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Save The Meeples

Save The Meeples - Ausschnitt - Foto von Blue Cocker

„Rette mich, wer kann!“, hörte man es am Stand von Blue Cocker in Essen 2019 fast aus den Spieleschachteln rufen. Der französische Verlag ist in Deutschland bisher noch nicht besonders in Erscheinung getreten. Zur Spielemesse in Essen erschien sein Save the Meeples von Florian Sirieix, was thematisch schon mal auffällig ist, da es darum geht, Meeples vor den Menschen zu schützen.

Aufbau der Szenarien

Das Öffnen der Schachtel verspricht erst einmal Pöppelarbeit. Wenn nicht den Schweiß, so haben die Götter bei Save the Meeples zumindest ein bisschen Frickelei vor den Erfolg gesetzt. Wer das Spiel in seiner ganzen Schönheit aufbauen möchte, muss neben dem üblichen Auspöppeln der Teile Eisenbahnzüge und Raketen zusammenbauen und vor allem – vier Kirigamis. Das sind gefaltete Pappaufsteller, die richtig entblättert eine dreidimensionale Kulisse darstellen. Das kennt man eher aus Kinderbüchern. Zur Qualität des Materials später ausführlicher.

Das Spielfeld bildet man aus vier Gleisen, die von der Tischmitte nach außen zu vier separaten Ortstafeln führen. Dort, wo sich die vier Gleise in der Mitte treffen, ist der Startplatz für Raketen, die die Meeples von dem Planeten wegbringen sollen, möglichst bevor zu viele Menschen in ihr Land eindringen. Ist man mit dem umfangreichen Aufbau fertig, ergibt sich ein imposantes Spielfeld.

Save The Meeples - Eisenbahn und 3D-Stollen - Foto von Axel Bungart

So spielt man Save the Meeples

Jeder Zug, der jeweils auf einem der Gleise steht, kann mit Meeples besetzt werden, um sie zum betreffenden Ort zu fahren. Ein Spieler kann in seinem Spielzug nach bester Workerplacement-Manier Meeples in einen der vier Züge setzen, einen Zug abfahren lassen, Meeples in einer Rakete platzieren oder einen abgefahrenen Zug zurückholen. Dazu kommen noch die Aktionen, die die Figuren an den Orten ausführen (Ressourcen sammeln, Menschen vertreiben, an einer Rakete bauen bzw. diese abheben lassen oder die Meeples-Gruppe verstärken).

Aufgabe der 2 – 4 Spieler bei Save the Meeples ist es also tatsächlich, die armen Meeples vor der Sklavenarbeit in der Spieleschachtel zu retten. Menschen hätten sie seit ihrer Entdeckung im Land der Meeples misshandelt und zu Zwangsarbeit in Spielen verdonnert, so die Spielregel.

Für die Spieler bedeutet dies, eines von zwei Spielzielen anzustreben: Entweder sie verhindern, dass durch bestimmte Aktionen zu viele Menschen in das Reich der Meeples einfallen oder, wenn das zu misslingen droht, retten sie die Meeples, indem eine bestimmte Anzahl an Raketen gebaut wird und diese vom Planeten starten – mit oder ohne Meeples an Bord.

Save The Meeples - Rakete - Foto von Axel Bungart

Die Punkteauswertung richtet sich demnach auch nach dem erfüllten Spielziel: Kommt es zur Menscheninvasion, werden diejenigen belohnt, die besonders zu deren Verhinderung beitragen wollten. Konnten die Meeples mit den Raketen in den Weltraum fliehen, bevor es zur Invasion kommt, gibt es Punkte für gerettete Meeples in den Raketen. Das ist zwar nicht kompliziert, aber nicht zwingend logisch und daher schon gehört dieser Wertung die volle Aufmerksamkeit.

Tolle Kulisse

Save the Meeples bietet zunächst mal eine Menge für Auge und Hand: Die Gleise mit den Zügen und die großen mehrstöckigen Raketenmodelle, die jeweils auch tatsächlich mit Meeples befüllt werden können, machen aus Save the Meeples ein Spiel zum Spielen, wo andere Verlage symbolisch bleiben. Ausstattung und Material sind üppig und erfüllen auch qualitativ jeden Anspruch. Die Figuren sind sehr hübsch und für jede Spielfarbe anders geformt, nur leider recht klein, was eben auch dem Spieltrieb geschuldet ist; sie müssen ja schließlich in die Raketen passen.

Save The Meeples - Zug - Foto von Axel Bungart

Den krönenden Abschluss bilden die vier Kirigamis, die an den vier Orten tatsächlich nur als Kulisse dienen, das Ganze aber nochmal stimmungsmäßig aufleuchten. Es hat mich aber eine geschlagene Viertelstunde pro Faltkulisse gekostet, diese so zu entfalten, dass sie heil bleiben. Die Faltungen in der recht dünnen Pappe sind teilweise so fein, dass man Angst hat, sie zu zerreißen. Richtig rechtwinklig stehen sie leider dennoch nicht.

Spielregelrätsel

Und dann kommt die Spielregel. Eine solche Spielregel auf den deutschen Spielemarkt zu bringen, könnte man wohlwollend als mutig bezeichnen, grenzt aber eher an Harakiri. Es ist noch nicht mal so, dass man das Spiel damit nicht spielen könnte. Aber sie strotzt vor sprachlichen Fehlern aufgrund falscher Wortwahl („Eisenbahnzug“, „Reparaturspur“), beinhaltet zahlreiche Redundanzen und falsche Satzstellungen, die in der Summe so Ungenauigkeiten produzieren. Es wird zum Beispiel nicht unmissverständlich klar, dass Meeples beim Kampf mit den Menschen generell verletzt werden oder welchen Sinn die Fahne in der Lok ergibt. Manches, wie die Materialverteilung zu Spielbeginn, ist zu versteckt. Gleiche Symbole haben gegenläufige Funktionen (Material nehmen/abgeben). Wesentliche Hinweise zum Spielaufbau finden sich nur auf einer Übersichtstafel statt in der Spielregel (die darauf wenigstens verweisen sollte). Kurz: Es macht einfach keinen Spaß, die Regel zu lesen. Hier wäre der Verlag gut beraten, einen Muttersprachler als Übersetzer anzuheuern, wie es sich gehört.

Save The Meeples - Tableau - Foto von Axel Bungart

Das Spiel selbst wird, wie bereits angedeutet, von seinem fantasievollen Thema und dem schönen Material ein Stück weit getragen. Beim für das Spielgenre typischen Einsetzen der Meeples ist häufig wichtig, ob man zuerst im Zug sitzt und damit als letztes die Aktion am Zielort ausführt oder anders herum. An vielen Orten können zwar mehrere Spieler dieselben Aktionen ausführen, doch fängt nur der frühe Vogel den Wurm, da nachfolgende Spieler mehr investieren müssen (Meeples und Ressourcen), was aber eingeplant sein will, wenn es gelingen soll.

Für ein überraschendes Moment sorgen die so genannten Stimmungsplättchen, welche Sonderaktionen zulassen. Hiermit gelingt es den Spielern, die eigentlich ziemlich berechenbaren Aktionen für die Gegner zu vernebeln, was insbesondere im Hinblick auf die Spielziele wichtig sein kann.

Ein Spiel – zwei Ziele

In jedem Fall sollte man seine Mitspieler weitgehend im Auge behalten, um zu erkennen, welche Ziele sie ansteuern. Denn beide können recht abrupt eintreten. An einer Stelle im Spiel werden bei bestimmten Aktionen Menschfiguren aufgestellt. Werden es zu viele, bedeutet dies eine Invasion. Dann endet das Spiel damit, dass alle Spieler Punkte für die Menschen erhalten, die sie bis dahin gefangen nehmen konnten. Mit Raketen gerettete Meeples haben dann keine Bedeutung mehr. Genau anders herum ist es, wenn die vorgegebene Anzahl an Raketen abgehoben hat. Dann zählen alle darin geretteten Meeples Punkte, während gefangene Menschen bedeutungslos sind. Das ist ganz schön verzwickt, weil z. B. ein Teil der Aktion, mit der man Menschen bekämpft, auch Menschen ins Spiel bringt. Zum anderen stellt sich immer die Frage, ob man mit der gewählten Aktion nicht die falsche Endbedingung unterstützt.

Man müsste sich eigentlich bei beiden Zielen engagieren, um für alle Fälle gewappnet zu sein, was aber mangels Ressourcen nicht hinhaut.

Also muss man sein Ziel anstreben, ohne gleichzeitig das andere zu fördern. Ein späteres Umschwenken haut jedenfalls zeitlich nicht mehr hin. Während der Spielablauf als solcher eher genretypisch ist, zieht das Spiel aus dieser Zielsplittung seinen größten Reiz.

Save The Meeples - Schachtel - Foto von Blue Cocker

Insgesamt bleibt bei Save the Meeples vom rein Spielerischen her kein so nachhaltiger Eindruck, dass es sich von anderen Workerplacement-Spielen markant absetzen würde. Das ganze Drumherum hat etwas Besonderes, aber es kann auf Dauer nicht davon ablenken, dass Save the Meeples nichts anders macht, als Dutzende vor ihm. Deswegen ist es weiß Gott kein schlechtes Spiel. Während der Spieldauer von rund einer Stunde fühlen sich Freunde dieses Spieltyps bestimmt nicht gelangweilt. Auch zu zweit gelingt schon ein sinnvoller Ablauf, doch gewinnt diese Art Einsetzmechanismus generell bei mehr Konkurrenz an Reiz. Zu wünschen wäre auf jeden Fall eine besser übersetzte Spielregel; das wäre für alle Beteiligten von Vorteil.blank

Hier geht’s zur Spielregel

Infos zu Save The Meeples

  • Titel: Save the Meeples
  • Verlag: Blue Cocker
  • Autor: Florian Sirieix
  • Spieleranzahl (von bis): 2-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 40-60
  • Jahrgang: 2019

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