Sich drehende Elemente bringen besonders Kindern meist viel Freude. Im Feuerwehrauto, auf dem Fliegenpilz oder im Ufo – solange es rundgeht, ist Spaß angesagt. Erwachsene stehen ab einem gewissen Alter Drehungen eher zurückhaltend gegenüber. Sie nehmen eher die Zuschauerrolle ein. Bei Plutocracy sind sie beides: aktives und passives Element. Während sie ihrem Raumschiff hinterhersehen, wie es zwischen und mit Planeten durch das Weltall kreist, bleiben sie fest auf ihrem Sitz. Verzweifeln können sie aber auch dann noch.
Infos zu Plutocracy: Passengers
- Titel: Plutocracy: Passengers
- Verlag: Doppeldenkspiele
- Autor: Claudio Bierig
- Spieleranzahl: 2-4
- Alter ab: 12
- Dauer in Minuten: 30 pro Spieler
- Jahrgang: 2024
Exkurs: Das ist Plutocracy
In dieser Rezension geht es vorwiegend um die Erweiterung des Spiels Plutocracy: Passengers. Doch weil wir auf Reich der Spiele bisher keine Kritik zu diesem Spiel hatten, zunächst ein kurzer Überblick über das Grundspiel.

Plutocracy – Raumschiffe auf Planeten im Weltall | Foto: Axel Bungart
In Plutocracy (Claudio Bierig, Doppeldenkspiele, 2022) fliegen 2-4 Raumhändler mit ihren Schiffen durch das Weltall, um Waren möglichst günstig zu kaufen und teuerstmöglich zu verkaufen. Sie retten Aliens und gelangen schließlich über Sitze in Gremien fünf verschiedener Planeten an die Sieg bringenden Stimmen im Plutokratischen Rat. Die Krux an der Sache: Planeten stehen nicht still, sondern fliegen ebenfalls auf ihren Umlaufbahnen durch das All. Das macht die Berechnung, wann man wo auf den Planeten der Wahl trifft, zu einer – durchaus reizvollen – Rechenaufgabe. Zumal man die eigene Zeit, die man zum Fliegen aufbringt, mit einberechnen muss. Denn Zeit steht nicht unendlich zur Verfügung.
Die lästige Konkurrenz
Nicht wirklich förderlich sind auch die Mitspieler, welche alleine durch ihre Handelstätigkeit die Preise versauen: Entweder der Kauf verteuert sich oder der Verkaufspreis sinkt. Es gilt also, auch der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus zu sein.
Nach einer festgelegten Zeit, die die Raumfahrer für ihre Aktionen aufwenden dürfen, endet Plutocracy und es gewinnt, wer die meisten Stimmen im Plutokratischen Rat sammeln konnte.
Navigation ist Trumpf bei Plutocracy
Der Mechanismus des Spiels mit den in ihren Ellipsen fliegenden Planeten ist kreativ und herausfordernd zugleich. Die eigene Flugbahn mit der der Planeten übereinzubringen und zum eigenen Vorteil zu nutzen, ist meist mit ein bisschen Grübelei verbunden, zum Teil schwierig und manchmal unmöglich. Interessant ist der Spielverlauf, welcher sowohl von der Spieleranzahl als auch von der Startkonstellation der Planeten abhängt. In voller Besetzung und je dichter die Planeten beieinander liegen, desto zäher ist der Spielverlauf. Dann fliegen sich alle Spieler ständig um die Ohren und machen sich die Preise kaputt. Kaum einer macht Gewinne, um sich die erforderlichen Sitze in den Parlamenten der Planeten zu kaufen. Zu dritt klappt das besser, weil mehr Platz für alle ist. Doch liegen die Planeten weit auseinander, führt das zwar mittelbar zu besseren Preisen, aber wegen des erhöhten Zeitaufwands für das Fliegen auch zu weniger Handel. Hier ist die richtige Navigation die Hauptaufgabe.
Der Auftritt der Passagiere

Plutocracy Passengers – Passagierkarten | Foto: Axel Bungart
Und da kommt die Erweiterung Passengers ins Spiel – ebenfalls von Claudio Bierig. Es handelt sich lediglich um einen kleinen Stapel (kleiner) Karten, die man anfangs womöglich gar nicht als Erweiterung wahrnimmt. Die Spielregel ist ebenfalls auf den Karten aufgedruckt, was das Lesen (in gefühlter Schriftgröße 3) nicht eben erleichtert.

Plutocracy – Spielregeln | Foto: Axel Bungart
Nun kann man auf jedem Planeten, zusätzlich zu den bisherigen Handelstätigkeiten, auch einen Passagier aufnehmen, der einfach zu einem anderen Planeten gebracht werden möchte. Liefert man ihn dort ab, darf man zur Belohnung eines der ausliegenden fünf Favors kaufen. Das sind Hilfeleistungen, die man sofort oder in einem späteren Zug in Anspruch nehmen kann. So unterschiedlich sie sind, so nützlich sind sie auch tatsächlich. Man kann sich Geld nehmen, eine Stimme im Plutokratischen Rat kaufen, einen Raumsprung vornehmen, Zeit beim Fliegen einsparen und noch einiges mehr.

Plutocracy Passengers – Passagier(karte) auf dem Jupiter | Foto: Axel Bungart
Besonders bei den oben erwähnten Konstellationen, die Plutocracy: Passengers erschweren, haben sich die Favors als absolut hilfreich, wenn nicht unverzichtbar, erwiesen. Ihre Funktionen klingen dabei auf Anhieb unspektakulär, doch wenn man sie anwendet, wird man der vollen Bedeutung gewahr. Sie können sehr viel mit dem Spiel machen, wenn man sie zum richtigen Zeitpunkt einsetzt.
Wichtig sind auch hier Weitsicht und Planung: Liefert man einen Passagier ab und hat kein Geld, kann man sich u. U. auch kein Favor kaufen, und der Transfer war vergebens. Der Preis der Favors hängt indes davon ab, wie viele Favors aktuell in der Auslage liegen und wie oft sie (nicht) ausgewählt werden. Denn jedes Mal, wenn ein Favor gekauft wird, wird auf die übrigen je ein Space Euro gelegt.

Plutocracy Passengers – Favors | Foto: Axel Bungart
Nie mehr ohne
Passengers ist daher ein echter Gewinn für Plutocracy. Die zusätzliche Option, einen Passagier an Bord zu nehmen, fügt sich nahtlos in den Spielzug ein, erfordert aber auch dann noch die Überlegung, ob man den Passagier in absehbarer Zeit auch absetzen kann, denn er besetzt den einzig verfügbaren Platz im Raumschiff.
Plutocracy hinterlässt spielerisch einen überzeugenden Eindruck. Eine Partie verläuft spannend, lässt strategisches Vorgehen zu und ist variabel genug, um über viele Partien zu tragen. Nur zu zweit fehlt es an Konkurrenz, wie das so ist bei Spielen mit Mehrheitenwertungen. Die angegebene Spieldauer von 30 Minuten pro Spieler ist großzügig bemessen.

Plutocracy – Spielertableau | Foto: Axel Bungart
Die Spielregel ist eindeutig und übersichtlich, die der Erweiterung leider weniger, da sie auf mehrere kleine Karten verteilt und sehr klein geschrieben ist. Aber: Plutocracy: Passengers hätte besseres Material verdient! Der Spielplan ist einwandfrei, wenngleich ein wenig uninspiriert designt. Aber das lässt sich noch mit der Leere des Weltalls entschuldigen.
Die Spielertableaus für die Raumschiffe sind labbrig-dünn und ideenlos gestaltet, die Raumschiffe und Zählmarker einfache Holzscheiben und -zylinder. Einzig die metallisch wirkenden Warensteinchen machen etwas her, jedoch bestimmt sich die Art der Ware nur durch das Feld, auf dem sie liegen. Verrutscht etwas, kann das zu Problemen führen. Die Favor-Karten und die kleine Spielhilfe auf den Spielertableaus wurden nicht übersetzt. Dadurch entsteht ein Misch-Masch aus Deutsch und Englisch. Es fühlt sich leider so an, als hätte es hier deutlich an Geld gefehlt.
Auch wenn eine ganze Portion mehr Liebe zum Detail dem Spiel gleich noch einen anderen Aufforderungscharakter gegeben hätte, muss man mich zu einer Partie Plutocracy nicht lange überreden. Aber wenn, immer gerne mit der Erweiterung Passengers.