Das Haus zu verlassen, um sich für eine Stunde in einen fremden Raum einzuschließen? Das muss heutzutage keiner mehr! Unzählige kleine Schachteln voller Rätselspaß haben die Spieltische der Welt erobert und lassen das heimische Wohnzimmer zum „Escape Room“ werden. Die Idee hatte durchschlagenden Erfolg. Zuletzt wurde die Kosmos Reihe unter dem Titel „Exit – Das Spiel“ Kennerspiel des Jahres 2017. Das Angebot reicht aber noch weiter mit „Escape Room“ von Noris und „Escape the Room“ von Thinkfun. Die Namen ähneln sich, so wie auch das Konzept. Mit ganz anderem Namen gibt es jedoch auch das Spiel Unlock! von Cyril Demaegd (Space Cowboys/Asmodee). Aber auch hier ist der Grundgedanke zunächst gleich: Ein Raum. Eine Zeitvorgabe. Knifflige Hindernisse stehen vor dem Ziel: Flüchte aus dem Raum. Nachdem ich über ein Dutzend reale Escape-Räume gemeistert sowie die oben benannten Spiele getestet habe, stürzte ich mich mit euphorischem Enthusiasmus auf Unlock!. Im Grundset warteten gleich drei Abenteuer (Die Formel, Die Mausefalle, Die Insel des Dr. Goorse).
Was ist bei Unlock! anders?
Zuerst einmal hat es eine App. Und die ist Pflicht! Somit ist ein Smartphone oder Tablet unumgänglich. Nicht jedoch um Mails oder den WhatsApp-Status zu checken, sondern um ganz neue interaktive Möglichkeiten an den Spieltisch zu bringen. Die App bietet neben einem Timer und einer passenden Hintergrundmusik auch ein Feld um Zahlencodes einzugeben. Die Codes werden gleich im System geprüft. Ist er falsch, so wird umgehend etwas von der kostbaren Restzeit abgezogen. Ist er dagegen richtig, liefert die App alle nötigen Informationen wie es nun weitergeht. Töne und Bilder werden ebenfalls ins Spiel integriert. Und das in Verbindung mit ganz analogen Spielkarten. Die Karten sind zum Glück größer als jene anderer Spiele. Sie verhindern jedoch immer noch nicht, dass wir beim Aufdecken mit dem Kopf aneinander gestoßen sind. Es sind teilweise sehr detailreiche Bilder aufgedruckt, immer noch zu klein für eine Spielrunde von vier oder mehr „Ausbrechern“. Der Stil der Bilder wechselt von realistisch gezeichnet bis hin zu kindlich comichaft, je nach Abenteuer. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail: Bei Unlock! habe ich gelernt jede noch so schemenhafte Zahl zu suchen, die sich auf den Karten verstecken könnte. Bei Erfolg darf man nämlich eine zusätzliche Karte vom großen Stapel aufdecken, um der Lösung näher zu kommen.
Viel zu oft musste ich hier schon den „Hinweisbutton“ drücken. Natürlich in der App. Bei einer Rätselblockade hilft sie weiter und gibt Denkanstöße. Die Hilfefunktion funktioniert leider unterschiedlich gut (oder soll ich sagen schlecht?). Die Tipps waren entweder zu offensichtlich oder zu kryptisch. Dazwischen scheint es nichts zu geben. Zudem muss man den Tipp zu einer konkreten Karte anfordern. Der wegweisende Hinweis befand sich meist woanders … Bloß wo? Und wenn der erste Fingerzeig nicht zündet, was dann? Andere Escape Spiele machen das besser. Die Exit-Reihe begleitet mit drei Hinweisen in Etappen das Niveau der Spieler, bis sie schließlich die Lösung offeriert, falls es einen gedanklichen Totalausfall gab. Um selbiges bei Unlock! zu vermeiden wurde nun die App verbessert und nachträglich einige Mehrfachhinweise eingepflegt. Das tut auch hin und wieder Not.
Im zweiten Spiel sahen wir zwischendurch den Baum vor lauter Blättern nicht … Und das im Herbst! Das führte zu einer Zäsur von etwa 20 Minuten. Da ging einfach nichts mehr. Der Kopf war leer, die Augen entdeckten nur noch das gleiche. Dann die rettende Idee: Verrückt sein! Das half und förderte die Lösung zu Tage. Allerdings blieb die Logik hierbei auf der Strecke. Zumindest redete ich mir das ein. Schließlich hatte die „Denkpause“ gepaart mit den falschen Codeeingaben und den Tipps zu einigen Minuspunkten sowie Zeitstrafen geführt. Das loggt die App übrigens auch alles und ich durfte mir nach Erreichen des Ziels meine Sterne abholen, um zu feiern wie gut ich doch war. Naja, bei zwei von fünf Sternen war die Siegesfeier doch eher verhalten. Selters für alle!
Unlock!: Wie sagte Konfuzius? Der Weg ist das Ziel!
Der Spielweg ist bei Unlock! gepflastert mit Grübeln, Spürsinn und kognitiven Herausforderungen. Nicht alle finde ich „logisch“ jedoch oft unterhaltsam. Das Denkerhirn muss ganz schön schuften und das Adlerauge bleibt wachsam. Dabei sein ist alles. Nachdem ich nun mehrere Euro in die Phrasenkasse geworfen habe, spare ich mir den Rest auf für die kommenden Abenteuer, welche für die Unlock! App angekündigt wurden: Unlock! Mystery Adventures Box 2. Der Name ist hier auch Programm. Ablauf und Stil der Episoden von Unlock! haben mich viel mehr an „Point’n’Click“ Computerspiele meiner Jugend erinnert. Die Abenteuer von „Monkey Island“ oder „Indiana Jones“ kamen mir beim Spielen öfter in den Sinn. Ganz nach der Devise: „Benutze A mit B“. Nur um anschließend zu lesen: „Das geht so nicht“.
Triumphierend hab ich das Spiel übrigens am Folgetag an Freunde weitergegeben. Karten und App bleiben bei Unlock! zum Wohlwollen der Natur gänzlich unbeschädigt. Ganz im Gegenzug zu meinem Ego, das ein paar Kratzer erlitten hat. Aber wer sagt, dass mein Freundeskreis besser abschneidet? Die App wird es zeigen.
Wer die App und ein kurzes Abenteuer mal ausprobieren möchte, der findet auf der Seite von Asmodee ein Rätsel zum Ausdrucken. Dafür muss jedoch wiederum ein wenig Zellulose in Form von Druckerpapier geopfert werden.
Infos zu Unlock Escape Adventures
- Titel: Unlock Escape Adventure
- Verlag: Space Cowboys
- Autor: Cyril Demaegd
- Spieleranzahl (von bis): 2-6
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
- Dauer in Minuten: 60
- Jahrgang: 2017
Werbung
Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive