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Das Schwarze Auge: In Würfelorgien durch Aventurien

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Junge Erinnerungen an alte Spiele

DSA – das stand 1984 für eines der ersten kommerziellen deutschen Rollenspiele (nach Midgard): Das schwarze Auge. Es war das erste und einzige Rollenspiel, das ich je gespielt habe. Leider. (Heroquest zähle ich jetzt mal nicht mit …). Es gab einfach zu wenige Mitstreiter, die sich in meinem Umfeld für diese Art von Spiel begeistern konnten. Dabei hatte selbst dieser in vielerlei Hinsicht unvollkommene Vorreiter des Rollenspiels seinen Reiz. Schon das Regelheft von Das Schwarze Auge verströmte beim Lesen Atmosphäre, beamte einen förmlich in die Welt Aventuriens, vermochte zu begeistern und weckte Neugier.

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Wir spielten einige Gruppenabenteuer und ließen unserer Phantasie freien Lauf, was meine bisherigen Erfahrungen als reiner Brettspieler auf den Kopf stellte. Regeln waren nur die Grenzen, die sonst der Spieltisch bzw. das Spielbrett zog. Ich erinnere mich an ein Abenteuer, bei dem wir in einen Tempel eindrangen und prompt erst mal in einer Falle landeten, aus der es scheinbar kein Entrinnen mehr gab. Erst als einer der Spieler mehr oder weniger verzweifelt fragte, wo denn die Ratten hingelaufen seien, die anfangs mit uns in der Zelle saßen, half uns der Spielmeister weiter. Wir waren richtiggehend erleichtert.

An einer Stelle gelang es uns, einige Tempelwächter auszuschalten, und wir kamen auf die Idee, uns deren Kleidung zu bemächtigen. Das verschaffte uns Zutritt zum Innern des Tempels. Stets war die Überraschung unser Vorteil, wenn wir wieder verdutzte Gegner überwältigten. Unserer damaliger Spielmeister tat mir fast ein bisschen leid, denn unsere Argumente waren schlagkräftig, und so musste er das Spiel mitspielen, solange er es einigermaßen realistisch leiten wollte. Ich bin mir heute noch sicher, dass es keinem Autor je in den Sinn gekommen wäre, dass ein Abenteuer so in Troja-Manier durchfochten würde. Zumindest eine Zeitlang. Aber genau das war das Begeisternde an DSA.

Nur die Würfelorgien bei Das Schwarze Auge, wenn wieder Orks oder sonstige unleidige Gesellen den Weg versperrten, waren lästig. Gerade, wenn man noch nicht die Erfahrung und damit die Stärke oder das Geschick erlangt hatte, um ordentlich hinzulangen, unterbrachen die teils langen Würfelduelle immer wieder den Spielfluss. Zudem verlor man den Kampf oft genug unglücklich, was den schmerzlichen Verlust des bis dahin hochgezüchteten Helden bedeutete. Das war wohl auch der Hauptkritikpunkt an dem Spiel, das zuletzt 2008 mit einem neuen Regelwerk aufgelegt wurde, in seinem Genre aber auch dutzende Nachfolger fand.

Auch Soloabenteuer zu Das Schwarze Auge habe ich gespielt. Aber das Fehlen von Mitspielern war wie Knochen ohne Fleisch, denn die Individualität und Spontaneität, die ein Spielmeister mitbrachte, kamen nicht zur Geltung. Von den hanebüchenen Ideen der mitstreitenden Helden (s. o.) ganz abgesehen.

Ich erinnere mich auch daran, dass ich mal in einem Fantasy-Laden zwei Spieler von einem Spiel erzählen hörte. Sie unterhielten sich so lebhaft und begeistert von einem Abenteuer, dass man den Eindruck gewinnen konnte, sie kämen gerade eben aus dem Land, in dem Sie das Abendteuer persönlich erlebt hatten. Beneidenswert verrückt.

Ich glaube, ich würde mich auch wieder mal an einen Rollenspieltisch setzen und mich von meiner Phantasie entführen lassen. Mich gruselt‘s heute nur ein bisschen vor den Mitspielern.

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3 Kommentare

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Frank Riemenschneider 24. September 2013 at 12:07

Auch ich habe mich damals mit DSA eingedeckt. Nur war mein erstes Abenteuer als Gamemaster/Spielleiter auch mein letztes Abenteuer (bis auf ein Solospiel) überhaupt.  Meine Mitspieler waren mit dem System einfach überfordert. Beziehungsweise, sie hatten nicht einen Funken Fantasie. Beispiel: Ein finsterer Ork stürmt auf euch zu… Er rennt…Er ist fast da… Er ist ziemlich Böse… Daraufhin unter Gelächter  der Mitspieler: Na und! 

Ich habe irgendwann abgebrochen. War die falsche Runde. Die Kartons (Starterbox und Havena) kamen danach ins Regal und verstauben seit dem.

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Jörg Deutesfeld 4. April 2014 at 11:03

Hört sich fast nach einer klassischen Schilderung an, wie sie vielen Einsteigern im Rollenspiel passiert. Ein Enthusiast möchte etwas neues ausprobieren und eigentlich hat keiner richtig den Plan, was es mit einem solchen Spiel auf sich hat. Glücklicherweise sind die Ausführungen zum Thema „Was ist ein Rollenspiel (und wie setze ich es um)“ in den letzten Jahren wesentlich besser geworden.

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Michael Weber 4. April 2014 at 13:11

Ich empfehle dann gern immer unsere Einführung in das Rollenspiel und unseren Artikel zur Wahl des richtigen Rollenspiels. Da kommen viele Unbedarfte schon ein Stück weiter. Und ja, ich geb es zu. Auch ich habe früher D&D und DSA gespielt …

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