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Porträt: Volker Schäfer und Günter Cornett

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Die Macher des Bambus Spieleverlages beantworten unsere Fragen

Im Rahmen unseres Portraits des Bambus-Spielverlags darf natürlich unserer E-Mailfragenkatalog nicht unbeantwortet bleiben. Die Antworten der beiden Inhaber Günter Cornett (unter anderem Kahuna) und Volker Schäfer (unter anderem So ein Zirkus) sind hier aufgelistet.

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Wie alt bist Du?
Günter: 41 Jahre
Volker: 33 Jahre

Deine Berufsausbildung?
Günter: Berufskraftfahrer, Multimediaredakteur.
Volker: Nichts abgeschlossenes, studiere zurzeit Jura.

Wie kommt man dazu, Spiele entwickeln zu wollen?
Günter: Erst fing ich damit an, Regeln vorhandener Spiele zu verändern, dann packte mich der Ehrgeiz, eigene Spiele zu erfinden.
Volker: Keine Ahnung. Das hat sich bei mir irgendwie aus der Kindheit mit rübergerettet. Wie kommt man dazu, damit aufzuhören, Spiele entwickeln zu wollen?

Wann hast Du damit angefangen?
Günter: Weiß nicht, ca. 1990
Volker: Siehe oben. Während des Abiturs und danach während meines Zivildienstes in einem Kindergarten, hatte ich eine Zeit, in der ich mich nicht aktiv damit beschäftigt habe, danach aber wieder verschiedene alte Entwürfe zur Hand genommen und neue Ideen gehabt. Die ersten Spielevorschläge an Verlage geschickt habe ich 1990, von denen aber nichts angenommen worden ist.

Welches war Dein erstes Spiel?
Günter: Hmmm, veröffentlicht: 1995 Canaletto; Optionsvertrag aber nicht veröffentlicht: ca. 1991-92 Cementery; Autoscooter: 1992 4. Platz beim Hippodice Autorenwettbewerb (zuvor ist aber das Schlangennest entstanden).
Volker: Ich habe bisher nur zwei Spiele veröffentlicht und zwar So ein Zirkus und Das Piratenschiff, beide zur Spiel ’98 im Eigenverlag Spieleverlag Regenbogen. So ein Zirkus war zuerst fertig und auch Anlass zur Verlagsgründung, Das Piratenschiff ist allerdings die wesentlich ältere Idee.

Welches Dein erfolgreichstes?
Günter: Arabana-Ikibiti/Kahuna natürlich.
Volker: So ein Zirkus mit der zweiten Auflage letztes Jahr im Bambus Spieleverlag, von der ja auch schon einiges verkauft ist.

Wo setzt Du den Schwerpunkt bei Deiner Arbeit (Thema, Prinzip)?
Günter: Wenn ich planmäßig vorgehe, beim Thema, aber meist beeinflusst sich beides gegenseitig. Ein Thema bietet oft Anregung für Spielideen. Manchmal entwickelt die Spielmechanik eine Eigendynamik und ein anderes Thema passt dann besser.
FleetBoard ist das einzige Spiel, das ich ganz eng nach thematischer Vorgabe entwickelt habe. Logisch, denn es war eine Auftragsarbeit.
Zum Flaschenteufel hatte ich Anfangs die Novelle im Hinterkopf, die ich aber nicht gelesen sondern mal im Fernsehen gesehen hatte. Das Thema habe ich zugunsten der Spielbarkeit immer mehr rausgenommen. Auf den Übersichtskarten finden sich noch die Werte Dollar-Cent-Centime, die aber keine Rolle spielen, allenfalls in den Zitaten der Geschichte vorkommen. Ich habe einfach vergessen sie zu entfernen.
Nanuuk! war ursprünglich rein taktisch. Es ist dadurch entstanden, dass in unserer Runde jemand darauf bestand, die Siedlerfelder zunächst verdeckt aufzulegen und dann umzudrehen. Die Rückseite hat mich zu dem taktischen Spiel inspiriert (Strassen werden Risse, Städte Eisbären und Siedlungen Jäger). So entstand das Einführungsspiel. Ich habe mich dann näher mit der Arktis beschäftigt, eine ganze Menge Bücher gelesen, weil mich das Thema zu interessieren begann. Das ist dann auch ins Spiel eingeflossen; herausgekommen ist ein Spiel, indem nach Aussagen vieler Kritiker, ‚die unwirtliche Welt der Inuit authentisch in ein taktisches Spiel umgesetzt‘ wurde.
Beim Schlangennest oder bei Arabana-Ikibiti stand dagegen eindeutig das Spielprinzip im Vordergrund. Bei Arabana-Ikibiti hatte ich ursprünglich vor das Brückenproblem (jede Brücke genau einmal betreten) umzusetzen; herausgekommen ist was völlig anderes.
Volker: Der Schwerpunkt ist sicherlich das Prinzip oder der Mechanismus des Spiels. Oft entwickelt sich das aber vom Thema her.

Wie wichtig ist für Dich die Spielanleitung?
Günter: Sie ist das letzte, …
… das entsteht, weil es bis kurz vor Druck noch Änderungen gibt. Das führt dazu, dass ich sie zu sehr vernachlässige. Ich denke zwar, dass ich inzwischen ganz gut gelernt habe, so zu formulieren, dass alles drin ist und auch einigermaßen übersichtlich aufgebaut. Aber oft vernachlässige ich Beispielzeichnungen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Grafiken meiner Prototypen alles andere als ansprechend sind.
Ein Tipp an Spieleautoren: Mit einer übersichtlichen und gut formulierten Spielanleitung hat man gute Karten bei Redakteuren. Sie ist in jedem Fall wichtiger als das Design des Spieleprototypen.
Volker: Ziemlich wichtig, wie Günter aus leidvoller Erfahrung mit mir weiß. Wenn ich das Spiel nicht selber erklären kann, muss die Spielanleitung die Spielregeln einschließlich Mechanismus, Thema, eventuell ersten taktischen Hinweisen usw. vermitteln, eventuell aufkommende Fragen beantworten und die Lust wecken, das Spiel zu beginnen. Das ist eine Aufgabe, die ein Stück Papier eigentlich nicht leisten kann, da es aber sonst normalerweise nichts zwischen mir und den Spielern gibt, was diese Aufgabe übernimmt, muss die Spielanleitung dies eben so gut wie möglich tun und entsprechende Mühe gebe ich mir dabei. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass die Spielanleitung der Teil des Spieles ist, der zuletzt fertig gestellt werden kann.

Wie schätzt Du die deutsche Spielelandschaft im internationalen Vergleich ein?
Günter: Es ist der einzige Bereich, wo ich spontan sage, da hat die Welt mal was Gutes von Deutschland ;-). Es scheint so, dass ein bestimmter international erfolgreicher Typ von Spiel zunächst in Deutschland populär gemacht und dann weiter verbreitet wurde (Stichwort: ‚German Games‘). Ich denke, dass der Begriff ‚German Games‘ sich aber immer mehr überholt.
Volker: Scheint sich weltführend zu einem Exportschlager zu entwickeln. Da ich die Spielelandschaften anderer Länder aber nicht gut genug kenne (in manchen Ländern scheint es so etwas auch gar nicht zu geben), kann ich das nicht wirklich beantworten.

Was ist Dein Lieblingsspiel Deiner Entwicklungen?
Günter: Schwer zu sagen. Wenn ich nur die reine Spielidee bewerte, sehe ich Der Garten des Sonnenkönigs, Schlangennest, Kahuna, Nanuuk!, Flaschenteufel ziemlich gleichrangig; von der Umsetzung ist Kahuna natürlich ganz klar vorne.
Volker: Das kann ich nicht sagen, da ich einige meiner Entwicklungen schon länger nicht mehr gespielt habe und einige noch gar nicht spielbar sind, weil ich um Beispiel zu faul war, einen Spielplan zu zeichnen. Wenn die Frage auf meine Veröffentlichungen zielt, kann ich es ebenfalls nicht sagen, da beide Spiele völlig unterschiedlich sind, sie mir aber beide großen Spaß machen.

Was ist Dein Lieblingsspiel anderer Autoren?
Günter: (In zufälliger Reihenfolge:) Tichu, 1830, Siedler-Grundspiel, Kardinal & König, … Es gibt noch eine ganze Menge mehr. Aktueller Jahrgang: Carcasonne, Medina, Cartagena.
Volker: Da kann ich kein einzelnes Spiel nennen, nur Beispiele: Zoff im Zoo, Drunter & Drüber, Linie 1, MarraCash, Durch die Wüste, Igel Ärgern, Karrierepoker, Mississippi Queen, La Citta, Billabong, Elfenland und einige andere, die mir gerade nicht einfallen.

Woran scheitern viele Spiele in kommerzieller Hinsicht (Werbung, Inhalt, Regeln)?
Günter: Bei uns: am Vertrieb. Manchmal: An der Grafik, an der falschen Zeit. Generell: Es gibt in den letzten Jahren sehr viele Spiele und den Druck jedes Jahr viele neue Ideen herauszubringen; große Verlage müssen sonst befürchten, Platz im Kaufhausregal zu verlieren. Unter Zeitdruck passieren immer Fehler. Colorado County ist ein hervorragendes Spiel, das IMHO an Grafik und Regel gescheitert ist, auch Morgenland wäre wohl mit einer besser strukturierten Regel wesentlich erfolgreicher. Sicherlich scheitern viele Spiele auch daran, dass sie in der Titelflut nicht ausreichend wahrgenommen werden (also am Marketing).
Wenn mich jemand nach der Meinung zu einem Spiel fragt, dass ich irgendwie originell, gut aber auch nicht interessant genug finde, sage ich oft: Vor 10 Jahren wäre das ein Knaller gewesen.
Volker: Es gibt für alles Beispiele. Die größte Klippe ist aber sicherlich die Außendarstellung des Spieles, dass es in der Presse, von den Spielehändlern und von den Spielern richtig gut wahrgenommen wird. Dazu bedarf es leider fast mehr der äußeren Aspekte, aber der Inhalt muss natürlich auch stimmen. Ein gutes Marketing und gute Pressearbeit sind sehr wichtig. Bei der Spieleflut der letzten Zeit wird dies aber auch immer schwieriger.
Bei uns ist neben dem schlechten Marketing der Vertrieb ein Problem.

Was fehlt den Spielen, die Du nicht magst, am meisten?
Günter: Entweder das Spielerische, die gewisse Lockerheit oder aber die Spieltiefe. Beides zu verbinden ist ja das eigentlich schwierige am Spiele Erfinden. Klaus Teuber beherrscht diese Kunst meiner Meinung nach am besten (Drunter&Drüber, Adel verpflichtet, Siedler).
Volker: Schwer zu sagen. Etwas, das für ständige Spannung sorgt, ohne ein Würfel zu sein.

Den Erfolg welchen Spieles kannst Du am wenigsten nachvollziehen (aus
Autorensicht)?

Günter: Magic The Gathering – wenn mir ein 16-Jähriger glaubhaft erzählt, das die 300 DM, die er für die Karten ausgegeben hat, in seiner Klasse relativ wenig sind;
Pokemon, Pog – der ganze Sammelkram.
Einzelne Entscheidungen der Jury (und den damit verbundenen Erfolg) halte ich von der Spielidee her nicht für gerechtfertigt: Um Reifenbreite, Mississippi Queen, aber das ist zu einem gut Teil Geschmacksache.
Volker: Abgesehen davon, dass ich nicht weiß wie sich hier die Sicht eines Autoren von der eines Nicht-Autoren unterscheidet, ist das für mich wohl der überragende Erfolg von Die Siedler von Catan. Es ist natürlich ein sehr gutes Spiel, aber doch nicht so wesentlich besser wie viele andere gute Spiele, d. h., ich kann den Erfolg nachvollziehen, aber nicht seine Ausmaße. Spiele bei denen ich den Erfolg an sich nur schwer nachvollziehen kann sind Uno (Mau Mau mit anderen Karten, d. h., es wird eigentlich gar kein Spiel verkauft, sondern nur andere Karten), Wer wird Millionär (was ist an diesem Ding so toll?) und Sammelkartenspiele, die sich an Erwachsene richten (dass man Kinder abzocken kann, sehe ich ein, aber dass es mit Erwachsenen genauso leicht geht, verstehe ich nicht).

Was ist Dein nächstes Ziel als Spieleautor?
Günter: Mein nächstes Spiel fertig zu stellen und bei einem Verlag unterzubringen oder selbst zu veröffentlichen.
Volker: Bambus auf eine gesunde Basis zu stellen (Vertrieb und Marketing verbessern) und mich endlich wieder mehr ums Spiele Erfinden kümmern, so dass ich vielleicht auch mal ein Spiel bei einem anderen Verlag unterbringe.

Gibt es eine Idee, die Du noch unbedingt umsetzen möchtest (als Spiel!)?
Günter: Ich habe ein paar Ideen in der Schublade, aber unbedingt – nein. D. h., eine Sache ist da doch, aber das verrate ich (noch) nicht.
Volker: Massenhaft. Was ich eigentlich schon immer mal machen wollte, ist ein richtig gutes Detektivspiel, aber ich habe (noch) keine Ahnung, wie das funktionieren soll.

Wie lange benötigst Du für die Entwicklung eines Spieles?
Günter: Das ist sehr unterschiedlich:
FleetBoard hat (unter Zeitdruck) 3-4 Monate gedauert (ohne Produktion und kleinere später durchgeführte Änderungen), Flaschenteufel 4 Monate, Nanuuk! 1-2 Jahre (aber das heißt nicht ununterbrochen); Schlangennest einige Wochen, aber nach einigen Jahren hat es dann noch gravierende Änderungen gegeben.
Volker: Bei So ein Zirkus waren es nur ein paar Wochen, normalerweise dauert es ein paar Monate, bei einem Spiel waren es 16 Jahre. Ich arbeite aber nicht immer nur an einem Spiel, sondern oft an mehreren parallel und manchmal brauche ich eben zwischendurch Phasen, wo das Ganze einfach ruhen muss.

Hinweis:
Ein Artikel zum Bambus Spieleverlag ergänzt dieses Interview.

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