Das in dezenten Farben gehaltene Spielecover zeigt ein großes Segelschiff vor Anker einer vermutlich holländischen Küstenstadt. Wer hier nun ein Spiel um Segelschiffe erwartet, oder irgendwelche Abenteuer auf hoher See, wird enttäuscht. Denn Vor dem Wind ist ein knallhartes Handelsspiel um die zu verladenden Waren, bevor der Wind einsetzt und die Schiffe den Hafen verlassen.
Gehandelt wird mit vier verschiedenen Warenarten, die zunächst erworben, dann ins Lager geschafft und anschließend verschifft werden müssen. Für jede dieser drei Aktionsarten gibt es einen separaten Kartenstapel, von denen der aktive Spieler insgesamt so viele Karten aufdeckt, wie Spieler teilnehmen. Er bestimmt dabei, von welchem Stapel gezogen wird, und somit welcher Art die möglichen Aktionen sein werden. Jeder Spieler nimmt sich nun einfach eine Karte seiner Wahl oder bietet einen Geldbetrag auf eine Karte, die sich schon ein anderer Spieler ausgesucht hat. Solch ein Gebot bietet sich natürlich immer an, wenn die noch nicht ausgewählten ausliegenden Karten nutzlos sind. Die noch übrigen Spieler dürfen sich an dieser Bietrunde beteiligen. Anschließend muss der betroffene Mitspieler seine Karte nun entweder für das Höchstgebot verkaufen oder an den Niedrigbieter sein Gebot bezahlen.
Auf diese Weise haben alle Spieler stets Einfluss darauf, wie „teuer“ besonders gute Karten erworben werden. Oft genug steht man jedoch vor einem zusätzlichen Dilemma: Lieber kostenlos die noch freie Karte nehmen – oder doch besser gegen einen Mitspieler bieten? Zumal eine Bietaktion nie garantiert, dass man auch die Karte erhält.
Manchmal sind es dann auch die Umstände, die eine solche Entscheidung beeinflussen. Muss ich noch schnell ein paar Waren verschiffen, bevor die Handelsschiffe gefüllt sind und ein Teil der noch übrigen Waren verdirbt? Oder kann ich einen Mitspieler am Verschiffen hindern, indem ich ihm mit bestimmten Waren zuvorkomme? Brauche ich vielleicht dringend Geld, oder fehlen mir bestimmte Waren?
An Komplexität gewinnt das Ganze noch durch spezielle Sonderkarten, die in Kombination mit herkömmlichen Aktionen zusätzliche Möglichkeiten eröffnen. Schon ein kleiner Austausch von Waren mit einem anderen Lager kann so manch gut geplante Strategie des Gegners über den Haufen werfen, wenn dieser die Handelsflotte plötzlich nicht mehr mit den geforderten Warenarten beladen kann.
Trotzdem ist eine ordentliche Strategie Grundlage für den Handelserfolg, denn wer es versäumt, rechtzeitig Einkommen zu erwirtschaften, sieht sich schnell handlungsunfähig. Ohne Geld kein Gebot, ohne Gebot keine gute Aktionskarte, ohne gute Karte keine Chance. Richtig viel Kohle bekommt man, wenn man mittels Sonderkarte einen Sonderverkauf einer ganzen Warenart durchführen kann. Und ganz nebenbei: Auch beim Einkauf der Waren muss man hart kalkulieren, denn verderbliche Waren wie Äpfel oder Käse sind halt doch einem deutlich höheren Verlustrisiko ausgesetzt als beispielsweise Tuch.
Abgesehen vom wachsenden Wirtschaftsvolumen läuft jede Partie und jede Runde gleichförmig ab. Die ansprechend illustrierte Karten unterstützen den Charakter des Handelsspiels und lassen sich gut unterscheiden. Wem es allerdings gelingt, einigermaßen zügig Kapital zu erwirtschaften, kann zum Spielende hin eine Menge Druck ausüben und seine eigene Strategie meist problemlos durchsetzen. Wer dagegen zwischendurch mit wenig Geld dasteht, kann durchaus in Rückstand geraten, wenn die Mitspieler durch geschicktes Aufdecken von Karten und Mitbieten sinnvolle und machbare Aktionen unterbinden.
Aufgrund des gleichförmigen Spielablaufs dämpft die Langzeitmotivation den hervorragenden Ersteindruck ein wenig. An der Tatsache, dass es sich bei Vor dem Wind um ein erstaunlich gutes und preiswertes Handelsspiel handelt, ändert dies aber nichts.
Infos zu Vor dem Wind
- Verlag: Phalanx Games
- Autor: Torsten Landsvogt
- Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
- Dauer in Minuten: 90
- Jahrgang: 2007
Werbung
Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive