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Jeff Widderich über die Schwäche deutscher Spiele

Jeff Widderich mit seiner 3D-Mütze von Reich der Spiele

Neue Ideen braucht das Spiel

Jeff Widderich, Autor und Mann hinter dem kanadischen Verlag Cardchess, versucht mit seinen Spielen neue Wege zu gehen. Häufig versucht er, die dritte Dimension mit in das Spieldesign einzubringen. Das gelang zum Beispiel bei Kreuzwortpyramiden und Käse Maus Chaos gut – man konnte das Spielmaterial wirklich anfassen. Sein kommendes Spiel Oh-No-Ah wird kleine Spielzeugtiere als Spielmaterial enthalten. Die Entwicklung des deutschen Spielemarktes sieht er zum Teil sehr kritisch. Er vermisst innovative Elemente.

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Jeff, du hast dich mehrfach dafür ausgesprochen, den Mut zu zeigen, innovative Spiele zu veröffentlichen. Glaubst du, dass die Spieleszene sich sonst nicht weiter entwickelt?
Oh-No-Ah wird Spielzeugtiere enthalten von Reich der Spiele„Ich sehe zwei große Probleme. Es sieht so aus, dass Spiele nur noch ein oder höchstens zwei Jahre in der Gunst des Publikums stehen. Etwas neues wird das Alte ersetzen. Es gibt keine Zeit mehr, ein Spiel langsam in den Markt einzubringen. Alle Beteiligten sind mitschuldig. Die Verlage müssen immer etwas Neues anbieten, um zu überleben. Die Geschäfte müssen sofort sehen, dass sich ein Spiel gut verkauft, sonst wird es nie wieder bestellt und schnell zu Sonderpreisen ausverkauft. Die Spieler sind immer mehr süchtig nach neuen Spielen. Dadurch werden gute Spiele vom Vorjahr schnell vergessen. Es ist ein sehr gefährlicher Kreislauf, an den sich die Verlage angepasst haben.
Das zweite Problem ist, dass es jedes Jahr weniger Raum geben wird, etwas ganz neues zu erfinden. Papierteile, Kunststoff und Holz können nicht unbegrenzt hin- und hergebogen werden. Brettspiele haben eingebaute Grenzen. So langsam ist die Entwickelung von Spielen an einem Punkt angekommen, an dem es notwendig ist, etwas ganz Neues zu suchen. Eine neue Richtung wird sich aus dieser Notwendigkeit entwickeln.“

Die Möglichkeiten, innovativ zu sein, werden natürlich mit jedem Spiel schwerer. Wo siehst du ein Potenzial, neue Ideen in die Spiele-Entwicklung einzubringen?
„Ich bin immer der Meinung das einfachere Konzepte die Zukunft sind, besonders dann, wenn man seine Spiele gleichzeitig in Amerika und Europa verkaufen muss. Einfachere Ideen sind schneller an den Markt zu bringen und überleben länger. Diese Einfachheit ist zehn Mal so kompliziert zu entwickeln, als ein Spiel, das von gezielten Mechanismen aufgebaut wird. Einfache Spiele und Ideen (richtige Erfindungen) werden die Zukunft der Spiele Welt sein. Hoffentlich sind die Spieleautoren fähig, solche Ideen zu verwirklichen.“

Mit zum Beispiel Kreuzwortpyramiden und Käse Maus Chaos hast du Spiele entwickelt, die optisch auffallen. Es gibt nicht einfach nur ein Brett und ein paar Plättchen, sondern das gesamte Spiel hat eine dritte Dimension, wirkt räumlich und lädt zum Anfassen ein. Wie wichtig ist dir dieses Design und glaubst du, dass andere Verlag häufiger solche Spiele veröffentlichen sollten?
Der Prototyp von Käse Maus Chaos von Reich der Spiele„Ich denke und arbeite den ganzen Tag in der dritten Dimension mit meiner Kunstfirma 3D Artifacts. Ich erfinde und verbessere meine Spiele mit 3D-Prototypen, die mir immer etwas mehr zeigen, als mit Papier und Bleistift. Diese Anspruchvolle Ausstattung gibt ein besseres Spielgefühl. Einfache Familien-Spielideen zum Anfassen sind meiner Meinung nach die Zukunft, es wird jedes Jahr mehr solche Spiele geben.“

Wie entwickelst du solche Spiele?
„Ich bin Kunstrestaurator. Deshalb fällt es mir leicht, meine Ideen als Modell umzusetzen. Zum Beispiel ist Pompeji – Die letzten 37 Minuten aus einem zwei mal zwei Meter großen Prototypen mit geschnitzten Häusern entstanden. Diese Modelle versuche ich dann für die Produktion zu optimieren.“

Gibt es wirklich einen Nachholbedarf an Spielen, die man „anfassen“ kann? Kann denn damit die Spieleszene voran gebracht werden?
„Die Spielszene wird langsam diese Richtung einschlagen. Die Menschheit, die immer weniger Zeit hat, wird die Spiele kaufen, die einfacher sind (schnell zu lernen) und gut zum Anfassen sind. Lernerfolg und Spiele, die Familienspaß mit sich bringen, werden gekauft.“

Worin siehst du die größte Schwäche deutscher Spiele?
Pompeji hat einen fotografischen Spielplan von Reich der Spiele„In deutschen Spielen werden Probleme, die beim Spieldesign entstehen meistens mit zusätzlichen Regeln gelöst. Wenn diese Regeln weitere Probleme verursachen, werden wieder neue Regeln gesucht, um die neuen Probleme zu lösen. So setzt sich das fort. Deutsche Spiele sind sehr regellastig. Bei meinem Pompeji dagegen ist es zum Beispiel so, dass die Geschichte die Lösungen bietet. Die Spieler haben immer die Möglichkeit, der Lava zu entkommen. Keine Spielfigur wird einfach vom Spielbrett entfernt. Das ist viel realistischer. Wenn heute ein Lavastrom auf Menschen zufließt, springen diese doch auch zur Seite. Die Regeln sollen nicht die Spiel-Probleme lösen, sondern das Thema muss dem Spiel helfen.“

Wie stehst du Erweiterungen und Neuauflagen gegenüber? Bremsen solche Produkte nicht die Spiele-Entwicklung aus?
„Sie bringen Geld, die neue Produkte finanzieren. Es gibt aber eine Toleranz, die berücksichtigt werden muss. Es kann nicht so endlos weitergehen, wenn man der Brettspielwelt helfen will. Neue Ideen bieten neue Möglichkeiten für alle.“

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