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Höllenhaus

Höllenhaus von Anita Borchers

Bis gestern hatte ich Freunde, jetzt habe ich Höllenhaus! Höllenhaus ist ein unheimliches Abenteuerspiel, in dem das Gute gegen das Böse kämpft. Aber wer ist gut und wer ist böse? Um das herauszufinden, habe ich immer wieder Freunde gebeten, dieses Spiel mit mir zu spielen, um endlich die mystischen Abenteuer zu erleben, die Spielanleitung und Material versprechen.

Im Höllenhaus herrscht ein dunkler Meister. Nur sein ihm willenlos ergebener Diener (ein Spieler) kennt zu Spielbeginn seine wahre Identität und will seinen Meister schützen. Schützen gegen die vielen furchtlosen Jäger (die restlichen Spieler), die durch den dunklen Garten schleichen, um mit vereinten Kräften den Meister im Höllenhaus aufzuspüren und zu Fall zu bringen. Doch der Meister wartet nicht untätig ab. Längst hat er sich mit den Kreaturen der Nacht verschworen, um diese tapferen Jäger zu willenlosen Kreaturen, sprich weiteren Dienern, zu machen. Jedes Spiel wird einer von zwölf Meistern (zum Beispiel Gestaltenwandler, Sphinx oder Vampir) zufällig ausgewählt, es wird daraufhin vom ersten Diener das Aktionskartendeck individuell je Meister zusammengestellt. Jeder Meister hat ein Lieblingsartefakt (zum Beispiel Handschellen, Revolver oder Bronzehammer) und einen Lieblingsraum (wie Schlafzimmer, Musikzimmer oder Küche) im Höllenhaus, in dem er sich bevorzugt aufhält.

Der Spielplan besteht zu Beginn aus zwei Geländekarten: dem Tor, dort starten die Jäger, und der weit entfernten Krypta, von hier aus geht der erste Diener ins Rennen. Nach und nach legen die Spieler weitere Garten- und Hauskarten aus und vervollständigen so den aus sieben mal sieben Geländekarten bestehenden Spielplan. Die Jäger drängen unaufhaltsam durch den unheimlichen Garten in Richtung Höllenhaus, der Diener in die entgegengesetzte Richtung zum Tor. Irgendwann begegnen sich Jäger und Diener und werden sich unerbittlich bekämpfen. Alle haben es auf das Lieblingsartefakte des Meisters abgesehen. Der Diener, um es sicher zum weit entfernten Tor zu tragen und somit den alleinigen Sieg zu erringen. Die Jäger brauchen des Artefakt, um den Meister überhaupt in dessen Lieblingsraum erfolgreich bekämpfen und so gemeinsam siegen zu können. Aber erst einmal müssen die Jäger herausfinden, welcher dunkle Meister ihr Gegner ist. Dieses Wissen erlangt ein Jäger nur, wenn er sich erfolgreich bis zur Krypta durchschlägt oder sich der Meister ihm vorher unerwartet in den Weg stellt und zum Kampf herausfordert. Die Jäger haben Willensstärke, die sie bei jeder Begegnung mit Kreaturen benötigen. Gehen sie siegreich aus diesen Begegnungen hervor, wird ihr Wille gestärkt, andernfalls geschwächt. Verliert ein Jäger sämtliche Willensstärke, so wird er zum Diener. Diener wiederum können durch bestimmte Ereignisse ihren Willen zurück erlangen und ihrerseits zu Jägern werden. Ein wildes Bäumchen-wechsle-dich-Spiel beginnt. Das persönliche Spielziel ändert sich plötzlich, Verbündete werden unerwartet zu Feinden.

Jede Spielpartie herrscht ein anderer Meister, es gibt andere Aktionskarten und auch der Spielplan variiert von Spiel zu Spiel. Das verspricht viel Abwechslung. Diese wird jedoch durch den Spielmechanismus nicht ausgereizt. Über Glück oder Unglück, Sieg oder Niederlage wird in diesem Spiel durch gezogenen Aktionskarten und Würfelwürfe entschieden. Und eigentlich hat man ständig Karten auf der Hand, die man nicht spielen darf (nur für Jäger oder nur für Diener) oder nicht gebrauchen kann. Viele Möglichkeiten, das Spielgeschehen zu beeinflussen, haben die Spieler also nicht. Auf einen Sieg lässt sich kaum hinarbeiten, da aufgrund des teilweise sehr häufigen Rollenwechsels sich das Spielziel ständig verändert und die eigene Figur irgendwann nur noch wirr in der Gegend herumläuft.

Beste Gewinnchancen hat übrigens ein Jäger, der in der Nähe seines Startfeldes, dem Tor, herumlungert, seinen Willen verliert, zum Diener wird, dadurch Kenntnis über den herrschenden Meister erlangt, sich dessen Lieblingsartefakt schnappt, es zum Tor trägt und mal eben gewinnt. So zufällig im ersten Spiel geschehen, das auf diese Weise nach 35 Minuten endete (davon 30 Minuten Studium und Interpretation der Spielregeln).

Wer Höllenhaus spielen möchte, sollte sich schon einmal mit hitzigen Regeldiskussionen anfreunden. So stellt man zum Beispiel fest, dass in diesem Spiel Begriffe nicht einheitlich verwendet werden oder alles „Zug“ heißt, was mit Runde, Phase oder Bewegung zu tun hat. Ein Blick in die Anleitung des englischsprachigen Originals zeigt, dass sowohl „turn“ (Spielrunde) als auch „movement“ (Bewegung) mal eben ins Deutsche mit „Zug“ übersetzt wurden. Was also tun, wenn der „turn“ eines Spielers bis zu drei „movements“ beinhaltet? Ein Spieler also während seines Zuges bis zu drei Züge machen darf und bestimmte Karten nur zu Zugbeginn oder -ende ausgespielt werden dürfen? Während man die Spielanleitung studiert, geht die Bedeutung größten Teiles aus dem Zusammenhang hervor. Aber im Spielverlauf wird schnell deutlich: Aktionskarten haben keinen Zusammenhang!  „… bei jedem Zug einen Willenspunkt verlieren“ oder „du erhältst sofort noch einen Extrazug“ sind nur einige Beispiele. Sind jetzt „turns“ oder „movements“ gemeint? Viele unfreudige Regelinterpretationen und Diener-Jäger-Mutationen später, das Spielende ist immer noch nicht in Sicht, werden die erste Mitspieler von herzzerreißendem Gähnen erschüttert. Bis auch der Geduldigste vorschlägt, das Spiel einfach abzubrechen und doch etwas anderes zu spielen. Schade!

Die Spielanleitung verspricht Rettung: „Mehr Infos zum Spiel, Regelerweiterung, Szenarien etc. findet Ihr unter www.hoellenhaus.de .“ Hurra! Nun werden keine Fragen offen bleiben! Endlich werden ich dieses Spiel richtig spielen und mich verzaubern lassen. Okay, ich mach’s kurz: Ich fand „etc.“ und die Nummer des Messestandes eines fast verjährten Messeauftritts. Noch einmal Schade!

Nach einigen, meist abgebrochenen, Partien sind willige Mitspieler nicht mehr aufzutreiben. Nun werde ich wohl nie hinter das Geheimnis von Höllenhaus kommen. Oder hat es sich etwa schon im ersten Spiel offenbart und es gibt tatsächlich nichts weiter zu entdecken? Das oben bereits erwähnte englische Original heißt übrigens Black Morn Manor, was frei übersetzt soviel bedeutet wie „Herrenhaus zur schwarzen Trauer“. Mit der englischsprachigen Spielanleitung schließen sich einige Regellücken des deutschen Nachfolgers. Das Original selbst scheint allerdings die einzige Möglichkeit zu sein, um hinter das Geheimnis von „turn“ und „movement“ zu kommen.

Infos zu Höllenhaus

  • Verlag: Truant Verlag
  • Autor: Troy Denning
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 6
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 90
  • Jahrgang: 2007

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