„Wir wollen stimmige Geschichten erzählen“
Anna Oppolzer und Stefan Kloß haben bisher mehrere dutzend Gesellschaftsspiele veröffentlicht. Ihr Schwerpunkt sind Kinder und Familienspiele. Wer ist dieses Paar? Was treibt die beiden an? Woher nehmen sie ihre Ideen? Welche Herangehensweise bei der Spieleentwicklung verfolgen sie? Zu finden sind Sie im Internet und im relaen Leben im Mosaik-Atelier in Mannheim. Wir haben die beiden einfach zu den Themen befragt.
Ein Paar istgut eingespielt
Anna und Stefan, viele werden euch trotz der vielen Veröffentlichungen nicht kennen. Daher die kurze Frage: Seit wann seid ihr als Paar mit der Spieleentwicklung beschäftigt und welche sind die erfolgreichsten Titel von euch?
„Wir haben Ende 2013 mit der Spielentwicklung angefangen und im Oktober 2014 ist dann mit Beasty Bar unser erstes Spiel erschienen, von dem es mittlerweile vier Teile gibt. Am meisten freut uns, wenn wir auf unsere Titel angesprochen werden oder wir beim Testen und beim über die Schulter schauen sehen, dass andere Menschen Freude an unseren Spielideen haben. Viel positives Feedback bekommen wir z. B. zu Grizzly (AMIGO), Salamamba (Piatnik), Hipp Hopp Hippo (Schmidt), Honey (Pegasus) und eben Beasty Bar (ZOCH).“
Anna und Stefan wollen stimmige Geschichten transportieren
Stichwort: Ideen. Wie kommt ihr auf neue Ideen für Themen oder Mechanismen? Woher nehmt ihr die kreativen Initialzündungen?
„Wir wollen mit unseren Spielen stimmige Geschichten erzählen und für Spielerlebnisse sorgen, die Groß und Klein am Spieltisch Freude machen – ob es jetzt um drängelnde Tiere geht, die in eine angesagte Bar wollen, um Bären, die am Wasserfall Lachse fangen oder um eine Zauberschlange, die sich durch ein Schloss schlängelt. So standen bei Beasty Bar am Anfang der Entwicklung die Tiere und ihre Eigenschaften im Vordergrund – das Känguru springt, das Krokodil frisst und das Chamäleon ist der Verwandlungskünstler. Die Kartenaktionen ergaben sich mehr oder weniger daraus und das Hauptaugenmerk konnten wir darauf legen, eine gute Spielbalance zu finden – die eigentliche Herausforderung bei einem solchen Spiel.
Der Wunsch, eine schöne Geschichte zu erzählen, bildet oft den Ausgangspunkt für ein neues Spiel. Wir versuchen dann das passende Konzept dazu zu finden. Im besten Fall wird durch die Erzählung bereits ein Großteil der Regeln transportiert.“
Gemeinsam die Fragen bei der Spieleentwicklung beantworten
Gibt es bei der Entwicklung nicht manchmal Streit um die Details? Wer hat bei euch das Sagen und gibt es vielleicht so etwas wie eine Arbeitsteilung oder Schwerpunkte beim Entwickeln neuer Ideen?
„Anfangs war es schon ein Ringen und natürlich sind wir auch heute nicht immer einer Meinung – richtigen Streit gibt es aber nicht. Wir haben zwar oft unterschiedliche Herangehensweisen und Ideen, aber zugleich fast immer ein sehr ähnliches Bauchgefühl dafür, ob etwas funktioniert oder noch verbessert werden sollte – ‚Hat das was?‘, ‚Macht es beim Spielen Freude?‘, ‚Wollen wir das so weiterverfolgen?‘
Das Spieleentwickeln ist bei uns nicht immer ein geradliniger Prozess, sondern oft ein ‚Einfach-mal-loslegen‘ und lustiges ‚Empor-Irren‘, an dessen Ende hoffentlich ein Spiel steht, das uns selbst und anderen Spaß macht.
Beim Entwickeln der Ideen sind wir jedenfalls beide beteiligt und mit viel Herzblut dabei. Aber es gibt bei uns durchaus eine Arbeitsteilung und unterschiedliche Schwerpunkte. Bei künstlerischen und textlichen Fragen ist Anna oft federführend. So illustriert sie fast alle Prototypen, damit schon das Ausprobieren Freude macht. Außerdem gibt sie Texten wie z. B. Spielregeln den Feinschliff. Stefan hingegen kümmert sich oft um die Kommunikation, die handwerkliche Fertigung der Prototypen sowie den kaufmännischen Teil. So kann jeder seine Stärken einbringen.“
Zwischen Spaß und Mechanismus
Was muss ein gutes Spiel für euch bieten? Ist es ein guter Mechanismus, ansprechendes Material oder einfach nur der Spaß? Und wo setzt ihr bei euren eigenen Spielen den Schwerpunkt? Ist es auch das Material?
„Immerhin habt ihr mehrere Spiele veröffentlicht, bei denen das etwas andere Material eine Rolle spielt wie bei Grizzly, Schnappt die Nuss oder Wald der Lichter.
Antwort: Die Spiele, die wir selbst gerne spielen, sind tatsächlich ganz unterschiedlich. Bei den kürzeren Spielen gefallen uns z. B. Qwixx, Sushi Go! oder Coloretto sehr gut. Bei den mit etwas längerer Spieldauer z. B. Istanbul, Village oder Marco Polo. Die Liste ist aber überhaupt nicht vollständig und ließe sich noch beliebig erweitern.
Bei unseren Ideen mögen wir es, wenn Thema und Mechanik eng miteinander verzahnt sind. Grafik und Material spielen natürlich eine wichtige Rolle. Wenn es in unserer Geschichte zum Beispiel um Bären geht, die Lachse fangen wollen, und wir Lust haben, einen dreidimensionalen Wasserfall beim Spielplan zu integrieren, dann feilen wir lange daran, dies anschaulich umzusetzen.“
Die Sache mit dem Heidelberger Seielefest
Ein weiteres Produkt eurer Kreativität ist das Heidelberger Spielefest. Ihr seid die Organisatoren. Wie kam es zu dieser Veranstaltung?
„Das Heidelberger Spielefest fand in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung bisher insgesamt dreimal statt – 2016, 2017 und 2018. Die Landeszentrale war 2015 im Rahmen unserer Arbeit im Kreativwirtschaftszentrum Dezernat 16 auf uns zugekommen, ob wir uns eine solche Veranstaltung für Heidelberg vorstellen können. Mit der Geburt unserer beiden Töchter und unserem Umzug nach Mannheim hatten wir nicht mehr die Kapazitäten, das organisatorisch zu stemmen. Solange wir familiär mit zwei kleinen Kindern stark eingebunden sind – und solange niemand anderes diese Aufgabe übernehmen kann – wird die Veranstaltung wohl leider erst einmal pausieren. Wir setzen momentan den Fokus unserer Arbeit auf unsere Kerntätigkeit – die Entwicklung neuer Spielideen.“
Wann kommen die Pilze ins Spiel?
Eine Frage habe ich zum Abschluss noch. Ihr seid beide passionierte Pilzsammler. Pilze stehen bisher nicht im Mittelpunkt eurer Spiele. Bietet sich nicht ein Kinderspiel zum Thema an? Habt ihr vielleicht schon eins in der Entwicklung?
„Pilze und Natur im Allgemeinen sind eine große Leidenschaft. Wir lieben es, draußen zu sein und das, was wir entdecken, zu fotografieren und zu bestimmen. Tatsächlich sammeln wir auch sehr gerne Speisepilze für die Küche. Bisher haben wir das Thema ‚Pilze‘ in unseren Spielen noch nicht eingebracht. Und ja, ein Spiel dazu wäre definitiv eine tolle Sache, die wir uns mal vornehmen sollten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.“