Reich der Spiele
Reich der Spiele >> Beiträge >> Deep Print & Co.: neue Verlage und alte Macher

Deep Print & Co.: neue Verlage und alte Macher

Deep Print Logo

Asmodee verändert die Spieleszene

Es war ein deutlich zu vernehmener Paukenschlag. Kurz vor der heute beginnenden Spielwarenmesse in Nürnberg haben sechs bekannte Szenegrößen verkündet, einen neuen Verlag gegründet zu haben: Deep Print Games. Doch das ist nicht alles. In den letzten Wochen und Monaten gab es eine starke Bewegung bei den Verlagen. Denn auch Repos Production (7 Wonders, Just One) wechselt den Besitzer. Das scheint alles zusammenzuhängen. Was passiert da gerade? Ein Versuch der Einordnung.

Werbung

Werbung Next Station Tokyo von HCM Kinzel

Deep Print und Captain Games

Zunächst die Fakten. In Berlin entsteht der neue Spieleverlag Deep Print Games. Gesellschafter sind Peter Eggert und Philipp El Alaoui (ehemals eggertspiele), Viktor Kobilke (ehemals Redakteur bei eggertspiele und jetzt bei Frosted Games), Matthias Nagy (Macher von Frosted Games) sowie Karsten Esser und Andreas Finkernagel (Geschäftsführer von Pegasus Spiele). Unter der Geschäftsführung von Nagy und Redaktionsarbeit von Kobilke sollen neue Spiele entstehen.

Deep Print der neue Erfolgsverlag?

Diese Gründung ist deshalb so interessant, da die Gesellschafter eine Menge Wissen und Erfolge mitbringen. Eggert und Alaoui haben als Verleger Titel wie Village, Azul, Mombasa und Great Western Trail zu verantworten. Vor einiger Zeit nahmen sie ein Kaufangebot von Plan B Games/Next Move an. Deren Inhaberin Sophie Gravel hatte damals aus einem Verkauf ihrer eigenen Verlage Z-Man Games und Filosofia an Asmodee genug Ressourcen, um sich neu zu orientieren. Leider ist die Marke eggertspiele damit zu einem lieblos zusammengeschusterten Shop verkommenen. Es ging Gravel um die Erfolgstitel und die Marke. Damit wollte sie schnell wieder im Handel Fuß fassen. Das ist ihr gelungen. Dass dies Deep Print Games ebenfalls gelingen kann, ist außer Zweifel, da die beiden Pegasus-Geschäftsführer mit an Bord sind und somit exzellente Vertriebsstrukturen bestehen.

Capain Games – was kommt nach der Trennung

In Belgien hat sich Repos dafür entschieden, die Marke samt der Erfolgsspiele an Asmodee zu verkaufen. Hier ist der Ablauf ein wenig anders. Die beiden Macher von Repos haben sich getrennt. Der eine, Thomas Provoost, wird für Asmodee tätig sein und das gesamte Repos-Programm mitnehmen. Der andere, Cedereik Caumont, gründet mit Captain Games einen neuen Verlag.

Asmodee als Initialzündung

Schon was gemerkt: In beiden Fällen war eine Verlagsübernahme von Asmodee im Spiel. Und das nicht zum ersten Mal. Denn der französisch-amerikanische Verlag, ja Konzern, hat in den letzten Jahren einige Verlage als Kreativstudio übernommen und sich so interessante Redaktionsleistungen, Vertriebswege und Spielemarken gesichert. Unter anderem Fantasy Flight Games und nicht zuletzt den deutschen Universalriesen Heidelberger Spieleverlag. Dieser Schritt war eine Überraschung. Aber in der Konsequenz logisch: Heidelberger hatte einen sehr guten Vertrieb, einen Großhandel und viele interessante Titel im Programm. Nach einiger Zeit hatte sich das inzwischen nur als Studio arbeitende Heidelbär Games jedoch wieder freigeschwommen. Seit einigen Monaten arbeitet der Verlag wieder eigenständig und hat sich aus der Asmodee-Familie herausgelöst.

Geldsegen der Investoren bringt die Spieleszene zum Rotieren

Das bedeutet, um es ganz einfach auszudrücken: Asmodee hat in den letzten Jahren eine Menge von Geld in die Spieleszene gepumpt. Durch die Käufe und Übernahmen haben sich die Macher ein riesiges Vertriebsnetzwerk aufgebaut, viele kreative Leute an sich gebunden und vor allem Erfolgstitel gesichert. Möglich ist dies nur durch Millionenbeträge, mit denen Investoren Asmodee in wenigen Jahren zu einem der Marktführer als Teil einer AG-Struktur aufgebaut haben. Die Rechnung geht wohl auf, denn durch die Erfolgstitel sollten Umsatzzahlen und Gewinne auskömmlich sein. Wie sehr, das ist mir nicht bekannt.

Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite haben aber die ehemaligen Verantwortlichen der übernommenen Verlage nach einer kurzen oder langen Karenzzeit nun eigene Interessen. Das Geld ist da. Das Wissen ist vorhanden. Und wer will sich schon zur Ruhe setzen. Also fließt das Geld in neue Projekte wie Heidelbär, Deep Print oder Captain Games.

Spannend ist diese Entwicklung, weil Asmodee für viele inzwischen als investorengesteuerte Heuschrecke ist. So viele kleine und große Verlage haben die Macher geschluckt. Doch am Ende lässt sich auch feststellen: Es ist sehr, sehr viel Geld geflossen. Dieses Geld kommt nun zum Teil den Kreativen in der Szene wieder direkt oder indirekt über neue Projekte zu.

Es ist müßig, darüber zu streiten, ob diese Entwicklung positiv oder negativ ist. Auf der einen Seite eine Marken- und Umsatzkonzentration, auf der anderen Seite eine neue kreative Freiheit durch neue Ressourcen. Wichtig ist, dass am Ende gute Gesellschaftsspiele dabei herauskommen. Und das darf man bei allen hier genannten Verlagen erwarten. Speziell Deep Print hat exzellente Voraussetzungen.

Transparenzhinweis: Ich bin für verschiedene Spieleverlage tätig. Mehr dazu hier. Bei diesem Blogbeitrag gibt es aus meiner Sicht keinen daraus resultierenden Interessenkonflikt.

Werbung
kaufen Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive

Mehr Spiele-Themen entdecken

3 Kommentare

Avatar-Foto
foo 29. Januar 2020 at 16:16

… ist hübsch 🙂 Auf Gems hoffen sie bestimmt 😉

Antwort
Avatar-Foto
Michael Weber 29. Januar 2020 at 20:18

Na, das wollten wir mal nicht so stehen lassen. Wobei: Bei der Besetzung wird es vielleicht noch was damit.
Danke!

Antwort
Avatar-Foto
Axel Bungart 31. Januar 2020 at 10:56

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich der Meinung anschließen kann, dass die Hauptsache ist, dass dabei „gute Gesellschaftsspiele dabei herauskommen“. Es war bisher in den seltensten Fällen von Vorteil dass sich große Unternehmen/Konzerne kleinere einverleibt haben, um selber zu wachsen. Der Begriff Heuschrecke hat in diesem Zusammenhang wohl seine Berechtigung, wenngleich eine wirtschaftliche Ausschlachtung der einverleibten Unternehmen erst noch darzustellen bliebe.

Was uns als Redaktion und mir als Redakteur dabei immer wieder und immer noch auffällt, ist eine gewisse Unprofessionalität von Asmodee, die sich in einer zweitweise kaum erträglichen Pressearbeit niederschlägt. Entweder legt man hierauf einfach keinen Fokus oder man ist aufgrund des Tempos des Wachstums gar nicht dazu in der Lage, eine Betreuung zu leisten, die der durchaus wechselseitigen Beziehung von Presse und Verlag gerecht wird.

Insofern wünsche ich mir, dass dem Weg zurück in die kleineren Einzelverlage viel Erfolg beschieden ist und bin mir absolut sicher, dass die Qualität an Spielen darunter nicht leiden wird.

Antwort

Kommentieren