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Spieleautor Henning Poehl über sein Würfelspiel Die Ratten im Gemäuer

Die Ratten im Gemäuer von Sphinx Spiele

Irsinniges Würfelpech mit kleinen Nagern

blankHenning, du stellst in Essen zur Spielemesse 2013 ein neues Würfelspiel vor. Ratten im Gemäuer – das ist doch wieder ein Spiel aus deiner schwarzen Serie, oder?
„Ja, eindeutig.“

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Um was geht es in diesem Spiel thematisch?
„Dieses Spiel basiert auf der Erzählung ‚Die Ratten im Gemäuer‘ von H.P. Lovecraft. In der Geschichte verliert der Protagonist nach und nach den Verstand, weil er Ratten im Mauerwerk eines alten Gebäudes zu hören glaubt (dieser Teil der Geschichte macht den wesentlichen Aspekt dieses Spiels aus). Am Ende der Geschichte führen die imaginären Ratten den Protagonisten in eine bizarre Höhle voller angenagter Gebeine. Hier verliert er vollkommen den Verstand und fällt über einen Gefährten her (dieser Schluss der Geschichte kann unter bestimmten Bedingungen im Spiel eintreten).“

Wie setzt du das als Würfelspiel um? Welche Mechanismen machen dabei den besonderen Reiz von Ratten im Gemäuer aus?
„Nun das ganze ist ein einfaches Bluffspiel. In dem Spiel geht es im wesentlichen darum seinen Verstand zu behalten, der durch eine bestimmte Anzahl Gehirne, die jeder Spieler vor sich auslegt, dargestellt wird. Das Gemäuer wird durch einen ovalen Würfelbecher repräsentiert. Die Ratten sind auf den Würfeln, die in das Gemäuer gelegt werden. Auf jedem Würfel sind nur zwei bedruckte Seiten, die eine oder zwei Ratten zeigen. Das Spiel beginnt mit einem Würfel im ‚Gemäuer‘ und im Spielverlauf werden nach und nach die anderen Würfel hinzugefügt.
Nach jedem Wurf, den sich der Spieler ansehen darf, muss er den Würfelbecher an einen anderen Spieler weitergeben und dem Empfänger sagen, was er meint, wie viele Ratten sich im Gemäuer befinden. Zu Beginn ist es noch eher unwahrscheinlich, dass sich überhaupt Ratten im Gemäuer befinden, die Wahrscheinlichkeit nimmt aber mit zunehmender Würfelzahl rasch zu.
Natürlich ist es absolut ‚irrsinnig‘ zu glauben, dass sich Ratten in einem massiven Mauerwerk befinden, daher verliert auch jeder der so etwas behauptet sofort einen Verstand. Andererseits ist es auch sehr beruhigend, wenn andere einem die eigenen irrsinnige Behauptungen glauben. Im Spiel gewinnt man daher immer Verstand zurück, wenn andere einem eine wahnsinnige Behauptungen glauben oder bestätigen. Wird man hingegen beim Lügen ertappt, so zeigt sich, dass die Realität anders ist, als man es bis dahin angenommen hat und man verliert mindestens einen Verstand. Wann man wie viel Verstand verliert oder gewinnt ist auf einem kleinen Übersichtsblatt, das jeder Spieler bekommt dargestellt.
Der besondere Reiz ist nach meiner Ansicht schon das Thema, da das Spiel sehr davon lebt wie die Spieler den beginnenden Wahnsinn ’spielen‘. Außerdem muss man ständig abwägen, wie man selber möglichst am besten geistig gesund bleibt. Akzeptiere ich die wahnsinnige Behauptung oder zweifel ich den Wahnsinn an, um am Ende womöglich mit dem Wahnsinns selber direkt konfrontiert zu werden.“

Würfelspiele sind immer bis zu einem gewissen Grad vom Zufall abhängig. Wie viel Einfluss auf das Spielgeschehen haben die Spieler bei Ratten im Gemäuer?
„Also, was wirklich in den Mauern passiert, kann ich als Spieler nicht wirklich beeinflussen, das hängt ganz davon ab, wie die Würfel fallen.
Im Wesentlichen geht es für mich als Spieler darum, egal was ich habe, dem folgenden Spieler das, was ich auf der Hand habe, so zu verkaufen, dass er glaubt, was ich behaupte. Dabei kann man relativ sicher spielen oder auch größere Risiken eingehen, ganz wie es einen beliebt.“

Gibt es bei allem Zufall etwas, worauf die Spieler achten sollten, um im Spiel nicht hoffnungslos unterzugehen oder vom Würfelspiel enttäuscht zu werden?
„Wie ich zuvor schon erwähnte, ist Die Ratten im Gemäuer ein thematisches Spiel. Wer das Thema nicht mag, wird mit dem Spiel relativ wenig anfangen können. Dazu muss man die Vorlage aber in keinster Weise kennen. Es geht nur darum den Wahnsinn auch ein wenig zu spielen. Das steigert den Bluff-Effekt schon sehr. Es fällt wesentlich schwerer die Behauptung eines Irrsinnigen einzuschätzen, als die eines berechnenden Spielers.
Ansonsten, wenn es dumm läuft, kann man halt nichts machen. Das bei einem Bluffspiel, der eine oder andere mal hoffungslos untergeht, ist – soweit ich weiß – nicht zu verhindern, zumindest ist das auch bei Poker, dem berühmtesten aller Bluffspiele, so. Dafür wird das ‚Leiden‘ gegebenenfalls nur von kurzer Dauer sein, bei einer Spieldauer von etwa fünf Minuten pro Spieler, ist es ja ein sehr schnelles Spiel.
Bei der nächsten Runde sieht es da ja meist schon wieder ganz anders aus. Ansonsten sollte man zwischen den einzelnen Partien mal die Sitzreihenfolge wechseln, so dass man den Würfelbecher nicht immer an denselben weitergeben muss.“

Du nutzt für Ratten im Gemäuer eine Romanvorlage von H. P. Lovecraft. Was fasziniert dich so an diesem Schriftsteller, der in seinen Texten häufig das Thema Wahnsinn einfließen lässt, und besonders an der direkten Vorlage?
„Nun mit H.P. Lovecraft bin ich ja bestens vertraut. Ich führe ja unter anderem den Cthulhu-Webshop, in dem ich alles zu H.P. Lovecraft und dem von ihm begründeten Cthulhu-Mythos anbiete. Das ich in diesem Shop über 1000 Artikel zu dem Thema anbieten kann, zeigt dass ich nicht der einzige bin der von diesem Schriftsteller begeistert ist und dass viele Menschen von ihm begeistert sind. Was für mich Lovecrafts bedeutende Werke ausmacht ist, dass das von ihm geschilderte Grauen kein plumper Horror ist. Lovecraft verzichtet gänzlich auf blutrünstige Darstellungen, ‚Splatter‘ und Gewaltorgien. Die Protagonisten wagen häufig nicht mal die Monstren anzuschauen, welche aus diesem Grund dann auch nicht näher beschrieben werden können. Das eigentliche Grauen spielt sich im Kopf des Lesers ab, der die einzelnen in den Erzählungen gelieferten Indizien in seinem eigenen Kopf zusammenfügt. Ein anderes tragendes Horrormotiv ist die Bedeutungslosigkeit des Menschen im Kontext des Universums. Die Geschichte des Menschen ist ein Wimpernschlag innerhalb kosmischer Zeiträume und der Mensch ist bedeutungslos angesichts der unendlichen Ausdehnung des Weltalls. Die Protagonisten der lovecraftschen Erzählungen, welche ihre eigene Bedeutungslosigkeit angesichts des kosmischen Grauens erkennen, zerbrechen daran und werden Wahnsinnig.
Die Erzählung Die Ratten im Gemäuer‘ gehört mehr zu den Frühwerken Lovecrafts und ist eher den klassischen Geistergeschichten zuzuordnen. Sie gehört damit nicht zu den Geschichten, die den eigentlichen posthumen Erfolg des Autors begründen. In der Erzählung werden aber schon viele von Lovecrafts typischen Stilmitteln angewendet. So spielt sich das eigentliche Grauen im Kopf des Lesers ab und der Leser bleibt eigentlich im Unklaren, was der Protagonist wirklich erlebt oder sich nur eingebildet hat.
Das ich die Geschichte in einem Spiel umgesetzt habe, war mehr oder weniger eine zufällig Inspiration. Eigentlich habe ich an einem Würfelspiel zum Thema Pest gearbeitet. Deswegen hatte ich Würfel mit Rattenmotiven entworfen. Das Pestspiel bekam aber als Würfelspiel zu viele Regeln. Ein Würfelspiel muss nach meiner Meinung einfache Regeln haben und schnell zu überschauen sein und das wollte mir mit dem Pestthema einfach nicht gelingen. Da saß ich nun mit dem Würfelbecher, der wie eine Mauer aussah und den vielen Würfeln, die Ratten zeigten darin … Nun, für einen Mann mit einem derartig ausgeprägten lovecraftschen Hintergrund wie ich ihn besitze, lag das nun entstandenen Spiel fast schon auf der Hand.“

Ratten im Gemäuer erscheint in einer limitierten Auflage. Wie können Spieler sichergehen, ein Exemplar zu erhalten? Sind diese nur auf der Messe erhältlich?
„Ich sage mal, das wäre toll, wenn ich alle Spiele auf der Messe verkaufen würde. Leider habe ich das noch nie erlebt. Aber Rolling Bones und Shark Attacks waren innerhalb weniger Wochen ausverkauft, womit ich auch sehr zufrieden bin.
Anders als die Spiele der letzten beiden Jahre, die nur direkt über mich zu beziehen waren, soll dieses Spiel über den Vertrieb der Spiel direkt eG auch in den regulären Handel fließen. Deswegen ist die limitierte Auflage dieses mal auch mit 1.000 Stück höher, als die der beiden letzten Spiele.
Ansonsten mache biete ich wieder Spezialpreise für Frühbesteller an, und wer das Spiel jetzt oder auf der Messe in Essen kauft, wird es zu einem günstigeren Preis bekommen, als ihm der Handel später bieten kann.“

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