Diese Rezension ist für das Spiel Motor City, welches von Adam Hill, Ben Pinchback und Matt Riddle erdacht wurde. Es ist in Deutschland im MM-Spiele-Verlag erschienen.
Infos zu Motor City
- Titel: Motor City
- Verlag: MM-Spiele - Martin Mader
- Autor: Adam Hill, Ben Pinchback, Matt Riddle
- Spieleranzahl: 1-5
- Alter ab: 14
- Dauer in Minuten: 45
- Jahrgang: 2024
Unsere Wertung zu Motor City
Geringe Beschleunigung
Einsteigen und losfahren funktioniert beo Motor City leider nicht. Davor kommt das Studium der Bedienungsanleitung (Spielregel), die hier auch so genannt wird. Allein der Blick auf den zweiseitigen Spielblock lässt ahnen, dass es mit den vielen Symbolen in unterschiedlichen Bereichen einiges auf sich hat.
Im Spiel habe ich die Leitung einer Automobilfabrik und muss die Prioritäten in jeder der acht Spielrunden setzen. Welcher meiner fünf Bereiche soll sich aktuell weiterentwickeln, damit ich genügend Gas gebe. Je höher mein Tachowert, umso mehr Punkte bekomme ich jede Runde. Und für Meilensteine in den fünf Bereichen Entwicklung, Produktion, Verkauf, Shop und auf der Teststrecke bekomme ich Boni. Egal, wo ich diesen Bonus erhalten habe, diesen kann ich sofort für einen anderen Bereich nutzen oder erhalte Punkte für den Tachowert oder die Endwertung. Ein solcher Effekt kann auch mehrfach in meinem Zug eintreten.
Abwechselnd setzt jeder einen Würfel vom Spielbrett in seine Fabrik und bestimmt die Auswirkungen. Ich habe immer die Auswahl über mindestens zwei Würfel bis hin zu elf Würfeln.
Ist ein Würfel vom Brett genommen, führe ich drei Aktionen durch und platziere ihn in meiner Fabrik. Dann kommen die Abhängigkeiten in die Partie. Die Position des Würfels auf dem Spielbrett gewähren bestimmte Boni und bestimmen mögliche Aktionen. Meine Wahl, in welchem Bereich ich mich verbessere, bestimmen die nächsten Boni, die sofort eingesetzt werden und gegebenenfalls weitere Möglichkeiten eröffnen. Die Anzahl der Möglichkeiten habe ich nicht gezählt, ich nenne sie mal „viele Möglichkeiten“.
Motor City und die vielfältige Abhängigkeiten
Fünf Bereiche mit oft mehreren Entwicklungssträngen und unterschiedlichen Boni, die wiederum für andere Bereiche interessant sind und dort wieder Punkte bringen oder anderes freischalten. Alle Bereiche sind miteinander verzahnt. Eine geschickte Auswahl und Würfelglück bringen mich dann ganz nach vorne.
Da alle Spieler die Würfel vom gleichen Spielbrett entfernen, gilt es für mich zu überlegen, welcher Würfel der Richtige für den nächsten Zug ist. Die Auswahl wird stetig geringer. Ein Nervenkitzel, ob der richtige Würfel bis zur nächsten Runde übrig bleibt. Dies lässt (zumindest mich) die ganze Zeit aktiv sein, um den nächsten Zug zu planen.
Geld kann sehr stark sein
Manchmal gelingt eine starke erste Runde, in dem ich durch die Auswahl eines passenden Würfels gleich eine Verbesserung im Verkauf bekommen kann. Hierdurch bekomme ich anschließend (bei weiterer Wahl des Verkaufs) doppelt so viel Geld wie meine Mitspieler und kann mir hiermit weitere Verbesserungen kaufen.
Auswertung von Zertifikaten fehlt
Mir fehlt auf dem Spielblock die Auswertung des Bereichs Zertifikate. Dies hätte ich übersichtlicher gefunden und ich vergesse diese nicht so leicht.
Chef sein braucht Übung
Motor City ist ein bisschen wie im wahren Leben. So ein paar Entscheidungen sind doch schnell getroffen. Und dann sehe ich die Abhängigkeiten, was gut passt, was nicht so gut passt. Wo ich mich letzte Runde verrechnet habe und der Markt (die Würfel) sich anders entwickeln als gedacht. Habe ich meine ersten Runden gespielt, geht der relativ einfache Mechanismus aus Würfel und drei Aktionen wählen ganz gut von der Hand.
Und ich merke, es sind immer noch viele Symbole auf dem Zettel, aber sie wiederholen sich. Noch schnell ein paar einmalige und feste Abhängigkeiten finden und merken und schon habe ich meine Fabrik im Griff. Die Versandkisten und Reifen sind jeweils nur zweimal zu finden, einmal um sie zu erhalten, einmal zur Nutzung.
Boss bleibt Boss
Im Spiel bin ich der Boss eines Automobilwerks in Detroit. In der Anleitung werde ich hier nur als „Aufseher“ tituliert, vermutlich ein Übersetzungsfehler. Ansonsten treffe ich alle Entscheidungen nach Marktlage. Dass heißt: Was die Würfel hergeben.
Das Thema Automobil ist in Motor City durchgehend gut umgesetzt. Alle Bereiche der Automobilproduktion über die Teststrecken bis zum Verkauf sind abgebildet. Die im Spiel genannten TPS-Berichte sind vermutlich die Berichte „test procedure specification“ zur Beschreibung und Auswertung des gewählten Testverfahrens.
In jeder Runde wird dann noch eine Abteilung/Bereich geprüft und ist somit zumindest zum Teil gesperrt für weitere Fortschritte. Der Holzchip in Form einer Kaffeetasse sagt hier auch viel aus. Und ganz so wie andere Manager auch, kann ich hier tagesaktuell den Prüfer bestechen, ähm, muss einen Obolus zahlen, um vor der Überprüfung geschützt zu sein. Der legale Weg wäre gewesen, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, um trotz Überprüfung weiter arbeiten zu können.
Die Solovariante von Motor City
Solo spiele ich gegen Romy, einer virtuellen Gegnerin, welche mir Möglichkeiten auf meinem Spielblock wegnimmt. Die Gegnerin nimmt zufallsbestimmt über Würfel in jedem Zug die letzten Felder in der gewürfelten Kategorie weg.
Gut finde ich, dass Romy im Schwierigkeitsgrad angepasst werden kann. Auch dass Romy zufallsbedingt nach einem festen Schema arbeitet.
Um viele Punkte zu erzielen, muss ich ihre Züge und Zugmöglichkeiten in meine Aktionen mit einberechnen. Wie Romy in jeder Runde startet, ist zufallsbedingt durch die Würfel. Hat eine der acht Spielrunden begonnen, weiß ich, was ihre Züge sind. Dann kann ich hier agieren und meine Züge anpassen, sodass sie anders handelt. Auch dies kenne ich im Vorfeld. Anders ausgedrückt, Romy handelt nach einer festgelegten Prioritätenfolgen. Sobald die Würfel gefallen sind, kenne ich diese Reihenfolge und kann sie durch meine Aktionen beeinflussen.
In fast jeder Runde, muss ich damit rechnen, dass mir die Gegenspielerin Romy den Reifen B wegnimmt, weil dieser auf der mittleren Rennstrecke direkt von ihr erreicht wird. So kann ich den Produktionsbereich, welcher den Reifen B benötigt, quasi als unerreichbar für mich bewerten.
Manchmal gemein
Romy kann gemein sein. Sie weiß natürlich nicht, was sie macht, aber … Manchmal nimmt sie mir Voraussetzungen oder Boni, auf die ich lange hingearbeitet habe. Da finde ich das Spiel mit mehreren Spielern besser, weil hier keiner in meiner Fabrik (meinen Spielzetteln) rumfuscht. Die anderen können höchsten den Würfel vom Spielbrett nehmen, der mir am meisten helfen könnte. Dann muss ich einen anderen Weg/Würfel wählen. Aber meine Ziele kann mir niemand wegnehmen.
Motor City 2.0
Auch wenn es viel Arbeit ist und wäre, ein zweites Fabriklayout, also ein weiterer alternativer Spielblock, würde dem Spiel gut tun. Hier wünsche ich mir andere Abhängigkeiten, sodass andere Punkte schwer erreichbar oder über andere Wege zu bekommen sind. Den genannten Reifen B kann ich aktuell nur über das Ende der mittleren Teststrecke erreichen.
Es ist ein Würfelspiel, kein Rennspiel
Motor City ist ein Würfelspiel mit viel Planung. Es gibt ein einziges Auto im Spiel, das ist der Startspielermarker. Und als Manager der Fabrik treffe ich ähnlich wie bei Automobile die Entscheidungen und fahre keinen Testwagen. So bringe ich die Company Würfel für Würfel zum Erfolg.
Ein Diesel: erst vorglühen, dann fahren
Motor City ist für mich ein Brettspiel, bei dem ich mich durch die Anleitung zwingen muss. Die einzelnen beschriebenen Punkte sind klar, aber der Blick für das große Ganze erfolgt dann erst nach einer Proberunde. Im Spiel habe ich viel zu tun und muss den Überblick behalten. Gerade diverse Abhängigkeiten, wo ich welche Teststrecke oder Forschungsrichtung freischalte, um dann später dort erreichte Boni überhaupt nutzen zu können, ist am Anfang anstrengend. Sind die ersten Runden gespielt, funktioniert der reine Spielmechanismus gut. Motor City ist kein Spiel, um es mal eben nebenbei zu spielen, die Fabrik muss ich schon gut kennen, um hier die vielen Punkte zu holen.