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Außergerichtliche Maßnahmen gegen Plagiate

Günter Cornett, Spieleautor und Autor dieses Artikels

Außergerichtliche Möglichkeiten zum Schutz des Urheberrechts von Spielregelwerken (Teil 4)

Inhalt dieser Serie

Teil 0: Einleitung
Teil 1: Warum außergerichtlich?
Teil 2: 12 Sätze zum Urheberrecht von Spielen
Teil 3: Einrichtung einer ‚Schiedsstelle‘ zur einvernehmlichen Klärung
Teil 4: Außergerichtliche Maßnahmen gegen Plagiate:

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  • Das Original im betroffenen Land verfügbar machen.
  • Den Sachverhalt öffentlich machen, ohne sich selbst ins Unrecht zu setzen.  (Verlage, Handel, Autoren, Journalisten, Blogger, Spieler, …)

Was tun bei einem Plagiat?

Wird ein Spiel plagiiert, so sollte man zunächst entscheiden, ob man gerichtlich oder außergerichtlich (oder eben gar nicht) dagegen vorgehen will. Wichtig ist, zuerst Anleitung und Spiel zu studieren und es zu spielen, um zu schauen, ob es sich tatsächlich um ein Plagiat handelt.

Bei Plagiaten im Ausland sollte man sich zumindest grob mit der dortigen Rechtslage vertraut machen.

Im Fall der von Zvezda herausgebrachten Hai-Version von Hey! That’s my fish! (Original Alvydas Jakeliunas und mir) war der Fall recht eindeutig (Details siehe mein Extra-Flyer vom Okt. 2011). Der Verlag hatte zusammen mit dem Hauptlizenznehmer die Rechte an dem Spiel verloren, sich extrem ungeschickt bei Verhandlungen über eine weltweite Lizenz angestellt und dann zugesagt, das Spiel nach Vertragsende (Dez. 2010) nicht weiter zu produzieren bzw. zu vertreiben.

Mit einer spieltechnisch unbedeutenden Variante hatte Zvezda dann das Spiel unter dem selben Titel, mit selber EAN-Nummer und ähnlicher Grafik auf den russischen Markt gebracht, „um Lieferverpflich­tungen bezüglich unseres Originalspiels nachzukommen“ (so die Zvezda Pressesprecherin Tatjana sinngemäß). Ich machte das zunächst per Flyer auf dem Autorentreffen in Göttingen öffentlich, woraufhin mir von Zvezdas deutschem Anwalt juristische Schritte angedroht wurden, inklusive Strafverfolgung.

Es verwundert nicht, dass Plagiatoren dem Opfer mit juristischen Schritten drohen, für den Fall dass die Urheberrechtsverletzung öffentlich angeprangert wird. Daher trifft es auch nicht zu, dass ein Verlag es sich nicht leisten könne, zu plagiieren, weil sich das herumspräche und der Imageverlust zu groß wäre. Dem Plagiator fällt es leicht, gegenüber dem Autor eine Drohkulisse aufzubauen, indem er ihn per Anwaltsschreiben bedrängt, das Urheberrecht negiert und dem Autor einen teuren Rechtsstreit oder gar Schlimmeres in Aussicht stellt. In einem mir bekannten Fall ist der Autor des plagiierten Spiels Mitglied der SAZ, der Verlag des plagiierten Spiels (nicht des Plagiats) Mitglied der FG Spiel. Doch wo spricht sich sowas herum? Zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

Drohungen gegen den Autor sind aber nicht der einzige Grund dafür, dass Urheberrechtsverletzungen nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Mich erreichen immer wieder mal Berichte über angebliche Plagiate, die sich später als unbegründet herausstellen. Der Irrtum des Autors gründet darauf, dass das vermeintliche Plagiat ein ähnliches Thema und/oder ähnliche Elemente aufweist, diese jedoch ganz anders miteinander verbunden sind.

Mangelnde Information über die konkreten Fakten in Kombination mit Unkenntnis der Rechtslage führen so zu Missverständnissen und damit auch zu einer generellen Skepsis, wenn ein Autor behauptet, sein Werk sei plagiiert worden. Solange Bloggern und Journalisten sowohl die Fakten- als auch Rechtslage unklar ist, ist es für sie bequemer und weniger riskant, sich anderen Themen zuzuwenden.

Auch der offene Brief von Reinhard Staupe zu Kunterbunt/Dobble ist ein Beispiel für eine Diskussion, die auf rein subjektiver Befindlichkeit des Autors und Redakteurs bei mangelnder juristischer Kenntnis beruht. Zwar schafft eine solche öffentlichkeitswirksame Aktion Aufmerksamkeit und hat generell einen diskussionsfördernden Effekt. Doch steigt damit auch die Verwirrung, die es Plagiatoren erleichtert, ungehindert zu agieren und den Autor unter Druck zu setzen.

Gleiches gilt für die jeweils in sich widersprüchlichen Haltungen sowohl der SAZ als auch der FG Spiel zum Urheber­recht. Die SAZ fordert einerseits eine bessere Verankerung von Spielen im Urheber­rechtsgesetz, wirft aber andererseits in ihrer Petition der FG Spiel den Verweis auf eben diese vermeintlich unklare Rechtslage vor:

„Wir fordern eine namentliche Verankerung von Spielen im Urheberrecht, um den Schutz unserer Werke deutlich zu machen und zu stärken. Zumindest ist eine Formulierung anzustreben, die Regelwerke für Spiele juristisch eindeutig unter Schutz stellt.“ (Resolution der SAZ-MV im Juni 2012)

Die FG Spiel verschanzt sich mit dem Verweis auf das Kartellrecht hinter einer solchen Position, während ihre Mitglieder in der Praxis das Urheberrecht an Spielen nicht nur anerkennen, sondern Autoren mitunter auch dann um Genehmigungen fragen, wenn das juristisch gar nicht nötig ist (Beispiel Rollenwahl: Ohne Furcht und Adel – Verräter). Auf diesen Widerspruch weist die SAZ zu Recht hin.

Vorgehensweise bei einem Plagiat

Auf der folgenden Seite empfehle ich ein Vorgehen in vier Schritten zur legalen außergerichtlichen Bekämpfung von Plagiaten. Je nach Situation kann das außergerichtliche Vorgehen ein juristisches Verfahren ersetzen oder ergänzen.

  • 1. Sich selbst informieren
    Der erste Schritt muss immer sein, sich selbst über den Sachverhalt und die rechtliche Situation zu informieren und sich mit anderen intern auszutauschen, bevor man an die Öffentlichkeit tritt. Ist dies geschehen, können Verlag und Autor ihr Vorgehen miteinander und weiteren Interessierten abstimmen, um die spezifischen Möglichkeiten auszuloten.
  • 2. Der Verlag macht das Original in dem Land verfügbar, indem es plagiiert wurde.
    Oft wird ein erfolgreiches Spiel plagiiert, das noch nicht als Original im Land erhältlich ist. Denn ein erhältliches Spiel zu plagiieren, reduziert den Profit.

    Gleiches gilt natürlich auch für die Veröffentlichung des Originals, wenn das Plagiat bereits erhältlich ist. Jedoch sollte man bedenken, dass vor allem erfolgreiche Spiele plagiiert werden. Und ein Plagiat zu dulden kann langfristig viel teurer sein, weil es zu weiteren Plagiaten einlädt.

    Verlage, die eigentlich Konkurrenten sind, sollten sich hier mit ihren Vertriebsstrukturen gegenseitig unterstützen.

  • 3. Berichterstattung: Blogger, Presse, Statements von Autor und Verlag
    Nicht ganz zu Unrecht scheuen viele Verlage davor zurück, die direkte Konkurrenz in öffentlichen Statements als Plagiatoren anzugreifen. Vor allem aber nicht nur im Ausland erhöht es das Prozessrisiko. Prozessrisiko bedeutet hierbei nicht nur die Gefahr, einen Prozess zu verlieren, sondern auch schwer überschaubare Kosten selbst im Falle des Obsiegens. Darüber hinaus kann eine ‚Schlammschlacht‘ dem eigenen Image schaden.

    Die eigenen Spiele widerstandslos plagiieren zu lassen, ist jedoch auch schädlich für Image und Geldbeutel. Zudem hat der Verlag eine Verpflichtung gegenüber den Autoren.

    In einer solchen Situation ist es also besonders wichtig, dass Autor und Verlag informative Statements abgeben, die Fakten benennen und ggf. noch erläutern, weshalb sie das Spiel für ein Plagiat halten. Je nach Situation kann man den Plagiatsvorwurf, direkt oder indirekt formulieren. Oftmals sprechen die Fakten für sich. Wertungen kann man zum großen Teil den Lesern und der Presse überlassen.
    Allerdings braucht die Presse belastbare Informationen. Autoren können – aufgrund ihrer schwächeren Position – offener reden als Verlage, die sich leichter auf den juristischen Weg verweisen lassen müssen. Interviews mit Bloggern sind ein erster Schritt, um den Stein ins Rollen zu bringen.Mir schreibt ein Blogger aus der Spieleszene zu diesem Thema:

    „As a blogger, it is hard to make a bold statement about copyright infringement if the owner of the copyright does not make one himself.“

  • 4. Die Empörung unter den Spielern lässt sich legal in den Fachhandel tragen.
    Wie soll ein Ladenbesitzer ernsthaft gegen Ladendiebe argumentieren, wenn er selbst unautorisierterweise geistiges Eigentum verkauft? In Russland antwortet der onlineshop gagagames freimütig auf die Frage eines Kunden: „Warum verkaufen Sie das Plagiat eines wirklich guten Spieles?“ mit: „Wir wollen unsere Kunden nicht der Möglichkeit berauben, ein gutes Spiel zu spielen. Leider gibt es nur diese Ausgabe.“ Zudem stellt er fest: „Die Mechanik des Spiels unterscheidet sich praktisch nicht vom Original.“ (Zitate sinngemäß nach Google-Übersetzung des Originals).

    Es ist also wichtig, dass der Verlag das Original verfügbar macht, während insbesondere der Autor – mit Rückendeckung des Verlags – die Öffentlichkeit informiert.

    Mitunter gibt es auch ganz sachliche Gründe, an den Fachhandel zu schreiben. Im Fall des HTMF-Plagiats hatte ich mir von der Zvezda-Webseite über 250 Shop-Adressen heruntergeladen. Da in sehr vielen Shops Bilder von Original und Plagiat vermischt waren (und teilweise noch sind) und für das Plagiat auch noch die selbe Artikelnummer verwendet wurde wie für das Original (welches Zvezda vorher mit unserer Lizenz regulär im Programm hatte), gab es durchaus einen guten Grund, eine informative Rundmail an die Zvezda-Kunden zu schicken. Dies habe ich nur unterlassen, um die inzwischen laufenden Vertragsverhandlungen zwischen Zvezda und unserem Hauptlizenznehmer nicht unnötig zu belasten.

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