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Token Economy

Token Economy - Ausschnitt - Foto von Bots don't cry

Marketing ist alles. Oder zumindest fast. So wird beispielsweise Token Economy von Bots don’t cry offensiv als erstes Brettspiel zu Tokenisierung und Kryptohandel vorgestellt. Es soll uns auf spannende und lustige Weise Blockchain zum Anfassen und einen spielerischen Zugang zum ganzen Themenkomplex bieten.blank

Das tönt natürlich wunderbar, was sicher auch das Ziel der Präsentation von Token Economy war und selbstverständlich nicht zu beanstanden ist. Offen bleibt jedoch, ob das Ganze dann auch tatsächlich die vorherigen Ankündigungen erfüllt. Das ist leider nicht immer gegeben, wie die Erfahrungen leider immer wieder in durchaus unschöner Weise zeigen.

Wie funktioniert das Kryptohandel-Brettspiel Token Economy?

Der erste Blick auf Token Economy weckt jedenfalls nicht nur positive Erinnerungen und Erwartungen. Wir haben einen grossen Spielplan vor uns mit haufenweise Zielfeldern, die neben Ereignis- und Spezialaktionen vor allem Unternehmungen und andere Assets wie den Zürcher Hive Club oder die Markenlizenz des Matterhorns (ja, Token Economy kann und will nicht verbergen, dass es schweizerischen Ursprungs ist) darstellen und erworben werden können. Über zwei Börsen tokenisieren wir anschliessend unsere Aktiven in Form von Kryptowährungen. Durch geschickte Beteiligungen und Investments wächst so im Idealfall das Vermögen, wobei Ereigniskarten aller Art und fachspezifische Quizfragen zur Kryptowelt für Spannung und einen spielerischen Wissenstransfer sorgen sollen.

Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass auf der Website des Verlags zugleich von Kundengewinnung und -bindung, einem exklusiven Mitarbeitergeschenk für Unternehmen sowie von Unterricht und fachspezifischen Veranstaltungen die Rede ist – Lernspiele haben ja nicht gerade den besten Ruf. Besonders nicht, wenn der zu vermittelnde Inhalt scheinbar im Zentrum steht und nicht innovative Mechanismen oder allerlei Herausforderungen im Spiel selber.

Token Economy - Material - Foto von Bots don't cry

Tatsächlich wirkt Token Economy trotz des modernen Themas und der ungewöhnlichen, nüchtern-abstrakten Schachtelgrafik reichlich altbekannt und angestaubt. Bei uns jedenfalls kann mit einer weiteren Monopoly-Neuauflage oder einem entsprechend -Klon niemand mehr hinter dem sprichwörtlichen Ofen hervorgeholt werden. Denn auch bei Token Economy bewegen wir uns würfelnderweise vom Startfeld aus über den netzförmig angeordneten Parcours vorwärts, um möglichst viele der unterschiedlichen Assets zu erwerben, falls diese noch frei sind. Immerhin erhalten wir mit der Zahlung des Kaufpreises nicht nur eine Besitzurkunde, sondern auch eine Anzahl dazugehörender Tokens, die wir jederzeit ausgeben und an interessierte Mitspielende verkaufen können oder allenfalls müssen. Betritt später jemand anderes das jeweilige Feld, streichen die Eigentümer der Besitzurkunde und der Tokens je einen vorgegebenen Betrag ein.

Selbst ein Gefängnis gibt es bei Token Economy, hier Finanzaufsicht genannt, und auch das Hauptproblem von Monopoly, nämlich das Phänomen, dass bald einmal erkennbar ist, wer gut ins Spiel gestartet ist und viele einträgliche Felder besitzt, während der Rest der Partie ein langsames Ausbluten aller anderen Mitwirkenden ist, die unglücklicherweise kaum passenden Beteiligungen erwerben konnten und so im weiteren Verlauf des Spiels kaum eine Chance haben, irgendwie Boden unter die Füsse zu kriegen.

Brettspiel Token Economy: Keine Blockchain zum Erfolg?

Trotz dieses einfachen und altbekannten Ablaufs weist die Anleitung zu Token Economy unerklärliche Lücken auf, was ganz einfach unverständlich und ärgerlich ist. Diverse Einzelheiten werden derart schlecht oder gar nicht erklärt, dass man entweder Hausregeln entwickeln muss oder allenfalls beim Verlag rückfragen kann. Immerhin erhält man von dort freundliche Antworten.

Und so wird klar, dass die dicken Pfeile auf dem Spielplan mögliche Wege der Spielfiguren zwischen den Lauffeldern darstellen, die dünnen dagegen ausschliesslich die verschiedenen Verbindungen einer Blockchain symbolisieren sollen und offenbar nicht begangen werden dürfen (insere Hausregel war da eine ganz andere …).

Ebenso sollen tatsächlich sechs Runden gespielt werden, wobei jede Runde abgeschlossen ist, wenn alle einmal am Zug waren. Das Ungewöhnliche ist, dass bis da noch kaum etwas im Spiel passiert ist. Und so schlagen die Macher von Token Economy vor, dass das Spiel auch beliebig verlängert oder andere Limiten gesetzt werden können, beispielsweise dass jemand einen Betrag X an tokenisierten Assets oder Kryptowährungen besitzt – wir haben allerdings dankend darauf verzichtet, den Abschluss der Partie in dieser selber zu bestimmenden Weise weiter hinauszuzögern …

Wirtschaftsspiel Token Economy - Spieleschachtel - Foto von Bots don't cry

Aber vielleicht erklären sich diese Mängel im Spiel ja durch die Tatsache, dass Token Economy nicht zuletzt bzw. hauptsächlich einen Lernerfolg anstreben will (vgl. oben). Allerdings funktioniert selbst das eher schlecht als recht. Unter den Ereigniskarten finden sich zahlreiche Quizfragen, die jedoch inhaltlich derart in die Tiefe gehen, dass sie ohne Vorwissen im Fachgebiet der Token Economy kaum korrekt beantwortet werden können. Allerdings macht das Spiel selber halt nicht genügend Spass, um im Verlauf einer oder mehrerer Partien die nötigen Zusammenhänge verstehen und die richtigen Lösungen erlernen zu können.

Das ist schade, kann bei Token Economy doch durchaus viel Herzblut und Engagement der Leute vermutet werden, die das Spiel entwickelt hatten. Allerdings wurde die Erstausgabe von Token Economy offenbar als Kickstarter-Projekt veröffentlicht. Und das ist dem Spiel leider anzumerken, fehlte so doch die ordnende Hand eines erfahrenen Spielverlags und dessen Fachkräfte. Diese hätten dem Spiel ziemlich sicher mehr und interessantere spielerische Elemente zugeführt, die ihm gut getan hätten und nun halt eben fehlen. Eigentlich schade.

Infos zu Token Economy

  • Titel: Token Economy
  • Verlag: Bots don't cry
  • Autor: Felix Saible, Dominik Jocham, Loraine Olalia
  • Spieleranzahl (von bis): 2-6
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14
  • Dauer in Minuten: 60
  • Jahrgang: 2021

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