Infos zu Majesty
- Titel: Majesty
- Verlag: Hans im Glück
- Autor: Marc André
- Spieleranzahl (von bis): 2-4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 7
- Dauer in Minuten: 20
- Jahrgang: 2017
„Mit unserem neuen Wagen können Sie sehr schnell fahren, aber wenn Sie das tun, können wir nicht garantieren, dass Sie heil ankommen.“ Wenn ein Autohersteller so sein neues Modell ankündigen würde, wer würde das wohl kaufen? Klingt das so, als hätte man mit seinem Produkt alles richtig gemacht? Und was hat das mit Majesty von Marc André (bei Hans im Glück) zu tun? Das lest Ihr in der folgenden Rezension.
Wie funktioniert Majesty?
In Majesty holen sich zwei bis vier Spieler als angehende Könige und Königinnen wichtige Personen in ihr eigenes Reich, das aus acht Häusern besteht: Müller für Mühlen, Brauer für Brauereien, Wachen für den Wachturm und noch weitere vier Personen mit dazu passenden Gebäuden. Das achte Gebäude ist ein Lazarett, in dem aber möglichst keine Person landen sollte. Aus einer Auslage von sechs Karten darf man sich eine aussuchen und legt sie passend an seine vor sich liegenden Gebäude an. Nimmt man vom Anfang der Reihe, bekommt man die Personenkarte umsonst, nimmt man vom Ende, kosten sie einen Meeple pro übersprungener Karte. Sowas haben wir unter anderem schon bei Firenze und anderen Spielen gesehen. Für jede neue Person, die man an seine Gebäude legt, gibt’s Geld, und wer nach zwölf Runden das meiste Geld gescheffelt hat, gewinnt bei Majesty.
Wie gut ist Majesty?
Über die Qualität des Materials von Spielen des Hans im Glück Verlags braucht man eigentlich kein Wort zu verlieren. Es gibt stabile Karten mit schönen Grafiken (wobei bei der ersten Auflage leider einer ein kleiner Fehler auf einer der Karten war, auf den der Verlag aber schon hingewiesen hat). Es gibt feste Plastikmünzen, die sich schön anfassen, es gibt die Carcassonne’schen Allzweck-Meeple, die zweckmäßig ihren Dienst tun. Und es gibt eine Anleitung. Die ist überwiegend gut. Überwiegend heißt, es gibt (in der ersten Auflage) einen Fehler bei der Definition des Spielendes bei zwei Personen. Im Spiel zu zweit bleiben nämlich drei Karten des Nachziehstapels übrig, was laut Anleitung nicht so sein soll. Diesen Fehler hat man mittlerweile bemerkt und eine neue Regel zum Download auf der Homepage bereitgestellt. Passt.
Die Gebäudekarten jedes Spielers sind doppelt bedruckt mit einer A- und einer B-Seite. Hat man zwei, drei Mal die A-Seite gespielt, kann man mit der B-Seite das Spiel ein bisschen variieren. Die Technik des Kartennehmens bleibt gleich, aber der Ertrag der einzelnen Gebäude und ihrer Bewohner verändert sich, wenn auch nicht grundlegend.
Spieler abgewatscht
Üblicherweise spielt man auch nur mit der A- ODER der B-Seite der Gebäude. Gewiefte Majesty-Spieler könnten aber nach noch mehr Abwechslung heischen und trotzdem auf die Idee kommen, die A- und B-Seiten in einem Spiel zu mischen. Und nun kommen wir auf den Sportwagen in der Einleitung zurück. Denn dem hat Hans im Glück gleich mal einen gedanklichen Riegel vorgeschoben. Und zwar ganz subtil: Ihr könnt natürlich die A- und B-Seiten mischen, aber dann kommt uns bloß nicht mit Regelfragen, heißt es nicht nur sinngemäß in der Anleitung. Auf Deutsch: Wir haben keine Zeit gehabt, ein Minimum an Wechselwirkungen auszuprobieren, die bei Mischung der Kartenseiten entstehen. Und wir sehen auch keinen Anlass, diese auszuprobieren. Poff!
Ich stimme mit der (impliziten) Haltung der Redaktion überein, dass hinsichtlich der mathematisch berechenbaren aber faktisch nicht überschaubaren Anzahl an Kombinationen aus A- und B-Seiten nicht jede Regelfrage in der Spielregel abgebildet werden kann. Aber ich bin nicht damit einverstanden, dass man grundsätzlich Regelfragen zu „wilden Kombinationen“ ausschließt, wenn ein Spiel sich geradezu dazu anbietet, es variable zu gestalten. Wenn es auch nur die Ausdrucksweise ist, die einer Watschn für den Spieler gleichkommt, hätte ich mir hier eine sensiblere Lösung gewünscht.
Was den Spielverlauf (bei korrekter Anwendung) angeht, hatte mich Majesty auf der Messe gleich angesprochen. Es ist schnell erklärt, die Spieldauer ist mit zwanzig bis dreißig Minuten eher kurz und lädt zu einer Revanche ein. Etwas nervig ist das ständige Zusammenschieben der mittigen Kartenauslage. Auch lässt der Spielreiz nach ein paar Partien doch nach, weil sowohl die A- als auch die B-Seiten für sich gesehen zu wenig Abwechslung bieten. Das zufällige Erscheinen der Personenkarten kann zwar taktische Variationen bewirken, aber irgendwie geht es in jeder Partie nur darum, das Optimale aus jeder Karte herauszuholen. Das hängt nicht zuletzt von dem ab, was die Mitspieler einem übriglassen. Daher spielt sich Majesty zu zweit auch ein ganzes Stück planvoller als in voller Besetzung.
Zwei Aktionen sorgen im Spiel, bei dem jeder überwiegend für sich spielt, für etwas Interaktion. Hat ein Spieler einen Soldaten angelegt, überprüfen alle anderen, ob sie genug Wachen haben. Wer nicht, muss eine Person in sein Lazarett legen, was am Ende Minuspunkte gibt. Außerdem gibt es Karten, für die jeder Spieler etwas erhält – der aktive Spieler am meisten. Vergisst der aktive Spieler darauf hinzuweisen, sind die Spieler gehalten, ihm eine geeignete Strafe zu verpassen. (Zumindest spielen wir es so.)
Am Schluss gibt es noch eine Endwertung für Mehrheiten in den einzelnen Gebäuden und eine Belohnung für diejenigen, die in möglichst vielen Gebäuden mindestens eine Person haben. Das ist ein strategisches Ziel bei Majesty, bei dem viele Punkte zu holen sind. Ein zum richtigen Zeitpunkt gesetzter Soldat kann da viel böses Blut bewirken. Diese kleinen Mittel des sich gegenseitig Ärgerns beleben eine Partie, wenn sie auch nur seltener vorkommen.
Alles in allem kann Majesty eine Zeit lang unterhalten. Doch ob A- oder B-Seite: Es reizt tatsächlich nach einer Weile, das Setup zu modifizieren. So viel Abwechslung bietet das Spiel auf lange Sicht nicht, als dass man das anscheinend vorhandene Potenzial nicht nutzen wollte. Und was liegt da näher, als neue Kombinationen auszuprobieren? So wie das Innenleben der Schachtel gestaltet ist, ist über kurz oder lang mit weiteren Gebäuden und Personen zu rechnen. Das dürfte dann wieder mit Wechselwirkungen einhergehen. Hoffen wir mal, dass Hans im Glück sich dafür mehr Zeit nimmt.
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