Wunderpflanzen und Meistergärtner, Yunnan-Berge und Jangtse-Fluß – das klingt nach einer spannenden Erzählung, doch die Wunderpflanze entpuppt sich als Tee und die Meistergärtner beherrschen weder Kampfkünste noch uralte Magie. In Tea Garden von Albi spielen wir nur Besitzer von Teegärten in der chinesischen Region Yunnan, die im Wettstreit mit anderen Spielern versuchen, am erfolgreichsten die neue Pflanze zu kultivieren. Kein Thema, bei dem man sich vor Aufregung die Fußnägel abkaut, sondern eher eine Geschichte, die man tatsächlich gemütlich bei ätherischen Ölen, warmen Getränken und weichen Gebäck zelebriert. Wenn es denn auch Spielerisch taugt …
Infos zu Tea Garden
- Titel: Tea Garden
- Verlag: Albi
- Autor: Tomáš Holek
- Spieleranzahl: 2-4
- Alter ab: 12
- Dauer in Minuten: 90-120
- Jahrgang: 2024
Tea Garden: die Mechaniken der Teeproduktion
Tea Garden ist ein kartengetriebenes Brettspiel, bei dem man das Kartendeck auf seiner Hand dahingehend optimiert, dass man starke Haupt- und Nebenaktionen machen kann. Denn die Karten dienen mehreren Zwecken: Sie geben die Stärke für die Hauptaktionen vor, sie geben nötige Symbole für Hauptaktionen (Teekessel) und sie lassen einen bestenfalls auch eine zusätzliche Nebenaktion ausführen. Außerdem geben die Karten Punkte in der Schlusswertung.

Für die aktuelle Aktion wurden Karten mit einer Gesamtstärke von 3 ausgelegt, die für die Hauptaktion genutzt werden können. Außerdem zeigt die oberste Karte das Schiffsymbol, so dass in dieser Runde auch das Schiff um ein Feld auf dem Fluss bewegt werden kann.
Die Hauptaktionen bei Tea Garden
In einer Runde kann man bis zu 4 Hauptaktionen machen, für die man mit einer oder mehreren Handkarten bezahlt. Die Stärke der Handkarten ermöglicht erst das Ausführen einer Hauptaktion oder bestimmt die Qualität der Aktion. Einige Aktionen verlangen außerdem Teeblätter einer bestimmten Qualität. Folgende Hauptaktionen kann man machen:
- Einen Tee-Garten bauen: Tee-Gärten geben bei der Ernte am Ende der Runde Teeblätter unterschiedlicher Qualität
- Aktionskarten kaufen: Aktionskarten erweitern das eigene Kartendeck. Gekaufte Aktionskarten wandern nicht auf den Ablagestapel, sondern direkt auf die Hand und stehen somit noch in der gleichen Runde zur Verfügung.
- Tee an Karawanen verkaufen: Je nach der Anzahl verkaufter Teeblätter und der Stärke der Aktion bekommt man mehr oder weniger starke Boni.
- Tee fermentieren: Grüne Blätter werden zu braunen Blättern fermentiert. Im Gegensatz zu grünen Blättern gewinnen die braunen Blätter bei der Tee-Reifung an Qualität. Außerdem kann man braune Blätter bei Aktionen für grüne Blätter, aber grüne Blätter nicht für braune Blätter einsetzen.
- Zusätzliche Ernte: Innerhalb einer Runde kann ich Teeblätter ernten.
Auf zahlreichen Aktionskarten befinden sich außerdem drei verschiedene Symbole für Nebenaktionen, die man ausführen kann, wenn die entsprechende Karte beim Ausspielen der Aktionskarten für eine Hauptaktion oben liegt. Folgende Nebenaktionen gibt es:
- Flussfahrt: Man bewegt das Boot um ein Feld auf dem Fluss und enthält den dort abgebildeten Bonus.
- Teeschalen-Produktion: Man nimmt sich ein Teeschalen-Plättchen und fügt es seinem Teeschalen-Sortiment zu. Teeschalen verbindet man dabei über kreisförmige Symbole miteinander. Je mehr gleichfarbige Verbindungen man am Ende des Spiels hat, desto mehr Punkte erhält man. Außerdem wird auf jede kreisförmige Verbindung ein Marker gelegt, den man einmalig für eine bestimmte Aktion nutzen kann.
- Studien an der Tee-Universität: Man bewegt einen Arbeiter in einem viergeteilten Rondell und erhält bei der Platzierung Boni. Jeder Arbeiter, der einmal um das Rondell gelaufen ist, ist am Ende des Spiels 10 Punkte wert.
Schließlich gibt es noch freie Aktionen, die man jederzeit im eigenen Zug machen kann. Besonders stark ist hierbei das Ziehen auf der sogenannten Kaiser-Leiste, was nicht nur Direktboni, sondern auch starke Aktionskarten mit Boni bei der Endwertung bringt.
Tea Garden: So punktet unser Tee

Auf dem Spielbrett breiten wir uns mit Pagoden in den Regionen aus, um bei der Ernte wertvolle Teeblätter zu erhalten.
Am Ende einer Runde werden, wie weiter oben beschrieben, u. a. neue Teeblätter geerntet und bereits vorhandene Teeblätter gewinnen (braune Blätter) oder verlieren (grüne Blätter) an Qualität.
Das Spiel selbst endet nach fünf Runden und es gibt neben den Siegpunkten, die man während des Spiels erhalten hat, Siegpunkte für
- Aktionskarten
- Kaiserkarten
- der Position des eigenen Bootes auf dem Fluss
- Punkte für die Position der Arbeiter in der Tee-Universität
- Punkte für die Position auf der Kaiser-Leiste
- Punkte für die Teeschalen-Produktion
- Punkte für ungenutzte Materialien
Wie immer gewinnt auch bei Tea Garden der Spieler mit den meisten Punkten.
Tea Garden: Eher Kamillentee als Darjeeling

In der Universität betreiben Arbeiter Tee-Studien, über die man direkt im Spiel verschiedene Boni erhält. Zum Schluss gibt es Punkte für den Fleiß der Arbeiter. Wer viel studiert und sich somit viel in der Universität bewegt hat, bekommt mehr Punkte als die anderen Spieler.
Bei Tea Garden ist Deckbuilding der Hauptmechanismus.
Die Aktionskarten im eigenen Deck bestimmen die Möglichkeiten, die in einer Runde zur Verfügung stehen. Hier versucht man dahingehend zu optimieren, dass die Karten eine gute Mischung aus Haupt- und Nebenaktionen bieten, gleichzeitig aber durch Set Collection – vorgegeben durch Karten der Kaiser-Leiste – und Siegpunkten auf den Aktionskarten am Ende ordentlich zum Punktekonto beitragen.
Kettenzüge möglich
Gleichzeitig versucht man über Boni, im eigenen Zug möglichst viele freie Aktionen zu machen. Auch bei Tea Garden sind Kettenzüge in einem gewissen Umfang möglich und ein Schlüssel zum Sieg. Da solche Kettenzüge immer auch eine gewisse Planung erfordern, kann dies bei besonders ehrgeizigen Mitspielern zu Optimierungswahn und nerviger Downtime führen. Dieses Problem hat Tea Garden allerdings nicht alleine. Nur durfte ich mir eine schöne Party Tea Garden dadurch versauen lassen, dass ein Mitspieler bei jedem Zug alle Möglichkeiten mit entsprechenden Kommentaren durchging und die Partie auf über vier Stunden aufblähte. Da hilft auch der stärkste Nerventee nicht mehr.
Das Thema Tee bleibt leider im Hintergrund
Wirklich enttäuschend ist bei Tea Garden allerdings, dass die Fermentierung des Tees keine besondere Rolle spielt. Gut, fermentierter Tee verliert nicht an Qualität und fermentierter Tee wird für gewisse Aktionen benötigt, aber das Fermentieren nahm wenig Raum ein und schien nicht entscheidend für Sieg und Niederlage. So interessant der Mechanismus auch klingt, im Spiel macht sich davon wenig bemerkbar.
Auch wenn ich das Potential für Optimierungswahn weiter oben erwähnte, so ist die Verzahnung der verschiedenen Elemente gut gelungen, ohne dass dies übertriebene Komplexität ins Spiel bringt. Tea Garden lässt sich dabei gut erklären und wird auch von Gelegenheitsspielern, die das eine oder andere Kennerspiel schon gespielt haben, schnell verstanden.
Auch das Thema scheint bei diesem Euro Game immer mal wieder durch. Hierfür sind natürlich die Tee-Gärten auf dem Spielplan, die am Ende einer Runde weitere Teeblätter bringen, und der kritisierte Qualitätswandel der Teeblätter zuständig. Tee-Universität und Kaiser-Leiste hingegen sind typische Leisten, die man raufklettert, um Boni und Punkte zu generieren. Wirklich zum Thema tragen sie dabei nicht bei.
Die Optik und das Material des Spiels werden häufig gelobt. Ich sag mal so:
Das Material ist zweckmäßig. Es brennt mir nicht die Linse raus, aber ich habe auch nicht das Bedürfnis, mir morgens nach dem Aufstehen Karten und Marker anzuschauen oder das Spielbrett an die Wand zu hängen.
Wenn ich Tea Garden mit den zwei anderen Titeln des Autors Tomáš Holek vergleiche, so würde Tea Garden das Schlusslicht bilden. SETI ist definitiv die stärkste Nummer, aber auch Galileo Galilei hat mir in meiner ersten und einzigen Partie zu meiner eigenen Überraschung richtig gut gefallen. Beide Spiele sind vom Thema, von der Aufmachung und vom Unterhaltungswert einfach stärker als Tea Garden. Tea Garden ist “nur” ein weiteres schönes Kennerspiel, das man gerne spielt, aber kein Erlebnis bietet, über das man im Nachgang viele Worte verliert. Es sei denn, jemand macht aus seinen Zügen eine Wissenschaft.
Tea Garden ist 2024 zur Spiel in Essen bei Albi erschienen. Im 2. Quartal 2025 wird das Spiel in Deutschland über Huch! vertrieben.
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2 Kommentare
Ich habe mir von den beiden Spielen, SETI und Galileo Galilei, Videos angeschaut und muß sagen, dass mir beide Spiele einfach zu komplex sind um einfach einmal ein schönes, unterhaltsames Spiel (in meinem Fall mit meiner Frau) als Unterhaltung abends zu spielen.
Tea Garden habe ich für uns bestellt und hoffe, dass es uns bald erreicht.
Ein Video über das Spiel haben wir uns schon angeschaut und müssen sagen, dass uns die Spieltiefe und die Wiederspielbarkeit vollauf ausreichen.
Dazu kommt: Wir sind nicht mehr die Jüngsten und für uns bringt Tea Garden die ausreichende „Aufregung“, so wie wir es denn spielen können. ):
Hallo Wilfried,
Danke für Dein Kommentar. Ich glaube, dass sich Tea Garden und Galileo Galilei in Sachen Komplexität nicht viel tun. Hier entscheidet man sich vermutlich über Thema und Mechanismen für eins der beiden Spiele. Mit Tea Garden macht Ihr aber sicherlich nichts falsch. Es kam in meinen Runden gut an. Schreib doch einmal, wie Euch Tea Garden gefallen hat, sobald Ihr es gespielt habt.
Beste Grüße
Dirk