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Million Club

Million Club - Fotov on Playad Games

Million Club des französischen Autors Arnoud Ladagnous versetzt zwei bis sechs Spieler ins London des Jahres 1880, es ist das Zeitalter der industriellen Revolution. Damit nicht nur die anderen vom Boom profitieren, sollen wir hier tatkräftig mitmischen und aus einem lächerlichen Startkapital von sieben Millionen ein möglichst gigantisches Wirtschaftsimperium aufbauen. „Reich werden kann jeder. Die Welt erobern nur einer!“ ist passenderweise das Motto, welches der Verlag Playad Games seinen Spielern entgegenruft. Eine Kleinigkeit, könnte man meinen.

Aufs industrielle Großmagnatentum bekommt man schnell Lust: Die optische Umsetzung durch die Grafiker Henri Kermarrec und Pascal Quidalt ist gut gelungen. Die Schachtel, ansprechend düster gehalten, zeigt Industrien und Zylindermenschen und zieht mich damit sofort in ihren Bann. Spannend auch der Spielaufbau: Nicht etwa ein Spielplan findet sich in der Packung, sondern fünf Scheiben, die in der Mitte des Tisches ausgebreitet werden.

Wie wird Million Club gespielt?

Diese Aktionsscheiben stellen die fünf verschiedenen Möglichkeiten dar, die dem Spieler jede Runde zur Verfügung stehen. Jeder Mitspieler kann nacheinander zwei seiner Arbeiter auf den Scheiben platzieren. Pro Runde steht jeweils eine Aktion nicht zur Verfügung und die entsprechende Scheibe wird einfach elegant umgedreht, um dies deutlich zu machen. Ist die Setzphase beendet, werden die Aktionen nacheinander abgehandelt. Bei Gleichstand auf den Scheiben gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Gibt es keinen Gleichstand, darf derjenige, der die eindeutige Mehrheit auf einer Aktionsscheibe besitzt, ein Privileg auslösen. Die Privilegien sind allesamt stark und im Zweifel versucht man, einen Gleichstand zu vermeiden, um zum Beispiel eine zusätzliche Karte kaufen zu können oder eine weitere Aktion zu erhalten.

Durch die Nutzung der Aktionsscheiben kann man Industrie-, Kolonie- und Intrigenkarten erwerben, sich Millionen an der Börse auszahlen lassen oder in der Lobby seine Industriekarten durch Kartendrehungen ausbauen und dadurch wertvoller machen. Während die Intrigenkarten kleine Gemeinheiten beinhalten, geben Koloniekarten am Ende des Spiels zusätzliche Siegpunkte. Industriekarten besitzen an jeder Seite einen Wert von Eins bis Vier. Der aktuelle Wert zeigt jeweils auf den Spieler. Zu Beginn erwirbt man Industriekarten immer mit einem Grundwert von eins. Dann kann man Industriekarten durch sogenannte Industrie-Drehungen ausbauen – oder aber abwerten und dafür aber Geld kassieren. Es gibt drei Arten von Industriekarten (Transport, Rohstoffe und Fabriken), die sich allerdings nur durch den Namen unterscheiden und ansonsten identisch sind. Erwirbt man nun eine Industrie-Drehung, wird die Karte aufgewertet, indem man sie um einen Wert nach oben dreht. Alternativ dreht man sie um einen Punkt nach unten und erhält dafür so viele Millionen, wie die Karte vorher wert war. Ist die Industriekarte voll ausgebaut auf dem Maximalwert von vier, kann man folglich durch ein Abwerten auf die Drei immerhin vier Millionen für eine einzige Industrie-Drehung kassieren.

Die Sache mit dem Dreh bei Million Club

Drehungen erwirbt man in der Lobby – und die stellt gleich das größte Problem von Million Club da: Für jede Figur, die hier hineingesetzt wird, bekommt jede Figur so viele Drehungen, wie insgesamt Figuren im Lobbybereich zu finden sind. Hat sich nur eine Figur alleine in die Lobby verirrt, bekommt der Besitzer gerade mal eine Drehung. Bei drei Figuren bekommt jeder drei Drehungen. Gehören einem zwei Figuren, profitiert man doppelt. Stehen also vier Figuren in der Lobby und zwei davon sind meine, erhalte ich acht Drehungen. Da man durch Drehungen Industriekarten ohne Einschränkungen immer abwechselnd auf- und abwerten (auszahlen) lassen kann, erhält man durch acht Drehungen an einer Vierer-Fabrikkarte sagenhafte 16 Millionen. Bei so einer Gewinnspanne sehen alle anderen Felder alt aus und da jeder beim Drehungs-Wahnsinn dabei sein möchte, stellen sich mehr Spieler auf die Lobby und erhöhen wiederum die Anzahl der Drehungen. Bei unserem letzten Spiel zu sechst standen ab der dritten Runde alle zwölf Spielfiguren in der Lobby und gaben jedem Spieler so 24 Drehungen und dadurch sagenhafte 48 Millionen Dollar in jedem Zug.

Alternative Spielstrategien gibt es nicht. Einzelkämpfer, die gerne von diesem Schema abweichen möchten, verpassen unweigerlich einen Geldregen, der uneinholbar weit zurückwirft. Trotz intensiver Regelrecherche gibt es offensichtlich nichts, was diese Taktik beschränkt. Egal ob der Fehler im Regelheft oder einer undurchdachten Regel liegt, hier ist Asmodee dringend einen Bugfix schuldig.
Auch die Aktionsscheibe „Börse“ ist fragwürdig. Nach einer recht beliebig wirkenden Formel, kann man hier Geld abrufen. Dazu muss allerdings jederzeit der aktuelle Gesamtwert der Industriekarten festgehalten werden, getrennt nach den drei Arten. Da sich der Wert einer Industriekarte nach jeder Drehung ändert, muss hier kontinuierlich mitgerechnet werden. Bei der großen Anzahl an Drehungen (Stichwort: Lobby) wird das schnell nervenaufreibend.

So gut ist das Gesellschaftsspiel Million Club

Mit Industriekarten, Koloniekarten oder Millionen gibt es genau drei Wege, um am Ende Punkte zu machen. Man nimmt sich Geld und kauft sich mit dem Geld Kolonie- oder Industriekarten. Und das funktioniert genauso so plump wie es klingt. Für ein Gesellschaftsspiel, das so viel verspricht, ist das eine enttäuschende Optionsarmut ohne jede Tiefe. Umwege, Hintertürchen, Zwischenwertungen, spannende Mechanismen – Fehlanzeige. Da knistert nichts, da ist nichts raffiniert. So sehr sich das der Steampunk-Fan in mir gewünscht hätte: Ich fürchte, die industrielle Revolution wird ohne mich stattfinden. Wenn es so fade ist, ein Wirtschaftsimperium aufzubauen, sollen andere die Welt erobern. Ich behalte einfach die sieben Millionen.blank

Infos zu Million Club

  • Titel: Million Club
  • Verlag: Playad Games
  • Autor: Arnaud Ladagnous
  • Spieleranzahl (von bis): 2-6
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 90-120
  • Jahrgang: 2016

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