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Alexander Pfister über sein Brettspiel Mombasa

Brettspiel Mombasa - Foto von eggertspiele

Friedliches Kolonialwirtschaften

Alexander, zur Spielemesse 2015 in Essen erscheint bei eggertspiele dein neues Werk Mombasa. Der Titel ist die größte kenianische Hafenstadt, die auf eine lange Tradition als Warenumschlagplatz zurückschaut. Schlägt sich das im Thema nieder? Warum Mombasa und keine andere Stadt?
„Bei dem Spiel Mombasa gibt es vier Handelskompanien, von denen die Spieler Anteile erwerben können. Eine der Handelskompanien heißt Mombasa. Sie hat eine besondere Lage in Afrika und fällt auch in anderen Beziehungen etwas aus dem Rahmen. Deshalb wurde sie als Namensgeber des Spiels ausgewählt.
Waren und Produktion spielen eine große Rolle, allerdings ohne Holzwürfel oder ähnlichem, sondern die Spieler besitzen Plantagen in Form von Karten. Wer so eine Karte spielt, produziert die angegebene Menge an Waren – z. B. zwei Baumwolle oder einmal Kaffee. Mit diesen kann man bessere Karten erwerben oder in Handelskompanien investieren.“

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Worum genau geht es?
„Es gewinnt wer bei Spielende das größte Vermögen besitzt. Ein Spiel ohne Siegpunkte oder man könnte auch sagen, dass Geld die Siegpunkte darstellen. Das Vermögen bei Spielende ergibt sich hauptsächlich aus dem Wert der Anteile an den Handelskompanien. Zwar verdient man auch Geld im Laufe des Spiels, gibt es jedoch meist wieder aus. Am Anfang des Spiels ist Geld je nach eingeschlagener Strategie mehr oder weniger knapp, erst gegen Ende hat man das Gefühl etwas Luft zu haben. Der Wert eines Anteils ergibt sich aus den gesetzten Handelsposten dieser Kompanie. Da in jeder Region in Afrika nur ein Handelsposten stehen darf, können Konflikte entstehen. Diese werden ohne Glück entschieden, man braucht einfach mehr Expansionspunkte, um einen fremden Handelsposten zu verdrängen.“

Mit welchen Mechanismen setzt du das Thema um? Was ist der Hauptantrieb für den Spielfluss und was bringt den meisten Spielspaß?
„Alle Spieler wählen gleichzeitig drei Handkarten aus. Anschließend ist jeder reihum mit einer Aktion an der Reihe, solange bis alle Spieler gepasst haben. Dadurch ist die Downtime bei Mombasa gering. Eine Aktion kann das Ausführen gespielter Karten oder das Einsetzen eines Bonusmarkers sein. Das allgegenwärtige Spielgefühl dabei: Schnappt mir ein Mitspieler die Karte aus der Kaufauslage weg? Kann ich vorher noch einen Bonusmarker einzusetzen? Oder soll ich lieber schnell in eine Handelskompanie investieren, um als Erster einen tollen Bonus freizuschalten? Bei vielen Aktionsmöglichkeiten steht man in Konkurrenz zueinander, wobei man schnell einen Plan B findet, wenn einem was weggeschnappt wird.
Die drei gespielten Karten kommen dann auf drei Ablagestapel. Am Ende einer Runde kann man aber nur einen von den drei Ablagestapel wieder auf die Hand zurücknehmen. Das heißt, viele gespielte Karten bleiben vorerst unten in einem der persönlichen Ablagestapel liegen. Schon beim Ausspielen der Karten muss man sich also überlegen, welchen Stapel man am Ende der Runde aufnehmen möchte, welche Karten man für nächste Runde gerne auf der Hand hätte. Genau dieser Mix aus kurzfristiger taktischer Planung und langfristiger Strategien gefällt vielen (auf welche Handelskompanien setze ich, gehe ich auf hohe Produktion, um später mehr investieren zu können, oder schalte ich mir schnell wichtige Boni frei usw.). Für Abwechslung von Partie zu Partie wird dadurch gesorgt, dass die sehr wichtigen Boni immer wieder anders ausliegen und auch viele gar nicht ins Spiel kommen.“

An welche Spielergruppen richtest du dich mit Mombasa? Wird es ein typisches „Eggert-Spiel“ sein, das zwar noch familientauglich ist, aber einen größeren Anspruch hat, an dem sich auch Spielekenner erfreuen?
Mombasa richtet sich eindeutig an Vielspieler, es wird das komplexeste Spiel bei eggertspiele der letzten Jahre werden. Und trotzdem muss ich diese Aussage gleich ein wenig abschwächen: Die Regeln sind nämlich gar nicht so aufwendig. Es ist das Verstehen und gute Spielen, welches Mombasa so anspruchsvoll macht. Die Regelerklärung dauert ca. 20 Minuten.“

Kannst du den Spielern bitte einen Tipp für die erste Partie geben? Was sollten sie beachten, was vermeiden, um nicht gefrustet vom Tisch zu gehen?
„Es gibt verschiedenste Strategien, manche anspruchsvoller, manche einfacher zu spielen. Wer auf die Buchhalterleiste spielt, ist viel mit sich selbst beschäftigt. Hier muss man viel planen, eventuell sollte man nicht in der ersten Partie zuviel Fokus darauf richten. Es ist wichtig früh einen zusätzlichen Slot freizuschalten, um vier Karten pro Runde spielen zu können. Weiters steht und fällt eine Partie damit, dass man viele und vor allem die wertvollen Anteile besitzt.“

Im Vorfeld gab es zur Veröffentlichung vom Mombasa Kritik in einigen Foren. Das Cover der Spieleschachtel soll demnach mit dem klischeehaften Afrika spielen, das die Kolonialzeit romantisiert und die mit dieser eng verbundenen Ausbeutung sowie die Sklavenarbeit und den Sklavenhandel ausblendet. Wie stehst du dieser Kritik gegenüber?
„Kunst, in diesem Fall ein Bild, ist immer Geschmackssache. Hier gibt es aus meiner Sicht kein richtig und kein falsch. Ich fand die Diskussion aber gut, weil es ein ernstes Kapitel in der Geschichte thematisiert hat. Das kann aus meiner Sicht nie schlecht sein. Weiters hat es sicher auch zur Sensibilisierung von Seiten der mitlesenden Verlage beigetragen. Andererseits ist es aber auch so, dass der Verlag und der großartige Illustrator Klemens Franz das Cover schon im Vorfeld vielen Leuten gezeigt hat und es gut angekommen ist. Sonst hätte man es ja auch geändert. Damit will ich nur sagen: Manche mögen das Cover, andere nicht. Beides ist zu respektieren.“

Einige Kritiker fordern sogar die Abänderung des Covers. Wird es noch Änderungen geben oder bleibt es dabei?
„Änderungen wird es keine geben, das Spiel ist schon in Druck.“

Mal allgemein gefragt: Welche Spielethemen oder welche Illustrationen würden dir zu weit gehen? Was darf ein Spiel samt Illustration, was nicht? Zuletzt standen ja auch Colt Express und Five Tribes in der Kritik, früher schon Puerto Rico.
„Für mich als Spieleautor ist wichtig, dass meine Spiele gut funktionieren und Spaß machen. Für Illustrationen ist der Verlag verantwortlich. Ich kann natürlich meine Meinung abgeben, aber die Entscheidung liegt beim Verlag. Beim Spielthema sehen meine Mitsprachemöglichkeiten besser aus. Aber auch hier ist der Verlag letztverantwortlich.
Generell sind meine Spiele wenig auf Konflikt ausgelegt, ich hatte also noch nie Probleme mit einem Verlag bezüglich des Themas. Und wie geschrieben: Bei Ilustrationen bin ich oft gar nicht eingebunden.
Ganz wichtig ist mir die Rolle, in der ich als Spieler schlüpfe. Diese Rolle sollte interessant sein. Ich will nicht unbedingt, dass meine Spieler in die Rolle eines Atombombenbauers, Sklavenhändlers oder ähnliches schlüpfen müssen. Aber auch eine Ameisenkönigin zu sein, finde ich nicht besonders prickelnd. Ein schießender Cowboy zu sein wie bei Colt Express? Spielen ja, selber designen? Eher nicht. Da würde ich mir überlegen, ob es nicht ohne Schießen auf Mitspieler geht. Aber bei Colt Express haben Thema und Mechanismus in dieser Art totalen Sinn.“

Webseite von Alexander Pfister

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2 Kommentare

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Annette Kübler 13. Oktober 2016 at 12:45

"Für mich als Spieleautor ist wichtig, dass meine Spiele gut funktionieren und Spaß machen."

für mich auch.
wem macht dieses spiel spass?? dies ist eine weiße perspektive. es denkt nur menschen mit, die vom kolonialismus profitieren. nur den profiteuren macht es spass. 
für mich ist es wichtig, dass spiele menschen nicht verletzen und menschenverachtendes nicht glorifizieren.

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Michael Weber 13. Oktober 2016 at 13:37

Liebe Annette,vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, das darf man so sehen. Aber ich zitiere mal aus meiner Rezension zu Mombasa:“Bereits im Vorfeld gab es viele Diskussionen, denn Mombasa thematisiert die Kolonialzeit Afrikas. Oder anders: Die Zeit von Kolonialisierung, Landnahme, Plantagengründungen, Ausbeutung, Sklavenhandel. Das Thema abstrahiert aber ganz gewaltig und so spricht sich der Autor vom Vorwurf einer Beschönigung mehr als frei. Im Gegenteil: Die Spielanleitung ergänzt Regeln und Szenario um einen entsprechenden Hinweis.“Darüber hinaus ist genau zu schauen, ob ein Spiel verherrlichend in diesem Fall ist oder etws ganz anderes thematisiert. Spielethemen sind auch so gut wie nie eine exakte historische Betrachtung und beinhaltetn auch immer Fantasie. Ich habe das an anderer Stelle mal intensiv duchdiskutiert.Wichtig ist, Thema und Spielmechanismus im Kontext zu sehen, um die Berechtigung solcher Vorwürfen zu beurteilen. In diesem Fall (und es GIBT andere) kann ich nur sagen, dass die Vorwürfe aus meiner Sicht absolut unberechtigt sind. Ein einziger Kern ist natürlich wahr: Kolonialismus ist eines der am wenigsten im Bewusstsein der europäischen Welt verankerten schwarzen (ha, mieser Wortwitz) Kapitel der letzten Jahrhunderte und ein Verbrechen gegen die Menschheit. Aber das Spiel ist davon losgelöst.

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