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Spieleautor Michael Rieneck über Das Fundament der Ewigkeit

Das Fundament der Ewigkeit - Foto von Kosmos

Literarisch eigenständiges und doch vertrautes Würfel-Management

Michael, derzeit, kurz vor der Spiel 17, erscheint dein neues Brettspiel Das Fundament der Ewigkeit zum Roman von Ken Follett. Wie eng ist das Spiel thematisch an der Literaturvorlage? Worum geht es im Spiel?
„Ich denke, die Nähe zum Buch lässt sich in etwa mit den beiden Vorgängerspielen vergleichen. In Die Säulen der Erde war der Kathedralenbau das zentrale Thema und bei Die Tore der Welt die aufkommende Pest. Bei Das Fundament der Ewigkeit ist es nun der sich entwickelnde Religionskonflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Die Spieler werden – wie bei den anderen beiden Spielen auch – viele Figuren aus dem Roman wiedertreffen. Sie spielen tatsächlich eine zentrale Rolle im Spiel. Und Ereignisse dürfen bei einer Romanverspielung selbstverständlich auch nicht fehlen.“

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Wie bringst du dieses Thema in einen Mechanismus: Was ist Aufgabe der Spieler und mit welchen Spielmechanismen bietest du dabei Spielspaß?
„Die Spieler schlüpfen in die Rolle von Händlern, die in den wichtigsten Ländern Europas Geschäfte machen wollen. Die unsichere poltische Lage erfordert dabei einiges taktisches Geschick. Für ihre Geschäfte benötigen sie Handelshäuser in den jeweiligen Ländern. Allerdings können diese schnell verloren gehen, wenn sich in dem Land ein Konflikt zwischen den Konfessionen entlädt und sie gerade mit der unterlegenen Seite sympathisieren. Auf der anderen Seite bringt die Anhängerschaft zur siegreichen Seite des Konflikts wertvolle Extra-Siegpunkte. Die Entwicklungen in den einzelnen Ländern sollte man daher stets im Auge haben. Anders als im Roman geht aber im Spiel alles noch relativ  gesittet zu. Der Verlust eines Handelshauses bringt einen noch lange nicht vom Erfolgskurs ab und schon gar nicht auf den Scheiterhaufen.

Gesteuert wird das Spiel durch Würfel, von denen jeder Spieler einen eigenen Satz hat. Mit diesen werden Kontakte zu wichtigen Personen geknüpft, die angesprochenen Handelshäuser errichtet und Einfluss auf die politische Lage in den einzelnen Ländern genommen. Außerdem bieten sie noch eine Reihe wertvoller Zusatzaktionen. Diese einzelnen Aspekte sind dabei eng miteinander verwoben. Es geht hier also um ein cleveres Würfelmanagement.“

Kannst du uns schon etwas zum Spielmaterial und den Illustrationen sagen? Wie wird die Ausstattung sein und wer ist Illustrator?
„Das Spielmaterial ist – wie man es von Kosmos kennt – sehr hochwertig. Die künstlerische Umsetzung des Themas hat wieder Michael Menzel übernommen und dabei eine wunderbare Brücke zu den beiden Vorgängerspielen geschlagen. Optisch präsentieren sich die drei Spiele unverkennbar als Einheit, eine echte Trilogie – auch wenn sie sich von den Spielmechanismen natürlich deutlich voneinander unterscheiden. Ich finde, es sieht alles wieder großartig aus. Die Fantasie der Spieler wird angeregt und sie werden spielerisch in Zeit von Königin Elisabeth I. versetzt.“

Das Wechselspiel zwischen den Konfessionen bedingt ein geschicktes Verhalten der Spieler. Worauf sollten speziell Neulinge bei Das Fundament der Ewigkeit achten? Gibt es gute Anfangsstrategien oder – anders herum – typische „Anfängerfehler“?
„Bei etwas komplexeren Spielen empfehle ich eigentlich immer, erst mal Erfahrungen zu sammeln. Meines Erachtens geht es zunächst eher darum, das Spiel kennenzulernen und den Ablauf zu verinnerlichen, als gleich den optimalen Spielzug zu finden. Es braucht seine Zeit, bis man das Spiel richtig ‚lesen‘ kann. Die Entscheidung, wie man sein Würfel geschickt einsetzt ist etwas verzahnter, als es vielleicht auf den ersten Blick erscheint. Ein typischer Anfängerfehler ist sicher, die Möglichkeiten der ‚kleinen‘ Regeln zu unterschätzen. Beispielhaft sei hier der Einsatz der Schutzplättchen genannt, um zu verhindern, dass ein Religionsstein in ein Land kommt oder die Möglichkeit, sich durch Abgabe von Siegpunkten mehr Flexibilität bei der Auswahl der eigenen Aktionen zu ‚erkaufen‘. Eine Anfangsstrategie gibt es meines Erachtens nicht. Ich muss dagegen ständig auf die Situationen reagieren, vor die mich das Spiel und die Mitspieler stellen. Insofern ist eher taktisches Gespür gefragt.“

Das alles klingt etwas danach, dass Das Fundament der Ewigkeit noch etwas komplexer als deine beiden anderen Follett-Spiele Die Säulen der Erde und Die Tore der Welt ist. Trügt dieser Anschein? Wie schwierig ist der Einstieg?
„Der Vergleich zu den beiden Vorgängerspielen ist immer schwierig und individuell. Die Einschätzungen würden da sicher auch auseinander gehen. Der Einstieg zu Das Fundament der Ewigkeit  ist durchaus anspruchsvoll, weil die Mechanismen und der Spielablauf noch nicht automatisiert sind und einem die Symbole zunächst noch fremd sind. Spätestens nach der dritten Partie sollten aber alle wissen, was sie tun. Ein bis zwei Partien zum Kennenlernen braucht man nach meinen Erfahrungen daher schon. Und danach haben alle drei Spiele in etwa das gleiche Anspruchsniveau, würde ich sagen.“

Wie würdest du Das Fundament der Ewigkeit gegenüber den beiden anderen Brettspielen verorten. Thematisch und spielerisch scheint es deutlich anders zu sein. Gibt es dennoch Aspekte, die sich auch spielerisch wiederholen? Wie würdest du die drei Spiele in je maximal einem Satz charakterisieren?
„Spielerische Gemeinsamkeiten sehe ich kaum. Es sind drei völlig eigenständige Spiele mit anderen zentralen Mechanismen. Mit einem Satz kann ich die Spiele nicht beschreiben, die Kernaufgabe der Spieler würde ich aber so einordnen:

  • Die Säulen der Erde: Figuren-Management
  • Die Tore der Welt: Karten-Management
  • Das Fundament der Ewigkeit: Würfel-Management“

Du hast bei uns mehrfach erläutert, warum du thematische Spiele magst und warum auch Literaturvorlagen hilfreich bei der Spielentwicklung sind. Der Zwang zum Reduzieren führt in der Entwicklung aber sicher zu Abstrichen. Gab es bei Das Fundament der Ewigkeit Ideen, die du im Laufe der Entwicklung verwerfen musstest (und warum)?
„Nein. Eigentlich nicht. Ein größeres Spiel zu entwickeln, ist normalerweise ein langwieriger Prozess. Zunächst arbeitet man allein oder mit einem Co-Autor zusammen. Dann kommt irgendwann der Redakteur dazu und leitet den Feinschliff ein. Da fallen dann je nach Projekt mal kleinere und mal größere Späne an. Zudem wird das Spiel im Laufe der Zeit durch eine viel breitere Basis in unterschiedlichen Zielgruppen getestet. Auch diese Ergebnisse fließen dann natürlich in die weitere Arbeit am Spiel mit ein. Da ist es ganz normal, dass das letztlich veröffentlichte Spiel mehrere Änderungsstufen durchlaufen hat und sich deutlich von dem ersten eingereichten Prototyp unterscheidet. Das ist auch gut so. Im Austausch mit meinen Redakteuren habe ich bisher immer einen Konsens herstellen können. Das hat den Spielen stets gut getan. Einzelnen Ideen habe ich noch nicht hinterher getrauert. Auch diesmal nicht.“

Das ist wie bereits genannt nach Die Säulen der Erde und Die Tore der Welt deine dritte Literaturumsetzung als Brettspiel von Romanen Ken Folletts. Hinzu kommen Erweiterungen bzw. Kartenspiele. Hast du inzwischen so etwas wie eine Routine entwickelt? Gibt es vielleicht sogar einen Austausch mit Ken Follett über die Spiele?
„Routine gibt es eher nicht. Meines Erachtens gibt es auch kein Rezept, wie man Spiele erfindet. Ich habe jedenfalls noch keines gefunden. Natürlich sammelt man Erfahrungen und die Art und Weise, wie man an so ein Projekt herangeht, ähnelt sich irgendwann schon.

Ich stand diesmal selber nicht im Austausch mit Ken Follett, aber natürlich hat der von Seiten des Kosmos-Verlags stattgefunden. Dabei ging es aber nicht nur um die reinen Lizenzverhandlungen. Mein Redakteur Wolfgang Lüdtke hat dem Office von Ken Follett nicht nur vor fast zwei Jahren das erste Konzept vorgestellt, sondern später auch das fertige Spiel, inklusive aller Illustrationen von Michael Menzel. Ken Follett weiß also genau, was da unter seinem Namen erscheint. Getroffen habe ich ihn nur einmal. Das war auf der Buchmesse, als Die Säulen der Erde als Spiel erschienen sind. Ich habe ihn als einen sympathischen und äußerst charismatischen Profi kennengelernt, der mich sehr beeindruckt hat. Ihn habe ich als einen echten Star ohne künstliche Allüren wahrgenommen. Ein Profi mit einer bemerkenswerten Aura, die einen wirklich in den Bann zieht. Wen er spricht, hören alle zu. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich bei der Verspielung seiner Romane jetzt schon zum dritten Mal mitmachen durfte.“

Hast du Ken Follett schon einmal fragen können, was er von den Spielen hält, oder ob er sie auch einmal komplett durchgespielt hat. Hat er sich mal bedankt für die gelungene Umsetzung?
„Ich glaube, er war ein bisschen überrascht von der Idee, ein Spiel aus seinem Roman zu machen. Bis dahin hatte er sich meistens wohl eher mit Anfragen zu Filmlizenzen beschäftigen müssen. Deshalb hat er sich die Die Säulen der der Erde auch ganz genau angesehen und das Spiel auf jeden Fall angespielt. Nach dem Erfolg und den guten Kritiken war es bei den folgenden Projekten etwas unkomplizierter, da er gesehen hat, dass wir uns ’seriös‘ mit seinen Vorlagen beschäftigen. Ob er die Spiele alle selbst durchgespielt hat, weiß ich nicht genau. Spielen ist sicher nicht sein wichtigstes Hobby – und allzu viel freie Zeit hat er wahrscheinlich auch nicht.

Die Erteilung der Lizenzen ist aus meiner Sicht Dank und Anerkennung zugleich. Wenn er nicht von der Sache überzeugt wäre, würde er uns die Lizenz nicht geben. Nötig hat er das ja auf keinen Fall. Er hat mal erwähnt, dass er es nicht für möglich gehalten hätte, Spiele so nah an seinen Romanen zu entwickeln. Das empfinde ich als Lob.“

Die ersten beiden Spiele sind jeweils ein paar Jahre nach den Romanvorlagen erschienen, diesmal ist es anders und beides erscheint zugleich. Wie viel Zeit hattest du das Spiel zu erfinden?
„Ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber ich glaube, es war etwa Ende 2014 oder Anfang 2015, als mir Kosmos berichtet hat, dass Ken Follett seine ‚Kingsbridge-Reihe‘ fortsetzt. Und dass der Verlag diesmal den kühnen Wunsch hat, das Spiel zeitgleich mit dem Roman auf den Markt zu bringen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich natürlich noch gar nicht, worum es inhaltlich im neuen Buch gehen sollte, war aber von Beginn an hoch motiviert, ein drittes Ken Follett-Spiel zu machen.“

Welchen Einfluss hatte das auf die Spielentwicklung. Hast du gar ein „generisches“ Spiel entworfen und später die Personen. so gut es geht, eingesetzt?
„Nein. Ich habe von Anfang an nach Spielmechanismen gesucht, die das historische Umfeld des Romans und im Speziellen die Konflikte der beiden Religionsparteien gut abbilden könnten. Wir wären sicher auch nicht gut beraten gewesen, ein Spiel ganz ohne Bezug zum Roman zu entwickeln, das Thema darüber zu stülpen und zu sagen: ‚So, das ist jetzt das Spiel zum Roman ‚Das Fundament der Ewigkeit“. Und hinterher merkt dann jeder, dass es eigentlich mal ein Eisenbahnspiel war. Aber wie gesagt: Da das Spiel zeitgleich mit dem Roman herauskommt, blieb uns in Detailfragen gar nichts anderes übrig, als zunächst mit abstrakteren Platzhaltern zu arbeiten.

Mein größter Dank gilt an dieser Stelle meinem Redakteur Wolfgang, der sich wirklich über Maßen mit  in das Projekt gestürzt hat. Klar war von Anfang an, dass Personen in einem Ken Follett Spiel eine wichtige Rolle spielen müssen. Darauf habe ich bei der Spielentwicklung geachtet. Aber natürlich müssen diese Rollen später von Figuren aus der Romanvorlage besetzt werden. Ende 2015 lag uns dann das erste vollständige Manuskript des Romans vor, das Wolfgang in seinem Urlaub gelesen hat. Auf Englisch wohlgemerkt. Da wäre ich allein ohne Zweifel gescheitert. Dann haben wir in akribischer Kleinarbeit die Personen im Spiel durch Romanfiguren ersetzt. Illustrator Michael Menzel, der schon die ersten beiden Spiele fantastisch in Szene gesetzt hat, hat die Personenkarten dann nach den Vorgaben gemalt, die Wolfgang ihm gegeben hat. Bei den ersten beiden Spielen hatte Michael noch die Möglichkeit, sich die Hörbücher anzuhören. Das ging diesmal natürlich auch nicht. Auch eine ganz besondere Herausforderung für den Illustrator.“

Stefan Stadler ist dieses Mal nicht mit von der Partie. Hat das die Sache leichter gemacht oder schwieriger gemacht?
„Das ist von Fall zu Fall verschieden. Ein zweiter Autor bringt grundsätzlich erst mal eigene Ideen und Vorstellungen mit, die man mit den eigenen in Einklang bringen muss. Das kann ein Menge kreatives Potential freisetzten. Gemeinsam macht vieles auch mehr Spaß. Einfacher ist es dadurch aber nicht unbedingt, insbesondere dann nicht, wenn ein gewisser Termindruck herrscht und man zu Ergebnissen kommen muss. Aber wie gesagt, dank Wolfang Lüdtke habe ich mich bei Das Fundament der Ewigkeit auch nie wie ein Einzelkämpfer gefühlt.“

Die Fragen stellten Hendrik Breuer und Michael Weber

Spielanleitung zu Das Fundament der Ewigkeit

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