf erfolgreich, wird der mögliche Schaden bestimmt.
Der Angreifer würfelt hierzu mit einer Anzahl von Würfeln, die dem Schadenswert seiner Waffe entspricht. Steht etwa beispielsweise auf der Waffenkarte 6W, dann würfelt der Angreifer den Schaden mit sechs Würfeln.

Der Gegner würfelt zur Verteidigung mit einer Anzahl von Würfeln, die seinem derzeitigen Leben (modifiziert von Karten oder Schaden durch frühere Angriffe) entspricht. Das Ergebnis des Angriffswurfes wird nun durch das Ergebnis des Verteidigungswurfes geteilt und das Ergebnis abgerundet, wobei das Resultat die Anzahl der Leben angibt, die der Angegriffene verliert. Aber auch hierfür gibt es eine Reihe von Karten, die es dem Kämpfer erlauben, bestimmte Rüstungsarten zu tragen, die dann entsprechend die Auswirkungen erfolgreichen Angriffen modifizieren. Wenn der Verteidigungswurf höher sein sollte als der Angriffswurf, erleidet der Verteidiger natürlich keinen Schaden.
Wichtig ist, vor einem Angriff anzusagen, mit welcher Waffe man den Gegner angreift, da es Unterschiede zwischen der einfachen Pistole (mit der jeder Kämpfer anfängt und die zwei Würfel Schaden verursacht) und den Waffenkarten gibt, die man ausspielen kann und die wesentlich verheerenderen Schaden verursachen können!

Power-Up-Felder. Wird von einem Kämpfer ein Feld mit einem Waffen- oder Gadgetsymbol betreten, dann darf man würfeln, ob man eine entsprechende Karte vom Stapel ziehen darf, wobei mit einem Würfel gewürfelt wird. Bei einer vier bis sechs darf eine entsprechende Karte gezogen und auf die Hand genommen werden – bei eins bis drei geht der Spieler leer aus.

Sonderfelder. Auf dem Spielplan selbst gibt es noch eine Reihe von Sonderfeldern, die man unter Umständen geschickt in seine Bewegungen einbauen sollte: So gibt es nicht nur Wände, sondern auch Türen, Säurefelder (die Schaden verursachen), Gitter (noch ohne Auswirkungen im Basisspiel) und Teleporter (durch die man sich zu anderen Teleportern auf dem Spielfeld bewegen kann).

Respawn. War der Angriff eines Gegners erfolgreich und die Anzahl des Wertes für „Leben“ sinkt auf null, wurde der Kämpfer „gefraggt“. Deswegen ist man allerdings noch nicht zwangsläufig aus dem Spiel, sondern erhält einen „Respawn“ im nächsten Zug. Dies bedeutet, man wird „wiedergeboren“ und der Kämpfer darf zurück auf den Spielplan (allerdings verliert er seine bisherige Ausrüstung komplett!).

Fazit. Den oftmals plakativ durch den Verlag benutzten Begriff „Ego-Shooter“ möchte ich an dieser Stelle erst einmal etwas relativieren, zumal „Ego-Shooter“ in unserer Gesellschaft ohnehin keinen sonderlich guten Ruf haben. Zunächst einmal erhält man mit FRAG ein Brettspiel, welches ein gutes Stück weit menschlichen Grips benötigt, da kein Computer die Berechnung der Würfe übernimmt und zudem taktisches Vorgehen und strategische Planung eng in Verbindung mit dem Zählen von Feldern und der Beobachtung der Kartenhand des Gegners steht, während bei „echten“ Ego-Shootern am PC doch wohl eher schnelles und wildes Ballern im Vordergrund steht.

Auch wenn ich jetzt den vermeintlichen Mythos des Spiels zerstört haben sollte, so besitzt dieses Spiel dennoch einen ziemlich großen Spaßfaktor, da man versuchen muss, so rasch wie irgend möglich seine Gegner auf dem Spielplan auszuschalten, und es dabei ziemlich heftig zur Sache geht. Zugegebenermaßen ist der Grundansatz des Spiels vielleicht etwas nihilistisch, doch im Gegensatz zu anderen, ähnlich orientierten Brettspielen bringt FRAG dies ziemlich kurz, knapp und unverblümt auf den Punkt.

Wer bei diesem Spiel strategische Momente ausleben möchte, sollte seine Erwartungen allerdings nicht zu hoch stecken! Wer es zu Beginn mit der Verteilung seiner Punkte gut meint und einen vermeintlich ausgewogenen und idealen Kämpfer erschafft, muss unter Umständen feststellen, wie wenig dies bringt, wenn man versuchen muss Waffen und andere Sachen einzusammeln, die Bewegungen der Gegner im Auge zu behalten und selbst hier und da einige gute Treffer zu landen.

Wie bereits erwähnt ist das Material der Box insgesamt in Ordnung, verleitet aber auch nicht unbedingt zu Jubelschreiben. Größter Knackpunkt für mich war das kleine Regelheft, welches zwar inhaltlich (fast) alle Fragen des Spiels klärt, aber in seiner Struktur ziemlich unübersichtlich und gerade für Einsteiger nicht unbedingt benutzerfreundlich ist. Auch hätte ich mir auf den Charakterkarten eine „Kurzfassung“ der wichtigsten Regeln gewünscht und nicht unbedingt eine langatmige Erklärung zur Bedeutung der einzelnen Eigenschaften.

Bei aller Kritik ist FRAG unterm Strich ein einfacher und amüsanter Schlagabtausch unter Freunden, wobei die Handlungsmöglichkeiten sich zwar recht schnell wiederholen, es aber immer wieder zu neuen und spaßigen taktischen Verwicklungen kommt. Wer also „zwischendurch mal wieder schnell etwas zu spielen auf den Tisch bringen will“, der dürfte mit FRAG sehr gut bedient sein. Zielgruppe dieses Spiels dürften ohnehin die vom Verlag angesprochenen Liebhaber von „Ego-Shootern“ sein, aber auch Freunde von durchaus mehr oder weniger taktischen Kampfsimulationen dürften ihre Spaß haben.

Infos zu FRAG

  • Titel: FRAG - Gold Edition
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Philip Reed
  • Spieleranzahl (von bis): 4 - 6
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 16
  • Dauer in Minuten: 45
  • Jahrgang: 2009

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