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Porträt: Frank Nestel

Frank Nestel von Frank Nestel

Die männliche Hälfte von Doris & Frank im Interview

Frank, wie alt bist Du?
„35 Jahre, ändert sich aber täglich.“

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Deine Berufsausbildung?
„Mathematiker, praktiziere ich aber nicht mehr.“

Wie kommt man dazu, Spiele entwickeln zu wollen?
„Generell: Ich glaube eigentlich, dass sich jedes Kind Spiele ausdenkt, man muss bloß nicht aufhören. Speziell: Man spielt und hat auf einmal Lust auf etwas, dass ‚ungefähr wäre wie …‘ und dann versucht man, so ein Spiel hinzubekommen.“

Wann hast Du damit angefangen?
„S.o. vor 35 Jahren. Im Ernst, die ältesten Prototypen im Haus meiner Mutter sind jetzt ca. 20 Jahre alt. Seitdem gibt immer mal wieder Schübe von Spielen und dazwischen Pausen.“

Welches war Dein erstes Spiel?
„Publiziert? Eselsrennen. Unpubliziert? Die hatten oft keinen Namen, aber eines der ersten größeren war Antike Schlacht: Eine Art Schach mit Würfelkomponente, mit vielen verschiedenen Figuren auf einem Spielplan, der eine Landschaft darstellte. Dauerte gut und gerne 6 Stunden und ging nur zu zweit.“

Welches Dein erfolgreichstes?
„Vermutlich oder Ursuppe. Aber was heißt schon erfolgreich, am meisten Geld oder die größte Ehre?“

Wo setzt Du den Schwerpunkt bei Deiner Arbeit (Thema, Prinzip)?
„Manchmal fangen Spiele mit einem Thema an, manchmal mit einer ‚Mechanik‘ (vermutlich nennt Ihr das Prinzip). Wenn ich lange Arbeite bekomme ich es auch manchmal zur Deckung. Tendenziell bin ich eher der Mechaniker, also eher der gute alte Spielerfinder als der neue Spielautor …“

Wie wichtig ist für Dich die Spielanleitung?
„Grundsätzlich ist ein Spiel im wesentlichen ‚Software‘. Der Inhalt der Anleitung ist das wichtigste an einem Spiel. Übersichtlich sollte Sie auch sein, aber literarische Perfektion habe ich mir abgeschminkt, ist vielleicht auch übertrieben.“

Wie schätzt Du die deutsche Spielelandschaft im internationalen Vergleich ein?
„Hmm, um das Bild eines Körpers zu verwenden, vielleicht das Gehirn? Im Moment scheint deutsches Brettspiel echtes High Tech zu sein, viele Amerikaner z. B. versuchen ja wirklich, German Games zu entwickeln. Andererseits gibt es neben dem Hirn auch noch solche Organe wie das Herz, die das Blut (Geld?) bewegen …“

Glaubst Du, dass der Trend hin zu komplexen Spielen anhält?
„Ich sehe keinen Trend zu komplexen Spielen. Ich finde, die Spiele bleiben eher gleich oder werden vielleicht einfacher. Ich sehe eher einen Fortschritt dahin, immer mehr Regeln in relative enge Zeitspannen zu quetschen. Was heute in ein 1 Stundenspiel gepackt wird, hätte vor 10 Jahren 3 Stunden gedauert. Anderseits befürchte ich, dass es im Moment unmöglich wäre, eine Idee zu publizieren, wenn die Umsetzung viel mehr als 2 Stunden dauern müsste.“

Was ist Dein Lieblingsspiel Deiner Entwicklungen?
„Hmm, welches Spiel ich gerne spiele, hängt davon ab, welche Stimmung ich habe, mit wem ich zusammen bin, ob ich am nächsten Morgen ausschlafen kann. Im Moment bin ich beruflich ziemlich gestresst, da kommt so etwas wie Ursuppe eher zu kurz. Nachdem wir unsere Spiele immer für uns gemacht haben, mag ich eigentlich immer noch alle (das merkt man immer auf den Essener Spielertagen, wenn man alle spielt). Insgesamt hat Igel Ärgern vielleicht die Nase etwas vorne.“

Was ist Dein Lieblingsspiel anderer Autoren?
„Das ist eher noch schwerer als bei den Eigenen. Tichu haben wir Mitte der Neunziger viel gespielt. Aber ich hätte auch so gerne mal wieder den ganzen Tag, um wieder einmal Civilization zu spielen.“

Woran scheitern viele Spiele in kommerzieller Hinsicht (Werbung, Inhalt, Regeln)?
„Regeln machen natürlich einen großen Teil eines Spieles. Aber ich denke, der Schlüssel zum kommerziellen Erfolg ist wohl schon Marketing. Ich befürchte immer noch, dass die allerbesten Spiele unpubliziert oder nur in Kleinstauflagen unterwegs sind. Die Perlen, die fast keiner findet.“

Was fehlt den Spielen, die Du nicht magst, am meisten?
„Raum für das Denken der Spieler, Grübeln, überraschende Einfälle, Bluff und auch Emotionen.“

Den Erfolg welchen Spieles kannst Du am wenigsten nachvollziehen (aus
Autorensicht)?

„Hmm, auf die Gefahr hin, jetzt richtig Haue zu bekommen, Die Siedler von Catan ist sicher ein sehr gutes Spiel, sicher eines der besten. Aber doch nicht so viel besser wie es sich besser verkauft.“

Welches Spiel wurde am besten vermarktet?
„Vielleicht Spiel des Lebens, da Spiel ist ja wirklich sehr schlecht, aber ich kann mich erinnern, dass ich schon als 10-jähriger darauf reingefallen bin und enttäuscht war, und es wird immer noch verkauft. Aber heute gibt es auch viele Computerspiele. Ich verstehe nicht, wie man bei einem Brettspiel für 4 Personen bei einem Kaufpreis von über 50 DM schon mit dem teuren Material argumentieren muss, aber manche Silberscheibe, die doch nur die Anpassung einer uralten Idee an aktuelle Hardware ist, für 99 DM ohne Zweifel über den Tisch geht. Natürlich gibt es auch interessante Computerspiele.“

Welche Themen/Spielkonzepte fehlen derzeit noch?
„Keine Ahnung, es liegt ja in der Natur dieser Frage, dass vielleicht keiner die Antwort weiß. Ich kümmere mich nicht um Trends. Fugger, Welser, Medici war Mitte der 90er ein originelles Thema. Im Moment hat jeder größere Verlag mindestens ein mittelalterliches Handelsspiel.“

Spielst Du lieber Brettspiele, Kartenspiele, Würfelspiele oder Rollenspiele?
„Bei Rollenspielen und Fantasythemen habe ich einen kreativen Blackout, die würde ich von mir aus nicht auf den Tisch bringen.“

Was ist Dein nächstes Ziel als Spieleautor?
„Nachdem ich von der Uni zur Industrie doch feststelle, dass die geistige Selbstausbeutung immer größer wird, wäre ich im Moment besonders erstmal wieder etwas mehr Spieler und Spieleautor.“

Gibt es eine Idee, die Du noch unbedingt umsetzen möchtest (als Spiel!)?
„Unbedingt umsetzen? Na, ja, wir haben immer Probleme mit Spieleabenden mit mehr als 6 Anwesenden. Man kann nicht immer Schraumeln spielen, für Bonanza ist das ein bisschen viel und auch Zoff im Zoo mit 9 Spielern (und doppelten Kartensatz) ist auch nicht jedermanns Sache :-)“

Wie viele Ideen hast Du, die nicht in einem Spiel enden und warum nicht?
„Viele. Zum einen habe ich auch Ideen, die in ganz anderen Dingen enden als Spielen und zum anderen gibt es viele Ideen, die einfach in nichts enden.“

Wie lange benötigst Du für die Entwicklung eines Spieles?
„Wenn man die publizierten Spiele ansieht, war die Entwicklungsdauer zwischen wenigen Wochen und vielen Jahren. Im Laufe der Zeit scheine ich immer langsamer zu werden.“

Wie viel Zeit (pro Woche/Monat) investierst Du in Spieleentwicklungen?
„Keine Ahnung. Wie zählt man das? Wie zählt, noch ‚kurz vor dem Einschlafen noch ein paar Notizen machen‘. Früher kamen mir Ideen beim Radfahren. Also so richtig gezielt mit Entwicklung sind zur Zeit nur wenige Stunden pro Woche.“

Gibt es etwas, was Du außerdem noch verraten möchtest?
„Wahrscheinlich schon, aber es ist jetzt schon spät und ich muss mir ja noch irgendeine Aussage für zukünftige Statements aufheben …“

Webseite von Doris & Frank

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