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Unbekannte Dunkelziffer

Uralte, aber hervorragend erhaltene Spiele... wurden die jemals gespielt? Foto von Hendrik Breuer

Wie viel wird eigentlich wirklich gespielt?

blankIm letzten Sommer habe ich zehn ältere Reiner-Knizia-Spiele auf Ebay ersteigert, allesamt bekannte und viel gelobte Klassiker, nichts Obskures. Zwei der Spiele (die alte Ravensburger-Ausgabe von High Society sowie Tadsch Mahal von Alea) waren noch eingeschweißt, vier der Spiele wirkten wie ungespielt (unter anderem Keltis, das Spiel des Jahres 2008, Medici in der flachen Amigo-Schachtel und das geniale Modern Art in einer abgefahrenen 90er-Jahre-Aufmachung), drei hatten leichte Gebrauchsspuren und nur eines der Spiele sah tatsächlich so aus, als sei es mehrfach auf einem Spieletisch gelandet.

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Benutzte und unbenutzte Spiele

Lustigerweise stammte das „benutzte“ Spiel aus dem Fundus einer Szenegröße, die anderen neun Spiele wurden von Leuten versteigert, die allem Anschein nach keine Sammler waren und nur ein, zwei Spiele loswerden wollten. 60 Prozent der irgendwann einmal irgendwo gekauften Spiele sind also nie gespielt worden.

Dass dies keine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis ist, weiß ich, trotzdem deckt es sich mit meiner Erfahrung: Verschenkte oder unbedacht gekaufte Spiele werden eher selten gespielt. Fragt doch mal bei Normalos nach, die ihr in der Vergangenheit mit Spielen versorgt habt, ob sie diese auch ohne euch gespielt haben. Oder geht zu Freunden, die nur ein paar Spiele im Schrank haben, und fragt, welche davon schon mal ausprobiert worden sind.

200 Millionen Euro für die Katz?

Freunde, Verwandte, Arbeitskollegen, andere Eltern aus dem Kindergarten, ich habe sie alle gefragt und meistens heißt es: „Haben wir leider noch nie gespielt.“ Ob Spiel des Jahres, hoch gelobte Kinderspiele oder sonstige „passende“ Geheimtipps, die ich so auf Lager hatte, meist ist das Verschenken von Spielen vergebliche Liebesmühe. Ich hab’s mittlerweile (fast) aufgegeben.

Vermutlich verstaubt die Hälfte aller Spiele in irgendwelchen Schränken, bis sie ein Spezi für 2,55 Euro plus Porto und Verpackung erwirbt. Und selbst so ein Spezi spielt dann nur fünf der zehn Knizia-Spiele.

50 Prozent. Ich denke, dass dies die unbekannte Dunkelziffer für nie gespielte Spiele ist. Schade um die schönen Spiele und gut für die Spieleverlage, die im Jahr 200 Millionen Euro (!) Umsatz machen mit Produkten, die keiner braucht.

Kann man aber wohl nicht ändern, oder? Was denkt ihr?

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11 Kommentare

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Björn Edler (Spielfest-Berlin) 18. Januar 2016 at 12:24

Diese Erfahrung findet man auch bei Büchern.

Mein Tip: Denkt mehr an die Interessen und Möglichkeiten der Personen die ihr beschenkt und weniger an das was euch Spaß macht.

Wenn ihr Spiele verschenkt, dann nur solche die Ihr auch erklären könnt, oder für die ihr gleich auch noch die Videoerklärung mitschenkt. Am besten ihr fühlt euch in die zu Beschenkenden ein und vereinbart das gemeinsame Spielen. Oder verschenkt Spielegutscheine.

Alle Menschen sind faul, fast alle. Es gibt aber auch wenige besondere Menschen die es lieben Regeln zu lesen und zu erklären. Diese bringt mit Denen zusammen Denen die Kraft oder Lust fehlt.

Ladet Menschen ein mit in die Spieleclubs zu kommen. Und wenn Ihr dort seht, ein Spiel kommt gut an, dann wissen Sie was Sie für den Gutschein einlösen können.

Ich erlebe in meinen Spieltreffen immer wieder das Spiele lieblos erklärt werden. Dan heist es; Du brauchst grüne Steine um dort dieses und rosa Steine um da jenes machen zu können.

Es wird oft föllig vergessen Athmosphäre auf zu bauen. Schnell erklären, um dann Pöppel übers Brett zu schieben.

Viele Menschen verstehen aber nicht warum Sie rosa Holzklötzchen gegen eine Pappmarke tauschen sollen. Holz ist doch wertvoller als Pappe.  Leider verstehen Menschen oft auch nicht, das unerfahrene Spieler erstmal Spielkonzepte lernen und begreifen müssen.

Was sind Siegpunkte? Mehrere Spielsteine? Mehrere Funktionen auf Spielkarten und dem Spielplan?

Und das es sehr wichtig ist auf die Komplezitätsangaben zu achten. Viele Neue kommen nicht wieder weil, sie den Eindruck bekommen zu blöd zum Spielen zu sein, und das nur weil Vielspieler rücksichtslos Sie in Ihr Lieblingsspiel gelockt haben.

Die Spiele von Heute sind oftmals tiefdurchdachte ineinander greifende Systeme. Weit entfernt vom Todwürfeln beim Risiko. Ich erwische oft erfahrene Spieleerklärer dabei, wie sie nur den Mechanismus erklären. Es sollte eine Zertifizierung /Ausbidung geben die das ändert.

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Hendrik Breuer 18. Januar 2016 at 14:08

Und was, wenn man das alles schon bedenkt? Ich habe eher das Gefühl, dass viele Normalos einfach nicht von sich aus spielen, wenn kein Erklärer dabei ist.

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PLayminator 18. Januar 2016 at 14:48

Bei uns in der wöchentlichen Spielerunde ist das auch so. Einer kauft bei Ebay günstig ein Paar Spiele. Dann wird eins gespielt und der nächste von uns schlepp 3,4 Neuheiten an. Kaum ist davon wieder eins gespielt, hat wieder einer 5 alte ersteigert… Am Ende versauern sogar neue Spiele im Regal. Und wenn sie dran wären, kommt schon wieder der nächste Schwung. Ein Teufelskreislauf… Gut, dass die alten wenigsten so billig sind. Macht eine schöne Sammlung…

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Michael Weber 18. Januar 2016 at 18:13

Interessantes Thema. Als Rezensenten sind wir ja eh etwas außen vor. Dafür sind es zu viele Neuheiten, die jeder antestet oder richtig durchleuchtet. Klassiker oder ältere Spiele fasse ich dadurch seltener an. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es meinem aktiveren Testpersonal ähnlich geht. Daher finde ich die Frage richtig spannend. Ich befürchte nämlich, dass die These nicht soooo falsch ist. Als ich vor einigen Jahren noch bei ebay gekauft habe, waren da auch überraschend viele originalverpackte Spiele bei. Meine Dunkezifferschätzung in Kombination mit einer Nur-einmal-gespielt-Zahl könnte Hendriks Vermutung noch übertreffen 😉

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Bernhard Zaugg 18. Januar 2016 at 21:21

Das Problem ist halt wirklich, dass vielen Leuten die Zeit oder Bereitschaft oder was auch immer fehlt, sich hinter die Anleitung zu klemmen, um das Spiel und dessen Mechanik zu verstehen. Und selbst wenn jemand, der das Spiel schon kennt, die Regeln erläutert, verstehen viele nur Bahnhof. Aber das scheint ein allgemeines Phänomen zu sein in unserer kurzlebig gewordenen Zeit.

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Sandra 19. Januar 2016 at 09:59

Wenn man sich genug Zeit lässt sich ein Spiel zu kaufen, seine Wahl nochmal ein paar Tage überdenkt und auch die Mitspieler in seine Überlegungen Berücksichtigt gibt es wohl die wenigstens Fehlkäufe.Super wäre es wenn man die Spiele vorher ausprobiert kann. Wenn ich eine Hose kaufe muss ich Zeit investieren und sie anprobieren . Also …warum nicht auch bei Spielen ?

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Tina 19. Januar 2016 at 10:54

Und dann lächeln mich meine Spiele wieder so frivol an. "Na, wollen wir mal wieder…?". Und wieder vertröste ich sie: "Das führt zu nichts. Die bessere Hälfte hat keine Lust. Und sowieso… Die Kinder hüpfen gerade hier rum… Aber irgendwann, meine Freunde, irgendwann werden wir Spaß miteinander haben!"

Manchmal muss etwas nicht unbedingt passen sondern einfach nur gefallen, um Freude daran zu haben. Kommt halt darauf an, ob man das Spiel als Kunsterzeugnis oder nur als Ware verstehen möchte. Getreu dem Motto: Ist das Kunst oder kann das weg?
 
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Daniel Wünsche 20. Januar 2016 at 15:06

Ich danke, das Spiele kaufen muss man mit der Zeit erst mal lernen. Nicht jedes Spiel, was man persönlich sehr cool findet, welches einen anbrüllt: KAUF MICH! ist auch mit der Frau, den Kindern, den Freunden spielbar. Manche Spiele sind auch schlichtweg nicht vermittelbar. Mehr als einmal, habe ich eine Anleitung mehr als dreimal gelesen, und mich danach gefragt: Wie soll ich das Spiel erklären, ohne, dass mehr Fragen offen bleiben, als ich Antworten geben kann.

Als ich eingestiegen bin ins Brettspielhobby, habe ich vieles gekauft, weil es eben cool wirkte, es neu war, ein für mich völlig neuer Mechanismus wars etc. Man musste auch seine Präferenzen kennenlernen. Irgendwann nach einem Jahr, stellt man fest… mist diese Spiele wurden nicht gespielt, also werden sie verkauft, oder getauscht. Hierfür gibt es ja zum Glück einen großen Markt.

 

Wenn man eine Weile wahllos Spiele kauft, wird es irgendwann weniger. man denkt mehr darüber nach, man bewertet die Regeln vorab, und überlegt sich genau, ob das Spielt zur Gruppe passt.

 

So werden es zumindestens bei mir immer weniger Spiele, die nicht gespielt werden.

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Axel Bungart 21. Januar 2016 at 10:39

Ja, da stimme ich Dir zu. Nur würde ich „nicht vermittelbar“ um „… jedem …“ erweitern. Aber das ist genau der Punkt, auf den ich mit meinem Kommentar (s. u.) eingegangen bin.

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Axel Bungart 21. Januar 2016 at 10:36

Die Ausgangsfrage ist schon interessant. Und ich glaube auch, dass die Dunkelziffer der verkauften aber nicht gespielten Spiele sogar noch höher liegt. Denn nicht nur Gelegenheitsspieler lassen Spiele liegen, sondern auch und gerade Vielspieler.

Nur ist die Motivation eine andere. Warum Geleg.spieler nicht spielen, wurde schon gesagt. Vielspieler aber kaufen sich mehr Spiele, als sie spielen können. Z. T. bewusst, weil sie vielleicht auch Sammler sind und manche Spiele einfach haben wollen. Aber auch, weil sie so viele Spiele haben, dass sie einfach liegen bleiben müssen. Ich selbst habe so viele tolle Spiele, die einfach nicht (mehr) oder nicht oft genug auf den Tisch kommen, weil ich so viele habe – was schade und irgendwie absurd ist. Meine Statsitiken, die ich seit vielen Jahren führe, entlarven das aber immer wieder. Und ich hätte noch viel mehr, wenn ich wüsste, mit wem ich besonders die sehr anspruchsvollen Spiele spielen sollte.

 

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Hendrik Breuer 21. Januar 2016 at 13:31

Statistiken fange ich aus dem Grund lieber gar nicht erst an…

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