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Havanna

Havanna von Reich der Spiele

Passend zum derzeitigen Lifestyle-Trend müsste man diverse Spiele mit dem grünen Punkt kennzeichnen. Dazu gehört auch Havanna. Nicht nur, dass ein Großteil der Grafiken aus Cuba stammen, auch der mittlerweile üblichen Praxis, einem erfolgreichen Brettspiel ein thematisch geklontes Kartenspiel nachzuschieben, wird erneut gefrönt. Die Chance, die stereotypen Grafiken dieses verkaufsfördernd exotischen Schauplatzes hinter sich zu lassen und zu originellen Darstellungen zu kommen, wurde leider vertan. Den Klischees wird leider auch im Rest des Spiels ungeniert Vorschub geleistet. Damit man mich nicht falsch versteht, die Grafik ist erstklassig professionell ausgeführt, der Mechanismus ausgewogen und interessant und das Material den bezahlten Preis wert. Meine Hauptkritik gilt allein den überflüssigen Allgemeinplätzen des Themas.

Doch erst einmal zur dargebotenen Hardware. Die Schachtel enthält Material für bis zu vier Mitspieler, die Havanna wieder aufbauen sollen. Wem dies am Besten gelingt, gewinnt das Spiel. Die 36 vorgesehenen Gebäude liegen als Kärtchen bei. In einem schwarzen Stoffbeutel tummeln sich 80 hölzerne Baustoffklötze in fünf Farben, die Hälfte davon grauer Schutt. Hölzerne, schwarze Arbeiterfiguren und Papp-Pesos ergänzen die Städtebau-Ressourcen. Jedem willigen Baumeister stehen prinzipiell 13 verschiedene Aktionen oder Personen als Kartensatz zur Verfügung. Dazu kommen noch je zwei Karten mit Spielhilfen. Mit der brauchbaren Spielregel hat das Material dann ein Ende.

Nachdem man mindestens einen, besser zwei oder drei willige Mitspieler gefunden hat, erfolgt die Verteilung der Startausstattung. Zusätzlich zu seinen 13 Aktions-Karten und den zwei Spielhilfen erhält jeder Spieler einen Peso und darf einen Baustoff aus dem Beutel angeln. Zwölf Gebäude werden zufällig aufgedeckt und in zwei Reihen zu sechs Gebäuden angeordnet. Die 15 Schwarzarbeiter werden bereitgestellt, und in die Mitte kommen noch drei gezogene Baustoffe und vier Pesos. Nun muss noch ein Startspieler gefunden werden. Erfreulicherweise wird dies von den Aktionskarten mit erledigt und zwar jede Runde neu.

Die Aktionskarten bilden auch den zentralen Mechanismus des Spieles, und eine profunde Kenntnis der Aktionen, Möglichkeiten und Synergien der Karten ist für ein bewusstes Spiel unerlässlich. Deshalb sei ein genauerer Blick auf die Karten gestattet. Die höchstwertige Karte, jedenfalls was die Spielerreihenfolge betrifft, ist "Mama", die den Zugriff auf die Hälfte der farbigen Baustoffe und grauen Schuttsteine des ausgelegten Vorrats ermöglicht. Die nächstniedrigere Karte erlaubt das Gleiche für die ausliegenden Pesos. Der erzielte Erfolg hängt natürlich unmittelbar von den ausliegenden Vorräten ab. Der "Schwarzmarkt" gibt den Spielern Zugriff auf den Baustoffbeutel. Dabei erhält der erste Besucher als Bonus die doppelte Anzahl Baustoffe. Mit den nächsten beiden Karten sollte man möglichst nur gut mit Material ausgestattete Mitspieler besuchen, um sich entweder bei deren Baustoffen oder Pesos zu bedienen. Leider sind Spieler, die vor mir an der Reihe waren, erstmal tabu. Arbeiter nimmt man mit den nächsten beiden Karten. Beim "Architekten" erhält man zwar immer nur einen Arbeiter, kann aber besondere Gebäude errichten, bei der anderen Karte erhält der erste Ausspieler dafür zwei Arbeiter. Wie die beiden „Diebe“, beehrt der „Steuereintreiber“ nur die nachfolgenden Spieler und pfändet entweder einen Baustoff oder einen Arbeiter. Als Lohn für die Mühe erhält der Ausspieler einen Peso. Die Aktion auf der Karte "Baustopp" ist freiwillig, aber nur einmal pro Runde möglich. Mit dieser Karte wird eines der ausliegenden, baubaren Gebäude ganz einfach aus dem Spiel genommen. Wirkungsvoll gegen Mitspieler, die genau auf dieses Gebäude gespart haben oder um an weiter hinten liegende Gebäude zu kommen. Sämtlicher Schutt wandert mit der nächsten Karte vom ausliegenden Vorrat zum Ausspieler. Mit der drittletzten Karte schützt man sich gegen übelmeinende Mitspieler und deren Diebe oder Steuereintreiber. "Komm zurück" verhilft dem Spieler zu einer schon abgeworfenen Aktionskarte. Eile mit Weile, die "Siesta" ermöglicht zwar keine Aktion, bringt einen aber in der Spielerreihenfolge nach vorne. Wer aufmerksam gelesen hat, dem sind nun schon einige Vorteile von vorderen Plätzen in der Reihenfolge gewahr worden. Aber wie kommt man nun an diese Plätze? Jeder Spieler hat zwei Aktionskarten vor sich liegen, aus deren Ziffern (0 bis 9) eine zweistellige Zahl gebildet wird. Aus "Schutz" (Ziffer 2) und "Mama" (Ziffer 9) wird beispielsweise 29. Geht es nun ans Agieren, beginnt der Spieler mit der niedrigsten Zahl, danach kommen die Spieler in aufsteigender Zahlenfolge.

Um Bewegung in die Reihenfolge zu bringen, wird jede Runde eine der ausliegenden Karten abgeworfen und eine neue aus der kleiner werdenden Hand ausgelegt. Damit verringern sich die persönlichen Freiheiten zu zukünftigen Aktionen mit der Zeit beträchtlich. Hat man nur noch zwei Karten auf der Hand, nimmt man alle abgeworfenen wieder auf.

In dieser Reihenfolge laufen nun alle Runden ab. Zuerst führt jeder Spieler in Reihenfolge seine beiden Aktionen durch. Kann und will er bauen, darf er das, bevor der nächste Spieler an der Reihe ist. Die benötigten Baustoffe, Geld und Arbeiter sind auf den Gebäuden angegeben und verbrauchen sich. im Gegensatz zum manchmal vorausgesetzten Architekten. Baubar sind aber nur die Außengebäude der ausgelegten Reihen. Das heißt, immer nur vier. Fällt dadurch die Zahl der Gebäude unter zwei, wird von der Mitte aus wieder auf sechs Plättchen aufgefüllt. Haben alle Spieler ihre Aktion durchgeführt, wird der allgemeine Vorrat um drei zufällige Baustoffe und drei Pesos aufgestockt. Wiederum in Spielreihenfolge legt jeder Spieler eine seiner Handkarten verdeckt auf eine Aktionskarte in seiner Auslage. Danach wird die verdeckte Karte umgedreht, die vorherige Karte abgeworfen und aus den nun ausliegenden Ziffern eine neue Spielreihenfolge gebildet. Dieser relativ übersichtliche Rundenablauf führt durch die vielfältigen Interdependenzen zwischen eigenen und fremden Handkarten, Ziffern, Aktionen, ausliegenden Aktionskarten, baubaren Gebäuden, Baustoff- und Peso-Vorrat oft zu sehr komplexen Wenn-dann-Überlegungen und Optimierungsversuchen, die meist durch Falscheinschätzen des Gegenübers zunichte gemacht werden. Man sollte trotz der Komplexität Havanna nicht zu schwer nehmen, insbesondere da die Partie selten 45 Minuten überschreitet und damit immer die Chance einer schnellen Revanche gegeben ist. Ach ja, beim Spielende findet auch die einzige Anpassung an die Spieleranzahl statt. Hat der erste Spieler die angegebene, von der Zahl der Mitspieler abhängige, Summe an Siegpunkten an Gebäuden erreicht, endet das Spiel sofort. Das führt dazu dass Havanna seinen Charakter mit Minimal- oder Maximalbesetzung sehr stark ändert. Aktionskarten, die zu zweit erste Wahl sind, tauchen in einem Spiel zu viert kaum auf und umgekehrt.

Eigentlich ein kleines, interessantes Kartenspiel mit solider Ausstattung und einer breiten Zielgruppe, als Vorspeise für Vielspieler bis zum Hauptgericht für Gelegenheitsspielern. Leider bleibt jedoch durch das Recycling der Cuba-Grafiken und die abgedroschenen Klischees ein schaler Beigeschmack.

Infos zu Havanna

  • Titel: Havvanna
  • Verlag: eggertspiele
  • Autor: Reinhard Staupe
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 45
  • Jahrgang: 2009

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